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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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autonome Erbmonarchie und ein Ende der Unterdrückung arabischer Rechte durch Djemal zusichern würden. Er schickte seinen dritten Sohn Feisal zu Gesprächen mit Djemal, der diesen jedoch zwang, die Hinrichtung arabischer Nationalisten mitanzusehen.
    Bei seinen Verhandlungen mit den Briten war dem Scherif größerer Erfolg beschieden. Die britischen Orientexperten, die ihren Sitz in Kairo hatten, waren durch die archäologische Spionage des vergangenen Jahrhunderts bestens mit den geographischen Gegebenheiten Palästinas vertraut, und Kitchener selbst hatte das Land, oft in arabischer Verkleidung, fotografiert und kartographiert. Viele dieser Experten kannten sich allerdings besser mit den Vorurteilen aus, die in den Clubs von Kairo kursierten, als mit der Wirklichkeit der Souks von Damaskus: Sie betrachteten die Araber von oben herab und waren misstrauisch gegenüber den Juden, die sie als Drahtzieher jeder feindlichen Verschwörung sahen. Während London mit dem Scherifen verhandelte, verfolgte der britische Vizekönig von Indien ganz andere politische Pläne, indem er den Feind des Scherifen, die Saudis, unterstützte. Für die oft laienhaften britischen Experten wurde die Fiktion aus John Buchans Roman Grünmantel Wirklichkeit: Sie trieben mit den gefährlichen Unterströmungen der arabischen Politik in der gewaltigen Weite des osmanischen Ozeans.
    Glücklicherweise stand McMahon ein Offizier zur Seite, der Syrien wirklich kannte. Der 28-jährige Thomas Edward Lawrence, den die Orientkennerin Gertrude Bell als »außergewöhnlich intelligent« beschrieb, war ein exzentrischer Außenseiter, der aus der doppelbödigen Mitte der besseren britischen Gesellschaft stammte und sich zeit seines Lebens nicht recht entscheiden konnte, welchem seiner zwei unvollkommenen Herren er dienen sollte – dem Empire oder den Arabern. Lawrence war ein uneheliches Kind: Sein Vater war Thomas Chapman, siebenter Baronet of Westmeath, der seine Frau verlassen und mit seiner Geliebten Sarah Lawrence, deren Namen er auch annahm, eine neue Familie gegründet hatte.
    »Als Knabe dachte T. E. stets, er werde einmal Großes leisten, im Handeln wie im Denken, und er beschloss, sowohl das eine als auch das andere zu vollbringen.« Während er in Oxford an seiner Doktorarbeit über die Architektur von Kreuzfahrerburgen schrieb, trainierte er regelmäßig, um seine körperliche Leistungsfähigkeit und Ausdauer zu verbessern. Anschließend reiste er durch Syrien, wo er sein Arabisch vervollkommnete, als Archäologe an hethitischen Grabungsstätten arbeitete und seinen späteren Assistenten Dahoum kennenlernte, der möglicherweise die eine große Leidenschaft seines Lebens war. Sein Sexualleben bleibt, wie so vieles an seiner Person, im Dunkeln, doch er spöttelte gern über »die komischen Vorgänge unserer Reproduktion« und sein Freund Ronald Storrs sagte über ihn: »Er war kein Frauenfeind, obwohl er sicher die Fassung bewahrt hätte, wenn er plötzlich darüber in Kenntnis gesetzt worden wäre, dass er nie wieder eine Frau sehen würde.« Während seines Aufenthaltes im Irak begann er, ein Abenteuerbuch über Jerusalem und sechs weitere arabische Städte zu schreiben, dem er in Anlehnung an einen Spruch Salomos aus dem Alten Testament den Titel Die sieben Säulen der Weisheit geben wollte. Es wurde nie veröffentlicht, aber er verwendete den Titel später für ein anderes Buch.
    »Ein ziemlich kleiner, kräftig gebauter Mann mit sandbraunem Teint, ein typisches von der Wüstensonne gebräuntes englisches Gesicht, erstaunlich blaue Augen«, wie er später von einem Amerikaner beschrieben wurde. Lawrence maß einen Meter fünfundsechzig – Gertrude Bell sprach von ihm als »dem Kobold«. Empfänglich für die kleinsten menschlichen Zwischentöne, war er ein scharfer Beobachter und brillanter Schreiber, schroff und abweisend gegenüber Menschen, die er nicht mochte, litt er unter einem »starken Verlangen, berühmt zu sein« und, wie er einräumte, unter der Angst, es könnte bekannt werden, dass er bekannt sein wollte. Was er tat, tat er aus »egoistischer Neugier«. Dieser Mann, der einerseits einen ausgeprägten Sinn für Ritterlichkeit und Gerechtigkeit hatte, andererseits aber auch geschickt taktieren und intrigieren konnte, war, wenn es um die eigene Person ging, ein eifriger Legendenspinner, der, wie es der Journalist Lowell Thomas beschrieb, »das Zurückweichen ins Scheinwerferlicht perfekt beherrschte«. In seinem Wesen wetteiferten

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