Jerry Cotton - 0539 - Die Tochter des Spions 3 of 3
kamen seine Arme empor.
Er glotzte mich an. In seinen Augen las ich Verstehen. Das Gesicht war lehmgrau geworden.
Er kam bedächtig heran, überfiel mich aber blitzschnell, fintierte, schlug links und rechts, ging sofort in Doppeldeckung, tänzelte, pendelte, versuchte in den Nahkampf zu kommen. Herold zog jetzt alle Register seines Könnens.
Die schwersten Brocken konnte ich vermeiden. Böse wurde ich, als er es mit üblen Mätzchen versuchte. Er drängte sich mir entgegen, konnte es, weil ich mir nicht die Mühe machte, ihn mit Geraden auf Distanz zu halten. Als er nahe war, schlug er kurze Körperhaken. Natürlich blockte ich sie mit den Armen ab. Darauf hatte er gewartet. Mein Gesicht war frei. Er stieß mit offener Hand zu. Er versuchte, mir den Daumen ins Auge zu treiben. Ich nahm blitzschnell den Kopf zurück. Aber ganz konnte ich diesen gemeinen Trick nicht vermeiden. Ich wurde unter der Braue getroffen. Sofort begann das Auge zu tränen. Herold packte mir die Innenfläche seiner Hand aufs Gesicht. Ich wußte, was kam und spannte die Bauchmuskeln an. Trotzdem war ich verblüfft, mit welcher Wucht seine Faust in meiner Magengrube landete. Ich wich zurück. Aber er war sofort wieder heran. Diesmal versuchte er, mir die Innenseite des Handschuhs von unten nach oben übers Gesicht zu schieben. Dabei bleibt die Verschnürung immer an der Nase hängen, die dann aufgerissen wird, was äußerst schmerzhaft ist. Wieder nahm ich den Kopf zurück. Gerade noch rechtzeitig. Der Handschuh glitt an mir vorbei, ohne mich zu berühren. Sofort ließ sich der Kerl auf mich fallen. Er clinchte, bohrte mir das Kinn auf die Schulter, bearbeitete mit beiden Fäusten meine Nierenpartie und schlug mir — als Spencer uns trennte — mit der offenen Hand ins Genick.
Jetzt hatte ich die Nase voll. Der Bursche war so mies, wie ich erwartet hatte. Ich straffte mich. Jetzt wollte ich aufdrehen. Aber dazu kam es nicht mehr.
Spencers Zeitnehmer schrillte, und der kleine, drahtige Ringrichter schickte uns in unsere Ecken.
Ich lehnte mich gegen den Pfosten und hängte die Arme auf die Seile. Ich war nicht mal außer Puste und trotz der Hitze völlig trocken. Herold schwitzte bereits. Allerdings hatte er auch wesentlich mehr getan als ich.
Ich sah mir das Publikum an. Die meisten Gesichter waren zufrieden. Die Schüler buchten die Runde für Herold. In der zweiten, so dachten sie offenbar, würde er mich k. o. schlagen.
Daß ich mich völlig zurückgehalten hatte, aber das Zeug besaß, um das Blättchen zu wenden, merkten nur die Experten. Gloria hatte nur Augen für ihren Helden. Sie bewunderte ihn.
Der Zeitnehmer schrillte. Ich stieß mich vom Pfosten ab und ging leichtfüßig in die Ringmitte.
Herold begann sofort das Tempo zu bestimmen, ging im Uhrzeigersinn um mich herum, stach mir dann eine Gerade entgegen.
Ich pendelte, riß einen linken Haken empor und landete fast knallend in seinem Gesicht. Unmittelbar darauf rammte meine Rechte gegen seine kurzen Rippen. Fast gleichzeitig schlug ich noch einen linken Haken gegen seinne Körper. Dann ging ich einen Schritt zurück.
Ich hatte ihn nicht k. o. schlagen wollen. Aber in meinen Fäusten war zuviel Dampf gewesen. Herold torkelte auf mich zu. Sein Mund war geöffnet. Und in seinem Blick flackerte Angst. Er war angeschlagen. Aber jetzt bewies er, daß er eine gewisse Klasse hatte. Statt ein Knie zu beugen und Zeit zu nehmen, deckte er mich mit wilden Heumachern ein. Seine Fäuste flogen von allen Seiten auf mich zu. Es saß gewaltige Kraft dahinter. Aber die Schläge waren ungenau. Ich konnte sie leicht mit Schultern und Oberarmen abfangen.
Als der Hagel nachließ, schlug ich auf der Innenbahn eine Dublette. Beide Male landete ich hart und trocken auf dem Körper, und Herold stieß einen Laut aus, als werde ihm die Luft aus den Lungen gepreßt.
Trotzdem — er hatte erstaunliche Reserven. Er war noch lange nicht fertig. Blindwütig und ungenau kämpfend, griff er wieder an. Ich ließ ihn leerlaufen. Ungeschickt stolperte er an mir vorbei. Hätten ihn die Seile nicht aufgehalten, wäre er ins Publikum getorkelt. Aber er brauchte nicht lange, um die Schwäche zu überwinden. Er sammelte sich. In seinem Gesicht stand jetzt Wut. Lauernd umkreiste er mich.
Wir schlugen gleichzeitig zu. Ich kann nicht sagen, ob er oder ich konterte. Wir trafen beide. Seine Faust landete schmerzhaft auf meinem Auge. Im selben Bruchteil der Sekunde hörte ich, wie seine Kinnlade unter meinem rechten
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