Jerry Cotton - 2927 - Ueberfahrt ins Grab
schließlich doch mit der Sprache heraus.
»Es gibt schon länger Gerüchte, dass nicht alle Passagiere mit ordentlichen Papieren auf den Fähren unterwegs sind«, erzählte Rita.
Der Chief spürte einen Stich in der Magengegend. Gab es tatsächlich etwas in seinem Zuständigkeitsbereich, von dem er keine Ahnung hatte? Rita wurde sichtlich nervös, als Townsend ihr immer mehr drängende Fragen stellte.
»Was ist denn los, Blake? Es sind doch nur Gerüchte, und du weißt, wie wenig man darauf geben kann«, sagte sie.
Normalerweise hätte der Chief ihr zugestimmt, doch angesichts der neuesten Vorkommnisse meldeten sich Zweifel. Er dankte Rita für die Auskünfte und verließ das Büro. Als er vor dem Holzhaus stand, wanderte sein Blick über die kleinen Ausflugsboote, die ordentlich vertäut im Dock lagen. Der Fähranleger befand sich ein ganzes Stück entfernt und der Zufall wollte es, dass gerade eine Fähre aus Nova Scotia kommend anlegte.
»Dann werde ich den Herrschaften einmal einige unbequeme Fragen stellen«, sagte sich Townsend.
Längst hatte er sein ursprüngliches Vorhaben vergessen und verhielt sich so, wie man es von einem Polizeichef erwarten würde. Mit grimmiger Miene stapfte er durch den plattgefahrenen Schnee auf den Anleger zu.
***
Die Zeit verstrich, ohne dass Phil oder ich uns darum kümmerten. Die Nachforschungen zu Herbert Monroes Leben gestalteten sich schwieriger als gedacht.
»Er ist einige Jahre fast vollständig von der Bildfläche verschwunden. Scheinbar hat er auf Zypern gelebt«, stellte Phil fest.
Wir starrten auf die wenigen Einträge, die wir im System finden konnten. Erst die Antwort von Interpol brachte uns voran. Phil rief einige Fakten zu Zypern auf, damit wir uns ein Bild über die Insel im Mittelmeer machen konnten.
»Es ist im Grunde unverdächtig, wenn ein Steuermann seine Arbeit im Mittelmeer findet«, sagte er.
Tatsächlich wirkte es auf den ersten Blick wenig aufregend. Monroe war eine Weile auf einem kanadischen Frachter gefahren, bevor die Reederei wegen Insolvenz den Steuermann entlassen musste. Zu der Zeit lag sein Schiff im Hafen von Limassol und Monroe fand keine neue Anstellung. Das änderte sich jedoch, als ihn eine kleine Reederei anstellte und er einige Jahre auf einer Linie zwischen Nikosia und Antalya fuhr. Phil rief nacheinander die Daten zu den beiden Städten auf. Es dauerte eine Weile, bis mir eine Besonderheit auffiel.
»Das war eine türkische Reederei, für die Monroe gefahren ist. Könnte er dort vielleicht in Verbindung mit den Grauen Wölfen gekommen sein?«, fragte ich.
Phil nickte anerkennend.
»Guter Gedanke. Besonders im Norden von Zypern, dem von den Türken besetzten Landesteil, ist diese Organisation sehr aktiv«, stimmte er zu.
Wir formulierten eine entsprechende Anfrage an Interpol, die bereits eine Stunde später antwortete. Sie hatte sich offenbar mit Kollegen in Nikosia und Istanbul besprochen, um mehr über mögliche Aktivitäten der Wölfe in Nikosia und Alanya zu erfahren.
»Da gibt es viele aktive Mitglieder der Organisation. Monroe könnte leicht mit einigen davon in Berührung gekommen sein«, sagte ich.
Wir drangen noch tiefer in die Geschichte und Struktur der Grauen Wölfe ein. Dabei erlebten wir jedoch einen Rückschlag.
»Monroe kann niemals aktives Mitglied geworden sein«, sagte Phil.
Diese Erkenntnis musste ich leider akzeptieren. Die Organisation war nicht offen für Angehöriger anderer Nationalitäten. Falls Herbert Monroe mit aktiven Mitgliedern verkehrt hatte, dann nur auf passiver Basis.
»Dennoch könnte er Sympathien für deren Ziele entwickelt haben. Wir hätten damit einen Grund, warum er sich möglicherweise als Schleuser hier oben betätigt«, sagte ich.
»Wir sollten herausfinden, was Monroe dazu zu sagen hat. Ich erkundige mich bei der Fährgesellschaft, ob er noch Dienst hat oder ob wir ihn zu Hause antreffen können«, sagte Phil.
Er musste nur kurz telefonieren, um die Antwort zu erhalten.
»Er müsste zu Hause sein, Jerry. Die Fähre, auf der er als Steuermann arbeitet, hat vor knapp einer Stunde in Bar Harbor angelegt«, erzählte Phil.
Es kostete mich ein wenig Überwindung, das gemütliche Zimmer zu verlassen, um in die eisige Kälte hinauszugehen. Zum Glück wohnte der Steuermann keine zehn Minuten Fußmarsch von unserem Hotel entfernt. Vielleicht tat mir die Bewegung sogar ganz gut, damit die malträtierten Muskeln sich wieder lockern konnten.
»Wir sprechen sofort mit ihm«,
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