Jerry Cotton - 2918 - Der Blackout-Plan
Industrieanlagen und Behörden einfach lahmlegt, und man schaltet damit unter Umständen ein ganzes Land aus, ohne eine einzige Rakete abgefeuert zu haben.«
»Das Schlimme an solchen Angriffen ist, dass sie leider von nahezu jedem ausgeführt werden können, der über die nötigen Kenntnisse verfügt«, sagte Mr High. »Oder man bezahlt jemanden, der diese Kenntnisse hat, das läuft auf dasselbe hinaus.« Unser Chef wandte sich an Steve und Zeery. »Ich möchte, dass sämtliche Informanten, die wir zurzeit in der Hacker-Szene haben, abgeschöpft und die Informationen zusammengetragen und ausgewertet werden.«
»Bis jetzt gibt es da kaum Konkretes, Sir«, bekannte Steve.
»Dann bohren Sie, wenn nötig, etwas tiefer. Nutzen Sie alle zur Verfügung stehenden Quellen. Die Kollegen der CIA weisen uns seit längerem darauf hin, dass verschiedene terroristische Gruppen und Staaten, die den USA nicht wohlgesonnen sind, Cyber-Attacken vorbereiten. Ob diese Hinweise in irgendeinem Zusammenhang mit dem Datamafia Club stehen, ist nicht gesichert. Aber es besteht Anlass genug für uns, dieser Sache nachzugehen.« Mr High machte eine Pause und ließ den Blick von einem zum anderen schweifen. Es herrschte einige Augenblicke vollkommene Stille im Besprechungszimmer. Jedem der Anwesenden war klar, für wie ernst Mr High die Lage hielt.
***
Später fuhren wir zu der angegebenen Adresse im nördlich von New York City gelegenen New Rochelle. Das Haus, in dem wir uns mit Melanie Morton treffen sollten, lag in der Wilson Street. Es handelte sich um ein unscheinbares Holzhaus, wie es sie zuhauf in den Vorstädten gibt.
Es gehörte dem FBI. Normalerweise verwendeten wir es, um zum Beispiel gefährdete Zeugen für eine Weile unterzubringen. Aber hin und wieder diente es auch als Treffpunkt. Momentan war dort niemand untergebracht.
Es standen allerdings zwei Fahrzeuge in der Einfahrt vor der kleinen Garage, die zum Haus gehörte: ein Ford und ein Chevy. Der Ford gehörte Florence McQuay, einer Immobilienmaklerin, die früher als Informantin für uns tätig gewesen war. In diesem Fall unterstützte sie uns dadurch, dass sie Melanie Morton hierhergebracht hatte – vorgeblich, um ihr das Haus zu verkaufen, das im Übrigen auch ganz normal auf der Homepage von Florence McQuays Maklerbüro zum Verkauf angeboten wurde. Eine perfekte Tarnung für ein Treffen wie dieses.
Ich stellte den Wagen an den Straßenrand der breiten Allee.
»Bin mal gespannt, ob diese Melanie Morton uns wirklich etwas zu bieten hat oder ob sich da nur jemand wichtig machen will«, meinte Phil.
»Ich nehme schon an, dass es sich um etwas Ernstes handeln muss«, glaubte ich. »Diese Leute rund um den Datamafia Club oder vergleichbare Netzwerke sind doch extrem misstrauisch gegenüber allem, was nach Staat oder Behörden aussieht. Dazu zählt auch das FBI. Und wenn so jemand sich aus eigener Initiative an uns wendet, steckt sicher was dahinter.«
»Du vergisst, dass diese Melanie kein offizielles Mitglied dieses Datamafia Club ist. Ich hab mir die Dossiers daraufhin noch mal gründlich angesehen.« Bevor er ausstieg, schaltete Phil noch unseren Bordrechner ab. Die Fahrt hatte er bis zum letzten Moment dazu genutzt, sich mit den Daten besser vertraut zu machen, die über unserer Verbundsystem NYSIS bis jetzt zum Themenkomplex Datamafia Club vorlagen.
Wir gingen zur Haustür und klingelten. Florence McQuay öffnete uns.
»Ich habe Sie schon erwartet. Eine andere Interessentin ist gerade im Haus, ich hoffe, das stört Sie nicht.«
»Nicht im Geringsten«, erklärte ich.
Wir zeigten unsere Ausweise erst, nachdem wir eingetreten waren. Schließlich konnte man nicht ausschließen, dass das Haus beobachtet wurde. Die Wände waren so präpariert, dass das Haus im Inneren vollkommen abhörsicher war.
Selbst das stärkste Richtmikrofon konnte nicht aufzeichnen, was innerhalb dieser Wände gesprochen wurde. Auch dieser Umstand machte es zu einem idealen Treffpunkt.
Florence McQuay führte uns in das Wohnzimmer. Es war sparsam und zweckmäßig möbliert.
Eine Frau von Ende zwanzig stand am Fenster. Sie trug das Haar kinnlang. Sie hatte ihren Mantel nicht ausgezogen und die Hände tief in den Taschen vergraben.
»Ich denke, ich lasse Sie allein«, sagte Florence und verließ den Raum.
»Jerry Cotton, FBI. Dies ist mein Kollege Phil Decker«, stellte ich uns vor und zeigte meine ID-Card. Phil folgte meinem Beispiel.
Unser Gegenüber nahm die Ausweise nur mit einem
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