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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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von Papen organisierte die Verteidigung der Stadt und bereitete einen Gegenangriff vor. Doch die Deutschen unterschätzten Allenby und wurden von seiner Offensive, mit der er Jerusalem am 31. Oktober 1917 einnahm, überrascht. [168]
    Lloyd George, Balfour und Weizmann
    Während Allenby seine 75 000 Infanteristen, 17 000 Kavalleristen und ein paar nagelneue Geschützpanzer zusammenzog, arbeitete der britische Außenminister Arthur Balfour zusammen mit einem in Russland geborenen Wissenschaftler namens Chaim Weizmann einen Plan aus. Es ist eine bemerkenswerte Geschichte: Ein russischer Einwanderer, der im britischen Verteidigungsministerium aus und ein ging und hier und da in den Büros der mächtigsten Staatsmänner der Welt vorbeischaute, um mit ihnen schwärmerische Gespräche über das alte Israel und die Bibel zu führen, brachte es fertig, die Unterstützung der britischen Regierung für eine Politik zu gewinnen, die Jerusalem nachhaltiger verändern sollte als irgendeine Entscheidung Saladins oder Konstantins und die den Nahen Osten bis heute entscheidend geformt hat.
    Sie hatten sich zehn Jahre zuvor kennengelernt, und ihre Beziehung war eher außergewöhnlich. Balfour hatte den Spitznamen Niminy Piminy, war aber auch wegen seiner Politik der Härte als Minister für Irland als Bloody Balfour, »Blutiger Balfour« bekannt. Er war seiner Abstammung nach sowohl im schottischen Wohlstandsbürgertum als auch im englischen Adel verwurzelt – seine Mutter war die Schwester des viktorianischen Premierministers Robert Cecil, Marquess of Salisbury. Er hatte seinen Onkel und Disraeli 1878 zum Berliner Kongress begleitet, und als er 1902 Salisburys Nachfolge als Premierminister antrat, prägten Witzbolde den Slogan »Bob ist dein Onkel!« Er war Philosoph, Hobbydichter und leidenschaftlicher Tennisspieler und außerdem ein geckenhafter Romantiker, der nie heiratete, und ein sorgloser Improvisator, dessen Lieblingsspruch lautete: »Nichts ist von großer Bedeutung und nur sehr wenig ist überhaupt von Bedeutung.« David Lloyd George machte einmal die verächtliche Bemerkung über ihn, die Geschichte werde sich an Balfour erinnern »wie an den Duft eines Einstecktuchs«. Hier irrte er sich allerdings: Balfour ist vor allem wegen seiner Beziehung zu Weizmann und wegen der Erklärung, die seinen Namen trägt, in Erinnerung geblieben.
    Die Welten, aus denen die beiden Männer kamen, hätten verschiedener nicht sein können. Weizmann war der Sohn eines Holzhändlers aus einem winzigen jüdischen Dorf in der Nähe von Pinsk, der sich schon als Kind für den Zionismus begeistert hatte. Später hatte er Russland verlassen, um ein naturwissenschaftliches Studium in der Schweiz und in Deutschland zu absolvieren. Als er dreißig war, ging er nach Manchester, wo er an der Universität Chemie unterrichtete.
    Weizmann war zugleich »unkonventionell und aristokratisch, patriarchalisch und sarkastisch, mit dem beißenden und selbstironischen Witz des russischen Intellektuellen«. Er »war ein Aristokrat von Natur, der sich bei Königen und Premierministern zu Hause fühlte« und der sich bei so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Churchill, Lawrence und Präsident Truman Respekt zu verschaffen verstand. Seine Frau Vera, Tochter eines der wenigen jüdischen Offiziere in der Armee des Zaren, empfand die meisten Russen als Proleten, hielt sich am liebsten in der Gesellschaft des englischen Adels auf und sorgte dafür, dass sich ihr »Chaimchik« wie ein edwardianischer Gentleman kleidete. Weizmann, der glühende Zionist, Zarenhasser und Verächter antizionistischer Juden, ähnelte einem »wohlgenährten Lenin« und wurde gelegentlich mit diesem verwechselt. Weizmann, der ein »brillanter Redner« war, sprach ein perfektes, von russischem Akzent gefärbtes Englisch, sein »fast weiblicher Charme [war] gepaart mit einer katzenhaften Schnelligkeit im Angriff, glühendem Enthusiasmus und prophetischer Weitsicht«.
    Der Eton-Absolvent und der Realschüler aus Pinsk begegneten sich 1906 zum ersten Mal. Ihre Unterhaltung war kurz, aber denkwürdig. »Ich erinnere mich, wie Balfour in seiner üblichen Haltung dasaß, die Beine weit von sich gestreckt und mit unbeweglichem Gesicht.« Balfour war derjenige gewesen, der 1903 als Premierminister den Zionisten Uganda als Siedlungsgebiet angeboten hatte, aber inzwischen hatte er kein Regierungsamt mehr inne. Weil Weizmann fürchtete, dass Balfours Ausdruck von Interesse und Verbindlichkeit nur »eine

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