Jerry Cotton - 2918 - Der Blackout-Plan
niemand etwas davon gegen Sie oder Ihren Bruder verwenden.«
»Das würde mich wundern!«
»Wenn es anders wäre, hätten wir in ganz New York keinen einzigen Informanten mehr.«
Sie musterte mich prüfend. Offenbar dachte sie noch darüber nach, wie viel sie uns nun letztlich anvertrauen wollte. »Agent Cotton, die Sache ist einfach zu groß für meinen Bruder und seine Freunde vom Datamafia Club . Die sind mit Leuten in Kontakt geraten, die offenbar skrupellose Terroristen oder Kriminelle sind. Die werden vor nichts zurückschrecken.«
»Ihr Bruder hat den Auftrag abgelehnt?«, fragte ich.
»Er sagte: So etwas kann man nicht ablehnen. Er hat sie hingehalten. Zumindest habe ich das so verstanden.«
»Wer sind sie ?«, hakte ich nach.
»Ich habe keine Ahnung. Namen hat er nicht genannt.«
»Hat er sich mit jemand getroffen oder erfolgte die Kontaktaufnahme über das Netz? Gibt es eine Personenbeschreibung oder irgendein Merkmal, das er erwähnt hat?«
»Nein, nichts. Alles, was ich weiß, ist, dass es diesen Plan gibt, einen Crash der Stromversorgung zu verursachen. Mehr weiß ich nicht. Und Chase auch nicht.«
»Wie können Sie da so sicher sein, wo er Sie doch auch in andere Einzelheiten nicht weiter eingeweiht hat?«
»Ich habe ihn danach gefragt, was er glaubt, wer dahintersteckt. Aber er konnte auch nur die üblichen Vermutungen äußern.«
»Und die wären?«
»Islamistische Terroristen, nordkoreanischer oder iranischer Geheimdienst und so weiter. Und genau dieselben Fragen, mit denen Sie mich jetzt löchern, habe ich ihm natürlich auch gestellt: zum Beispiel, auf welche Weise die Kontaktaufnahme erfolgte.«
»Und?«
»Er hat gesagt: Je weniger ich weiß, desto besser für mich.«
»Es wird tatsächlich das Beste sein, wir statten ihm mal einen Besuch ab«, mischte sich Phil ein.
»Dann sollten Sie einen Vorwand finden, der wirklich stichhaltig ist«, erwiderte Melanie Morton. »Sonst ist er nicht nur bei seinen Freunden vom Datamafia Club unten durch, sondern …« Sie stockte und sprach nicht weiter. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. Die Stirn umwölkte sich. Ich hätte einiges darum gegeben, in diesem Augenblick den Gedanken lesen zu können, der sie jetzt gerade beschäftigte.
»Sie denken, dass man Ihren Bruder beobachtet«, vermutete ich.
Melanie Morton nickte. »Ja«, bestätigte sie. »Davon gehe ich aus. Was immer das auch für eine Organisation sein mag, sie muss sehr mächtig sein. Und ich wette, diese Verbrecher hätten sich gar nicht erst an Chase gewandt, wenn sie zuvor nicht genau ausgekundschaftet hätten, mit wem sie es zu tun haben.« Sie holte eine Visitenkarte hervor. Darauf war ihre Büroadresse inklusive Telefonnummern und E-Mail-Adresse gedruckt. Außerdem war handschriftlich noch eine Mobiltelefonnummer vermerkt. »Rufen Sie mich auf dem Handy an, wenn Sie irgendwelche Fragen haben oder sich etwas Neues ergibt«, sagte sie. »Ganz egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit.«
***
»Was hältst du von ihr?«, fragte mich Phil, als wir schon wieder auf dem Rückweg nach New York City waren. Ich hatte nur einmal tief geatmet und war noch gar nicht dazu gekommen, ihm zu antworten, als er bereits fortfuhr: »Ich habe es im Gefühl, dass da was faul an der Sache ist. Diese Melanie Morton ist nicht so ahnungslos, wie sie tut!«
»Mag ja sein. Aber den Hinweis gibt sie uns nicht ohne Grund. Und wenn sie die Sache nicht als wirklich sehr ernst einschätzen würde, hätte sie sich nicht an uns gewandt! Ein Stromausfall von der Art, wie ihn Melanie Morton beschrieben hat, ist keine Kleinigkeit.«
»Das habe ich auch nicht gesagt, Jerry.«
»Es geht ja nicht nur um die kurzfristigen Folgen. Wenn es richtig schlimm kommt, dann brennen reihenweise Transformatoren durch, die so schnell gar nicht ersetzt werden können. Innerhalb von Tagen brechen Nahrungsmittelversorgung und Gesundheitsversorgung zusammen. Es kann niemand mehr Geld abheben oder im Supermarkt einkaufen. Die Heizungen fallen aus und es gibt kein Licht – und das vielleicht für Wochen, wenn die Störungen am System wirklich nachhaltig sind.«
»Jerry, das wäre nicht der erste Blackout, den New York überstanden hat.«
»Es geht nicht nur um New York, Phil. Du hast doch gehört, was Melanie Morton gesagt hat! Da ist viel mehr geplant!«
»Da können wir nur hoffen, dass in unserem Informantennetz irgendetwas Brauchbares hängen bleibt, damit wir zumindest ganz grob wissen, in welche Richtung wir ermitteln
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