Jerry Cotton - 0576 - Der Tod im Handgepaeck
hier einen neuen Wagen beschaffen. Der Besitzer würde zwar Krach schlagen, aber die Polizeistationen hier auf dem Land waren nachts so schwach besetzt, daß nicht viel mehr als ein Protokoll herausspringen würde. Vielleicht noch eine Meldung an die Polizeizentrale in der nächsten Stadt, dann ein Funkspruch an die patrouillierenden Wagen — aber Bedrich gedachte sowieso nicht, die Nacht auf den Straßen zu verbringen.
Er steuerte seinen Wagen auf den Parkplatz. Dann stieg er aus und nahm nur den Ampullenkoffer mit, als er auf die Suche nach seinem nächsten Wagen ging-Goofy Swine war die Eisenbahn gründlich leid. So oft wie auf dieser Strecke hatten sie ihn noch nie erwischt, und dabei hätte sich Goofy rühmen können, einer der erfahrensten Tramps entlang der gesamten Ostküste zu sein. Aber heute hatte er irgendwie Pech gehabt und die Güterzüge, die ihn nach New York bringen sollten, dreimal wechseln müssen. Die Kontrolleure schienen ihren scharfen Tag zu haben, oder jemand hatte eine Prämie auf die blinden Passagiere ausgesetzt… Er war einmal aus einem Bremserhäuschen gezerrt worden, einmal unsanft von einem Dach geholt, obwohl er sich flach wie eine Flunder auf die Teerpappe des Güterwagens gedrückt hatte, und zum Schluß hatte ihn ein besonders scharfer Beamter ohne großes Federlesen vom Puffer eines Kühlwaggons gezupft, als der gerade in diesem verlassenen Nest vor einem Ausfahrtsignal halten mußte und dabei ausgerechnet in den Lichtkreis einer Bogenlampe geriet.
Goofy fuhr mit beiden Händen in seine Taschen, aber was er da fand, reichte vielleicht für ein Kaugummi, aber niemals für eine ehrliche Passage nach New York. Und in New York wartete ein Kumpel auf ihn, der einen absolut sicheren Tip für Goofys Altersversorgung — und seine eigene natürlich dazu — in der Tasche hatte. Die Lagerhausgesellschaft, die Nachtwächter für 35 Cent die Stunde suchte, mußte entweder nicht von dieser Welt sein oder angesteckt von einer Wohltätigkeitswelle, die Goofy freudig auszunutzen dachte.
Er trollte sich vom Bahndamm herunter und strich sich über die Beulen, die er bei seinem dreimaligen Umsteigen heute davongetragen hatte. Die am rechten Knie schmerzte besonders. Vor ihm lag der schwach beleuchtete Parkplatz eines Kinos. Er humpelte darauf zu, fest entschlossen, den Rest des Weges im eigenen Wagen zurückzulegen. Der kleine Zaun bot ihm keine Schwierigkeiten. Dann stand er zwischen den geparkten Wagen.
Gar nicht weit von ihm hatte einer sein Auto ziemlich merkwürdig abgestellt, aber das war nichts Besonderes bei diesem so stark besetzten Parkplatz. Der Mann stieg aus und entfernte sich mit einem kleinen Köfferchen in der Hand. Der würde wohl so bald nicht wiederkommen. Vielleicht war es ein Arzt, der zu einem Patienten ging? Goofy wünschte dem Patienten nichts Schlechtes, aber zumindest eine lange Untersuchung und dann vielleicht eine noch längere tröstende Unterhaltung am Krankenbett. Er schlich sich an den verlassenen Wagen heran. Es war ein Kombifahrzeug, gut erhalten, sauber gewaschen. Er gefiel Goofy sofort. Votsichtshalber drückte er auf den Türknöpf, und zu seiner Überraschung ließ sich die Tür öffnen.
Nebenan wurde ein anderer Wagen rückwärts in eine Lücke gesetzt. Goofy verhielt sich regungslos und beobachtete den Fahrer, der sich zu dieser Zeit hier herumtrieb.
Die Lichter wurden gelöscht. Der Mann stieg aus. Er kam mit einem kleinen Köfferchen auf Goofys Wagen zu. Goofy erstarrte. War das nicht der Arzt…?
Immer näher kam er.
Goofy schwang sich mit einer doppelten Rolle über den Rücksitz auf die hintere Plattform des Kombi und rollte sich eng zusammen. Er hatte nicht die mindeste Lust, sein Mißgeschick bei der Eisenbahn hier auf diesem Parkplatz fortzusetzen.
Tatsächlich kam der Mann mit dem Köfferchen auf diesen Wagen zu, öffnete ganz selbstverständlich die Tür und warf sich in die Polster. Dann führte er seine Schlüssel, die er vorher an dem Zündschloß ausprobiert hatte, ein, drehte den Anlasser an und startete sanft. Das Köfferchen hatte er auf den Nebensitz gelegt.
Goofy fühlte sich davongetragen und riskierte ein Auge. Sie bogen auf den Highway ein. Jetzt überquerten sie die Geleise der Bahn, eine Diesellok schrie irgendwo, und dann wurde es dunkel. Nur noch die Scheinwerfer des Wagens schnitten ihre Lichtbahnen aus der Finsternis, die Reifen sangen satt auf dem Asphalt, und ab und zu huschten Bäume am Straßenrand vorüber, denn der
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