Jerry Cotton - 0588 - Sie hatten mich schon eingesargt
schwerfällig hinaus, über den Flur und ins Wohnzimmer, und setzte sich dem Mädchen gegenüber auf einen Stuhl. Der Lange kam mit einem Wassereimer herein. Der Boß deutete nur mit dem Daumen, und der ganze Wasserschwall ergoß sich über Eileen Logan.
Sie prustete und schnob und schüttelte den Kopf. Aber sie wurde wach durch die Prozedur. Das Kleid klebte ihr tropfnaß am Körper. Ihre Hände fuhren ins Haar und versuchten es in Ordnung zu bringen.
»Schluß!« sagte der massige Mann grob. Verwirrt sah Eileen Logan ihn an.
»Was ist — wo haben sie mich hingebracht?« fragte sie ängstlich. Von der hübschen Frisur war nichts mehr übrig, das Make-up schien einfach weggeschwemmt. Trotzdem sah sie immer noch gut aus, und das ist mehr, als man von den meisten Mädchen in einem solchen Zustand behaupten kann.
»Eileen Logan?« fragte der Mann. Sie nickte. Über ihre Wangen rollten Tropfen wie die Perlen einer Glaskette, und man konnte nicht unterscheiden, ob es Wasser war oder Tränen.
»Ihr Bruder hat mir gestern etwas gestohlen.« Die Stimme klang leidenschaftslos, aber etwas kurzatmig. »Ihr Bruder ist ein Taschendieb, und zwar ein miserabler.«
Eileen sah den Mann angstvoll an.
»Er hat dafür gestern abend eine Abreibung bekommen. Ihnen wird es genauso gehen, nur daß Säure einem Mädchen eben mehr schadet als einem Mann. Oder wollen Sie uns sagen, wo er die Pläne hingebracht hat?«
Etwas Lauerndes war in seinen Ton gekommen. Eileen erschauerte. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber der Mann fuhr dazwischen.
»Louis?« sagte er, und der Lange schob sich vor.
»Louis, hol doch einmal den Säureballon herein, damit die Miß sieht, wie ernst es uns ist, ja?«
Der Bursche verschwand und kam kurz darauf wieder und schleppte eine gläserne Korbflasche mit sich, die er schwer atmend absetzte.
»Aufmachen, Boß?«
»Ja. Sie soll sehen, daß keine Schönheitswässerchen drinnen sind.«
Der Verschluß wurde abgehoben, und sogleich quollen bräunlich-rote Dämpfe aus der Korbflasche, die den Raum mit ihrem widerlichen Geruch erfüllten.
»Genug!« Der Mann machte eine gebieterische Handbewegung, die ihm jedoch mißriet, weil er die Hand vor einem plötzlichen Hustenanfall vor den Mund halten mußte.
»Na, Miß Logan? Wo hat Ihr Bruder die Papierchen? Ich bin sehr dafür, daß Sie jetzt reden. Louis hat nicht viel Zeit, und ich mag mich auch nicht länger mit Ihnen aufhalten.«
Eileens Augen hingen an dem Glasballon, in dem die entsetzliche Säure schwappte. In Ihrer Nase hatte sie den strengen Geruch, und sie erschauerte sowohl vor Furcht wie auch unter dem nassen Kleid und der nassen Wäsche, die sie umgab.
»Ich weiß es aber doch nicht«, klagte sie leise. »Jeff hat mir nie etwas davon gesagt, was er tat.«
»Ach?«
»Wirklich. Ich wohne mit meinem Vater und meinem Bruder zusammen, aber ich habe meinen Bruder die letzten Tage gar nicht gesehen.«
»Das soll ich Ihnen glauben? Louis!« Louis schien seine genauen Instruktionen zu haben. Er nahm einen Glasstab, öffnete den Säureballon, tauchte ihn hinein und brachte ihn seinem Boß.
»Für den Anfang genügt sicher ein Tropfen«, sagte der wohlgefällig. Er nahm den Glasstab und brachte ihn über den nackten Arm des Mädchens.
»Na?« fragte er lauernd. Sie warf sieh herum.
»Aber ich weiß doch wirklich…« jammerte sie. Der Säuretropfen fiel auf die Sessellehne. Es stank. Der Stoff verfärbte sich augenblicklich. Der Mann warf den gläsernen Stab wütend in die Ecke, wo er in scharfen Splittern ankam.
»Versuchen wir es anders«, sagte er. »Louis, du gehst solange hinaus. Ich kann keine Zeugen gebrauchen.«
Louis nickte und schloß die Tür gleichmütig hinter sich.
»Ich finde diese Sache leider sehr wichtig für mich«, sagte der Mann. »Ihr Bruder hätte vielleicht besser ein paar Rosen aus dem Central Park gestohlen. Tut mir leid für Sie.«
***
Goddard Avenue 17 war halb so vornehm, wie der Name klang, und genauso schlimm, wie ich gefürchtet hatte. Rechts und links nichts als achtstöckige Backsteinhäuser, denen ein irregeleiteter Architekt vor schätzungsweise hundert Jahren zierliche Vorgärtchen vorgelagert hatte. Dort blühten bei meinem Eintreffen leere Konservendosen um die Wette mit verrottungsbeständigem Plastikmüll. Ein lieblicher Duft nach Müll jeder Art, ranzigem Fett und verdorbenen Hamburgers durchzog die Gegend und ließ mich irgendwo eine Imbißstube vermuten, die der Gesundheitspolizei bisher
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