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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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sein Freund Shimon Peres sich erinnerte, »ein brillanter Kopf und sagte nie etwas Dummes«. General Ariel Sharon war der Ansicht, Dayan »wachte mit hundert Ideen auf. Fünfundneunzig davon waren gefährlich; drei waren schlecht; die beiden übrigen waren brillant«. Sharon erinnerte sich, dass er »die meisten Leute verachtete und keinen Hehl daraus machte«. Seine Kritiker bezeichneten ihn als »Partisanen und Abenteurer«, und Dayan erklärte Peres einmal: »Vergiss eines nicht: Ich bin unzuverlässig.«
    Dayan besaß das Charisma des neuen verwegenen Juden, »nicht weil er sich an Regeln hielt, sondern weil er sie mit Geschick und Charme übertrat«, erklärte Peres. Ein Klassenkamerad beschrieb ihn als »Lügner, Aufschneider, Intriganten und Primadonna, aber trotz allem als Gegenstand tiefster Bewunderung«.
    Er war ein Einzelgänger ohne Freunde, ein unergründlicher Propagandist und unermüdlicher Schürzenjäger, was Ben-Gurion damit entschuldigte, dass Dayan »aus biblischem Holz geschnitzt« war wie König David – und Admiral Nelson: »Daran musst du dich gewöhnen«, erklärte er Dayans Frau Ruth, der es das Herz brach. »Große Männer führen oft ein privates und ein öffentliches Leben auf parallelen Ebenen, die sich nie treffen.«
    Als Eban berichtete, dass die Vereinigten Staaten ein militärisches Vorgehen nicht billigten, aber auch nicht verhindern würden, bewies Dayan seinen kühlen Sinn für Strategie. Er betonte, dass Israel einen Schlag gegen die Ägypter führen, gleichzeitig aber eine Konfrontation mit Jordanien vermeiden müsse. Als sein Jerusalemer Kommandeur Uzi Narkiss einwandte, was denn sei, wenn Jordanien den Skopusberg angreife, erwiderte Dayan trocken: »In dem Fall beißen Sie sich auf die Lippen und halten die Stellung.«
    Nasser glaubte schon, einen unblutigen Sieg errungen zu haben, plante aber weiter seinen Angriff auf der Sinai-Halbinsel. Die Jordanier bereiteten mit einer irakischen Brigade die Operation Tariq vor, um das jüdische Westjerusalem einzukesseln. Noch nie war die arabische Welt so geschlossen; sie verfügte nun über 500 000 Mann, 5000 Panzer und 900 Flugzeuge. »Unser Hauptziel ist die Vernichtung Israels«, sagte Nasser. Und der irakische Präsident Aref erklärte: »Unser Ziel ist, Israel von der Landkarte zu tilgen.« Die israelischen Streitkräfte hatten 275 000 Mann, 1100 Panzer und 200 Flugzeuge.
    Am 5. Juni um 7.10 Uhr setzten israelische Piloten in einem Überraschungsangriff die ägyptische Luftwaffe außer Gefecht. Um 8.15 Uhr gab Dayan seinen Streitkräften den Befehl zum Einmarsch auf den Sinai. In Jerusalem wartete General Narkiss nervös und angespannt, ob die Jordanier den anfälligen Skopusberg einnehmen und die 197 000 Juden in Westjerusalem einkesseln würden; er hoffte allerdings, dass sie nur einen symbolischen Beitrag zum ägyptischen Krieg leisten würden. Kurz nach 8 Uhr ertönten die Luftschutzsirenen. Die Schriftrollen vom Toten Meer wurden sicher verstaut. Reservisten wurden einberufen. Dreimal warnte Israel König Hussein über das US-Außenministerium, die Vereinten Nationen in Jerusalem und das britische Außenministerium: »Israel wird Jordanien nicht, wiederhole: nicht angreifen, wenn Jordanien sich ruhig verhält. Aber wenn Jordanien Kampfhandlungen eröffnet, wird Israel mit aller Macht reagieren.«
    »Majestät, die israelische Offensive in Ägypten hat begonnen«, teilte Husseins Adjutant ihm um 8.50 Uhr mit. Als Hussein im Hauptquartier anrief, erfuhr er, dass Feldmarschall Amer israelische Truppen aufgerieben und erfolgreich einen Gegenangriff gestartet hatte. Um 9 Uhr betrat Hussein das Hauptquartier und stellte fest, dass sein ägyptischer General Riyad Angriffe auf israelische Ziele und die Einnahme des Government House in Jerusalem befohlen hatte. Nasser rief an, um militärische Erfolge Ägyptens und die Vernichtung der israelischen Luftwaffe zu bestätigen.
    Um 9.30 Uhr erklärte der König seinem Volk finster: »Die Stunde der Rache ist gekommen.«
    5 .– 7 . Juni 1967 : Hussein, Dayan und Rabin
    Um 11.15 Uhr begann die jordanische Artillerie, das jüdische Jerusalem mit 6000 Granaten zu beschießen, und traf die Knesset, den Sitz des Ministerpräsidenten, das Hadassah-Krankenhaus und die Dormitio-Kirche auf dem Zionberg. Gemäß Dayans Befehlen antworteten die Israelis lediglich mit leichtem Geschütz. Um 11.30 Uhr ordnete Dayan einen Schlag gegen die jordanische Luftwaffe an. Vom Dach seines Palastes sah Hussein

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