Jerry Cotton - 2917 - Heisse Ware und kaltes Blei
suchten uns daher zunächst einen freien Tisch, von dem aus wir den größten Teil der Bar überschauen konnten. Das Publikum war bunt gemischt, wodurch Phil und ich nicht weiter auffielen. Statt der gewohnten Anzüge hatten wir uns angesichts der Kälte für Rollkragenpullover und gefütterte Lederjacken entschieden.
»Ist das nicht Nick de Koes?«
Phil sprach leise und deutete nur mit einem Nicken seines Kopfes zu dem Mann am Ende des Tresens. Er war es. Sein Anzug stammte eindeutig nicht aus einem Kaufhaus, und die Weste war sehr auffällig. Es lag eine ganze Weile zurück, dass ich dieses Paisleymuster gesehen hatte.
»Ja, ist er. Der Barkeeper nimmt offenbar Anrufe für ihn entgegen«, antwortete ich.
In der folgenden Stunde winkte der Mann hinter dem Tresen den Belgier noch mehrfach zu sich heran, um de Koes den Hörer eines Telefons zu überreichen.
»Interessant, nicht wahr? Heutzutage besitzt fast jeder Amerikaner ein Mobiltelefon, doch de Koes lässt sich auf dem Festnetzanschluss einer Bar anrufen«, sagte ich.
Ich nippte an meinem Kaffee und schaute zu dem Belgier hinüber, der soeben ein weiteres Gespräch beendet hatte. Als er aber nicht wie zuvor an seinen Tisch zurückkehrte, sondern auf dem Weg zur Tür in einen Mantel mit Pelzkragen schlüpfte, schnappten auch Phil und ich uns unsere Jacken.
»Er winkt ein Taxi heran«, rief Phil.
Wir gingen zügig zum Jaguar, um kein unnötiges Aufsehen zu erregen. Zwei rennende Männer würden bei dem vereisten Gehweg unwillkürlich auffallen. Kaum war ich hinters Lenkrad gerutscht und startete die kräftige Viper-Maschine, bemerkte Phil:
»Das war kein Taxi, Jerry. De Koes ist in einen weißen Mercedes-Geländewagen gestiegen«, sagte er.
Es gelang mir, den Jaguar ohne Zwischenfälle auf die Straße zu lenken und mit vier Wagen zwischen dem Mercedes und uns die Verfolgung aufzunehmen.
»Konntest du das Kennzeichen erkennen?«, fragte ich.
»Nein, das war völlig verdreckt«, erwiderte Phil.
Somit blieb uns nichts weiter übrig, als dem Mercedes zu folgen und zu sehen, wohin er uns führte.
***
Es war bereits der dritte Fehlschlag innerhalb von sechs Wochen.
»Da drängt sich jemand in mein Geschäft«, murmelte Tim Hanlan.
Es passte nicht zu Linda, sich nicht an die Vereinbarungen zu halten. Daher rief Hanlan zunächst auf ihrem Mobiltelefon an, wo sich jedoch immer nur die Mailbox meldete. Kurz entschlossen lenkte er daher seinen Wagen zum südlichen Ende des Central Park und schaute sich unauffällig am Plaza Hotel um.
»Was ist denn passiert?«, fragte er.
Ein Bediensteter des Hotels schaufelte Schnee aus dem Eingangsbereich, als Hanlan ihn auf die Streifenwagen ansprach.
»Sorry, aber darüber darf ich nicht reden«, antwortete der junge Mann.
Tim Hanlan drückte ihm schnell zwanzig Dollar in die Hand und erhielt die gewünschte Auskunft. Als er auf dem Parkplatz nach seinem BMW suchte, konnte er ihn nicht finden. Linda hatte sich den Wagen ausleihen müssen, weil es Probleme mit der Mietwagenfirma gegeben hatte.
»Hoffentlich wird das nicht zu einem Problem«, dachte sich Hanlan.
Für diese Fahrt hatte er sich den Wagen seiner Ehefrau ausgeliehen, doch damit war es nicht getan. Vermutlich musste er seinen Wagen als gestohlen melden, um nicht in Verbindung mit Linda und dem Überfall gebracht zu werden. Auf dem Rückweg zu seinem Büro analysierte er die Ereignisse der zurückliegenden Wochen und kam zu dem unerfreulichen Schluss, dass sich gefährliche Konkurrenz in seine Geschäfte einmischte.
»Das wird euch noch leidtun«, knurrte er.
Über die Freisprecheinrichtung stellte Hanlan eine Verbindung zu Stan Barlow her. Es gab keine Probleme, mit denen der Gangster nicht fertigwerden würde.
»Ich kann dir nicht weiterhelfen, solange diese Typen meine Geschäfte stören«, erklärte er.
Barlow saß auf einer Ladung heißer Ware, die schleunigst an den Mann gebracht werden sollte. Hanlans Hinweis auf die aktuelle Situation motivierte den Gangster ausreichend, um sich der Sache anzunehmen.
»Wir kümmern uns darum. Du bleibst für mich aber weiter am Ball, kapiert?«
Hanlan versprach es und unterbrach die Telefonverbindung.
»Ihr werdet euch noch wünschen, niemals eure gierigen Finger nach meinen Geschäften ausgestreckt zu haben«, sagte er halblaut.
Wer immer seine Helfer abfing und die Ware stahl, würde sehr bald eine unliebsame Bekanntschaft machen. Stan Barlow war ausgesprochen bösartig, und zurzeit stand er zusätzlich
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