Jerry Cotton - 0575 - Die Diamanten-Killer
heißt noch immer so. Eine Zeit lang wurde meine Frau von den Zeitungen die Diamantenlady genannt.«
»Lebt sie nicht hier?«
Laramy schüttelte den Kopf.
»Ich wollte nicht der Mann meiner Frau sein. Ich meine, dass ich nicht von ihrem Geld leben wollte. Dies hier war vor der Hochzeit meine Wohnung, und das ist sie noch. Ich lebe von dem, was mir meine Schreiberei einbringt.«
»Es scheint, als ob Sie recht gut davon leben können.«
»Sicher nicht so gut, wie ich es als Besitzer der Schmuckwarenfabrik Abble könnte, aber ich bin zufrieden.«
»Leben Sie völlig getrennt von Ihrer Frau?«
»Aber nein. Wir lieben uns immer noch und vielleicht gerade deshalb, weil wir nicht allzu eng aufeinander kleben. Wir sehen uns täglich. Manchmal kommt sie hierher, manchmal fahre ich zu ihr. Wie es sich so ergibt.«
»Ich möchte noch einmal auf Ihre Romanidee zurückkommen. Wie kamen Sie auf die Einzelheiten, die Sie in Ihrem Roman geschildert haben?«
»Ganz einfach. Meine Frau zeigte mir einmal die Fabrik, ich sah den Gang mit der Alarmanlage und dem Tresor, sie erzählte mir, dass meistens der Vorrat an Rohdiamanten ungefähr einen Wert von zwei Millionen habe - und da dachte ich mir, das wäre doch für jede Einbrecherbande ein lohnendes Objekt.«
»Wie kommt es, dass die erste Folge dieses Romans gerade heute erschien?«
»Darauf hatte ich keinen Einfluss. Das hat die Redaktion festgelegt.«
»Aber Sie kennen nicht zufällig einen oder mehrere Einbrecher, die mit demselben Gedanken spielten, den Sie in Ihrem Roman ausgeführt haben?«
»Wo denken Sie hin?«
»Hm«, brummte Phil.
Laramy sah uns aufmerksam an. Dann fragte er neugierig: »Was soll das eigentlich? Hat das FBI neuerdings etwas gegen Kriminalromane?«
»Das will ich nicht sagen«, sagte Phil. »Aber während die Zeitung genau beschrieb, wie sich ein Einbruch in der Fabrik Ihrer Gattin vollzog, wurde dieser Einbruch tatsächlich verübt. Die Diamanten fehlen, sie sind aus dem Tresor geraubt worden, Mr. Laramy, und zwar - was uns natürlich stutzig macht - auf eine Art und Weise, die bis in viele Einzelheiten hinein der Schilderung in Ihrem Roman entspricht. Ich möchte sagen, auf eine fatale Weise genau entspricht.«
Phil stand auf. Ich erhob mich ebenfalls. Mir ging ein bestimmtes Problem im Kopf herum. Aber vor Laramy wollte ich es nicht anschneiden. Wir bedankten uns für die Zeit, die er uns gegönnt hatte, und verabschiedeten uns. Laramy sah uns mit einem seltsamen Blick nach.
Draußen brummte Phil: »Der Kerl ist mir zu glatt. Zu ehrlich - jedenfalls tut er so. Zu harmlos - wenn er harmlos ist. Zu entgegenkommend - in aller Herrgottsfrühe. Zu freundlich - nachdem er gewissermaßen auf nüchternem Magen von der Polizei ausgequetscht wurde.«
»Glaubst du, er könnte etwas von diesem Einbruch gewusst haben?«
Phil sah mich groß an.
»Was denn?«, fragte er. »Glaubst du vielleicht, dass es einen solchen Zufall gibt? Heute früh steht die erste Romanfolge in der Zeitung, und heute Nacht haben ein paar Kerle nach dem Rezept dieses Romans den dort beschriebenen Einbruch tatsächlich ausgeführt! Das ist doch kein Zufall, Jerry! Ich vermute, dass Laramy aus Gründen, die wir schon noch herausfinden werden, den ganzen Plan für den Einbruch entwickelt hat.«
»So«, brummte ich, und mich beschäftigte noch immer dasselbe Problem wie vor ein paar Minuten.
»Jawohl«, sagte Phil entschlossen. »Ich werden diesen Laramy hinter Schloss und Riegel bringen! Mitsamt seiner ganzen Einbrecherbande. Vermutlich wollte er seiner Frau eins auswischen. Dass er dabei auch noch ein hübsches Sümmchen beim Verkauf der Rohdiamanten herausschlagen kann, wird ihn wohl nicht stören. Für wie dämlich hält der uns eigentlich?«
Ich sagte nichts dazu. Nach meiner Meinung lag Phil völlig schief. Aber vielleicht lag ich genauso schief mit dem, was mir durch den Kopf ging. Bis ich das nicht genauer wusste, wollte ich es für mich behalten.
***
»Haben Sie das da schon gelesen?«, fragte Phil eine halbe Stunde später den Revierdetective Sam Morlock, einen ungefähr fünfzig Jahre alten hageren Mann mit der ungesunden Gesichtsfarbe des Magenkranken.
Morlock warf einen kurzen Blick auf die Stelle, die ihm Phil in der Zeitung zeigte, runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Dann lesen Sie’s mal«, forderte Phil ihn auf.
Morlock nahm das Blatt. Er brauchte nur ein paar Minuten, bis er die erste Folge des Romans von Jerome S. Laramy überflogen hatte.
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