Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
und starb nach seiner Verhaftung unter ungeklärten Umständen im Gefängnis. Nasser beharrte darauf: »Al-Quds darf niemals aufgegeben werden.« Aber er erholte sich nie von seiner Niederlage und starb drei Jahre später an einem Herzinfarkt. König Hussein gab später zu, dass die Zeit vom 5. bis 10. Juni 1967 »die schlimmsten Tage meines Lebens« waren. Er hatte die Hälfte seines Territoriums – und Jerusalem – verloren. Im Stillen weinte er um al-Quds: »Ich kann nicht akzeptieren, dass Jerusalem in meiner Zeit verlorengegangen ist.« [186]
Epilog
Jeder hat zwei Städte, seine eigene und Jerusalem.
Teddy Kollek, Interview
Durch eine historische Katastrophe, die Zerstörung Jerusalems durch den römischen Kaiser, wurde ich in einer Stadt in der Diaspora geboren. Aber ich empfand mich immer als Kind Jerusalems.
S.J. Agnon, Nobelpreisrede 1966
Das Jerusalem, das zu lieben ich erzogen wurde, war … das irdische Tor zum Reich Gottes, wo sich jüdische, christliche und muslimische Propheten – visionäre Männer und Verfechter der Menschlichkeit – begegneten, wenn auch nur im Geiste.
Sari Nusseibeh, Es war einmal ein Land
O Jerusalem, duftend von Propheten
Der kürzeste Weg zwischen Himmel und Erde …
Ein schönes Kind mit verbrannten Fingern und niedergeschlagenen Augen …
O Jerusalem, Stadt der Trauer,
Eine Träne in deinem Auge …
Wer wird deine blutigen Mauern waschen?
O Jerusalem, meine Geliebte,
Morgen werden die Zitronenbäume blühen; die Olivenbäume frohlocken; deine Augen werden tanzen; und Tauben wieder auf deine heiligen Türme fliegen.
Nizar Qabbani, Jerusalem
Das jüdische Volk hat vor 3000 Jahren in Jerusalem gebaut und das jüdische Volk baut heute in Jerusalem. Jerusalem ist keine Siedlung. Es ist unsere Hauptstadt.
Benjamin Netanyahu, Rede 2010
Wieder einmal das Zentrum internationaler Stürme. Weder Athen noch Rom haben so viele Leidenschaften geweckt. Wenn ein Jude zum ersten Mal Jerusalem besucht, ist es nicht das erste Mal, es ist eine Heimkehr.
Elie Wiesel, Offener Brief an Barack Obama, 2010
Morgen in Jerusalem: Von damals bis heute
Die Eroberung verwandelte, erhöhte und verkomplizierte Jerusalem durch das Aufblitzen einer zugleich messianischen und apokalyptischen, strategischen und nationalistischen Offenbarung. Und diese neue Sicht veränderte Israel, die Palästinenser und den Nahen Osten. Eine in Panik getroffene Entscheidung, eine nie geplante Eroberung, ein am Rande der Katastrophe gestohlener Sieg veränderte diejenigen, die gläubig waren, diejenigen, die nichts glaubten, und diejenigen, die sich danach sehnten, an etwas zu glauben.
Damals war nichts von alledem klar, aber rückblickend veränderte der Besitz Jerusalems nach und nach den in Israel vorherrschenden Geist, der traditionell säkular, sozialistisch und modern war; soweit der Staat überhaupt eine Religion hatte, bestand sie ebenso sehr in der Geschichtswissenschaft der judäischen Archäologie wie im orthodoxen Judentum.
Die Einnahme Jerusalems begeisterte selbst die säkularsten Juden. Die Sehnsucht nach Zion war so tief, so alt, so fest in Liedern, Gebeten und Mythen verwurzelt, der Ausschluss von der Westmauer so lang und schmerzlich und die Aura der Heiligkeit so stark, dass selbst die unreligiösesten Juden auf der ganzen Erde Hochgefühle empfanden, die einem religiösen Erlebnis so nahe kamen, wie es ihnen in der modernen Welt überhaupt möglich war.
Für religiöse Juden, die Erben derer, die über Jahrtausende hinweg von Babylon bis Cordoba und Vilnius die baldige messianische Erlösung erwartet hatten, war dies ein Zeichen, eine Befreiung, eine Erlösung, die Erfüllung der biblischen Prophezeiungen, das Ende des Exils und die Rückkehr zu den Toren und Höfen des Tempels in Davids wiederhergestellter Stadt. Für die vielen Israelis, die einen nationalistischen, militanten Zionismus vertraten, die Erben Jabotinskys, war dieser militärische Sieg auch ein politischer und strategischer – die einmalige, gottgegebene Chance auf ein Großisrael mit sicheren Grenzen. Religiöse und nationalistische Juden waren gleichermaßen überzeugt, dass sie die aufregende Mission, das jüdische Jerusalem wiederaufzubauen und für immer zu halten, energisch anpacken müssten. In den 1970er Jahren wurden diese Bataillone des Messianischen und Maximalistischen ebenso tatkräftig wie die Mehrheit der Israelis, die säkular und liberal eingestellt blieben und deren Lebensmittelpunkt nicht die Heilige Stadt, sondern
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