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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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herunter, vertrieben die Betenden von der Klagemauer und prügelten auf jeden Juden ein, dessen sie habhaft werden konnten. Wieder einen Tag später flog der Ball eines jüdischen Jungen beim Fußballspielen in den Garten eines arabischen Hauses, und als er ihn holen wollte, wurde er getötet. Während seiner Beerdigung griffen jüdische Jugendliche das muslimische Viertel an.
    Am 23. August machten sich, vom Mufti angestachelt, nach dem Freitagsgebet Tausende von wütenden Arabern auf den Weg, um Juden zu jagen. Der Mufti und seine Gegner aus der Familie der Nashashibis versuchten wechselweise, die Tobenden noch weiter aufzuwiegeln und sie zu beruhigen. Einige Nashashibis stellten sich der Menge mutig in den Weg – aber es war zwecklos. Der Mob griff das jüdische Viertel, die Montefiore-Siedlung und die Vororte an, wobei 31 Juden getötet wurden. In einem Haus wurden fünf Familienmitglieder brutal ermordet, in Hebron wurden 59 Juden niedergemetzelt. Die 1920 gegründete zionistische Miliz Haganah versuchte die Angreifer aufzuhalten. Da es in der Stadt nur 292 britische Polizisten gab, wurden Soldaten aus Kairo eingeflogen. Insgesamt fielen 131 Juden den arabischen Angriffen zum Opfer, die meisten der 116 Araber, die ums Leben kamen, wurden von britischen Soldaten erschossen.
    Die Unruhen, die bei den Arabern Thawrat al-Buraq, Buraq-Aufstand, hießen, brachten die Briten aus dem Konzept. »Ich kenne niemanden, der in Palästina ein guter Hochkommissar sein könnte, außer Gott«, beklagte sich Chancellor bei seinem Sohn. Die Balfour-Politik begann zu zerbröckeln. Im Oktober 1930 gab der Kolonialminister Lord Passfield (ehemals Sidney Webb, Mitglied der sozialistischen Fabian-Gesellschaft) ein Weißbuch heraus. Darin empfahl er, die jüdischen Einwanderungen zu beschränken und die Unterstützung der zionistischen Siedlungspolitik einzustellen. Die Zionisten waren alarmiert. Die Buraq-Unruhen schürten den Extremismus auf beiden Seiten. Im Licht der gewalttätigen Ausschreitungen und des Passfield-Weißbuchs erschien Weizmanns anglophile Art vielen Zionisten als zu gemäßigt, und sie wandten sich stattdessen Jabotinskys radikalem Nationalismus zu. Auf dem 17. Zionistenkongress übte Jabotinsky offen Kritik an Weizmann, der beim britischen Premierminister Ramsey Macdonald darum warb, das Weißbuch außer Kraft zu setzen. Dieser bestätigte ihm in einem Brief, der im Parlament verlesen wurde, die Gültigkeit der Balfour-Deklaration und nahm die im Weißbuch verhängte Einwanderungsbeschränkung zurück. Die Araber nannten das Schreiben »Schwarzbrief«. Weizmanns Position innerhalb der Zionistischen Vereinigung konnte es allerdings nicht mehr retten, er wurde aus dem Amt des Vorsitzenden abgewählt. Zutiefst gekränkt zog er sich vorübergehend ins Privatleben zurück.
    Die Haganah sah ihre Hauptaufgabe immer noch im Schutz der ländlichen Siedlungen, fing jedoch gleichzeitig an, sich zu bewaffnen. Einige militante Nationalisten, denen das nicht genug war, gründeten, von Jabotinsky befeuert, den Irgun Zwai Leumi, die Militärische Nationale Organisation, die allerdings vorerst recht unbedeutend blieb. Jabotinsky wurde seiner aufrührerischen Reden wegen aus Palästina ausgewiesen, fand aber bei der jüdischen Jugend in Palästina und Osteuropa immer größeren Anklang. Es war allerdings nicht Jabotinsky, der als Weizmanns Nachfolger gewählt wurde. Als neuer starker Mann bei den Zionisten trat David Ben-Gurion hervor, der nun zum wichtigsten Gegenspieler des Muftis wurde.
    Im Dezember 1931 präsentierte sich der Mufti auf der von ihm einberufenen Islamischen Weltkonferenz als unangefochtener allarabischer Führer: Es war seine Sternstunde, und sie stieg ihm zu Kopf. Während seine Widersacher aus den Familien der Nashashibis, der Dajanis und der Khalidis eine Politik der Versöhnung zwischen Arabern und Juden als das Beste für beide Seiten betrachteten, lehnte er jegliche zionistische Besiedelung vehement ab. Er duldete keine Opposition und bezeichnete diejenigen, die anderer Meinung waren als er, als Zionistenfreunde und Verräter. Noch dazu fließe, so behauptete er, jüdisches Blut in den Adern der Nashashibis. Nashashibi versuchte den Mufti vom Vorsitz des Obersten Muslimischen Rats zu verdrängen, scheiterte aber mit seinen Bemühungen. In der Folge schloss Husseini seine Gegner systematisch aus allen Institutionen, die ihm unterstanden, aus. Die Briten reagierten machtlos und verunsichert und spielten eher

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