Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
nur die Türken auf dem Schlachtfeld, sondern auch mein eigenes Land und dessen Verbündete am Konferenztisch zu besiegen.«
Lawrence setzte Faisal sowohl vom Inhalt des geheimen Sykes-Picot-Abkommens als auch von seinen Plänen, dieses zu unterlaufen, in Kenntnis. Wenn sie verhindern wollten, dass Syrien in französische Hand fiel, mussten sie das Land selbst befreien und dies mit einem spektakulären militärischen Husarenstück einleiten, das den arabischen Anspruch auf Syrien untermauern würde: Lawrence führte Faisals Truppe in einer 500 Kilometer langen Tour de Force durch die mörderische jordanische Wüste, um die Hafenstadt Akaba in seinen Besitz zu bringen. [167]
Falkenhayn übernimmt das Kommando: Jerusalem wird deutsch
Nachdem Djemal Pascha auch mit seinem dritten Ägyptenfeldzug gescheitert war, führten die Briten eine Gegenoffensive auf dem Sinai durch. Im Frühjahr 1917 erlitten sie zwei empfindliche Niederlagen durch eine 16 000 Mann starke, von österreichisch-ungarischen Artillerieeinheiten verstärkte deutsche Armee. Djemal war klar, dass sie einen weiteren Angriff unternehmen würden. Palästina war zu einer Hochburg des Widerstands gegen die osmanische Herrschaft geworden. Djemals Geheimdienst deckte einen probritischen jüdischen Spionagering auf, dessen Mitglieder durch Folter zu Aussagen gebracht werden sollten – man riss ihnen die Nägel aus und spannte ihre Köpfe in Schraubzwingen, bis die Schädelknochen brachen. Anschließend wurden sie hingerichtet. In Jerusalem war Djemals Geheimpolizei unterdessen einem weiteren jüdischen Spion auf den Fersen, dem in Russland geborenen Dichter, Geschäftsmann und Agenten Alter Levine, dem vorgeworfen wurde, einen als Bordell getarnten Spionagering aufgebaut zu haben. Levine klopfte bei seinem Freund Khalil Sakakini an, einem angesehenen Lehrer, der ihm Zuflucht gewährte. Die jüdische Spionagetätigkeit brachte den Schlächter so in Rage, dass er die ausländischen Konsuln im April zu einer geharnischten Ansprache in die Augusta-Viktoria-Festung bat: Er drohte damit, die gesamte jüdische Bevölkerung Jerusalems zu deportieren – und nach den Erfahrungen der armenischen »Deportationen« hätte dies den Tod von Tausenden bedeutet.
Enver gegenüber erklärte Djemal: »Wir werden uns gezwungen sehen, um Jerusalem zu kämpfen.« Sie luden Feldmarschall Erich von Falkenhayn, der als Leiter des Generalstabs die deutschen Truppen in der Schlacht um Verdun befehligt hatte, nach Jerusalem ein und baten ihn um Rat, wie die Briten zu besiegen seien. Enver übertrug Falkenhayn jedoch gegen Djemals erklärten Willen den Oberbefehl über die türkischen Truppen. »Falkenhayns Verdun war verheerend für Deutschland«, warnte Djemal, »und seine Offensive in Palästina wird verheerend für uns sein.«
Im Juni 1917 nahm ein kleinlauter Djemal Pascha Falkenhayn am Jerusalemer Bahnhof in Empfang, und man sah den beiden Männern das Unbehagen an, als sie gemeinsam auf den Stufen des Felsendoms posierten. Falkenhayn schlug sein Hauptquartier im Auguste-Viktoria-Zentrum auf. In den Cafés der Stadt wimmelte es von deutschen Soldaten, die Offiziere hatten das Hotel Fast für sich requiriert. »Wir kamen auf geheiligten Boden«, schrieb der junge Soldat Rudolf Höß, der mit dem Asien-Korps nach Jerusalem gekommen war. [234] »Allbekannte Namen aus den Religionsgeschichten und den Heiligenlegenden tauchten wieder auf. Und wie ganz anders war dies alles, als man es sich einst in der jugendlichen Phantasie nach den Bildern und Beschreibungen vorgestellt hatte.« Österreichische Soldaten marschierten durch die Stadt; die Juden unter ihnen beteten an der Klagemauer. Djemal Pascha kehrte Jerusalem den Rücken und regierte seine Provinzen von Damaskus aus. Der Kaiser hatte endlich das Sagen in der Stadt – aber es war zu spät.
Am 28. Juni traf Edmund Allenby als neuer Kommandant der alliierten Truppen in Kairo ein. Nur eine Woche später nahmen die Haschemiten unter Lawrences Führung Akaba ein. Dieser brauchte nur vier Tage, um per Kamel, per Zug und per Schiff die Strecke bis Kairo zurückzulegen und Allenby Bericht zu erstatten, der, wiewohl ein typischer raubeiniger Kavallerist, augenblicklich fasziniert war von diesem hageren Engländer im Beduinengewand. Er setzte Lawrence und sein haschemitisches Kamel-Korps als äußersten rechten Flügel seiner Armee ein.
In Jerusalem warfen englische Flieger Bomben über dem Ölberg ab. Falkenhayns Adjutant Major Franz
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