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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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einer emotionalen Bindung an das Judentum und einer Vision vom biblischen Israel. Als er unter der Ägide des amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter mit Sadat verhandelte, bestand Begin darauf: »Jerusalem wird immer die vereinte Hauptstadt Israels sein und dabei bleibt es«; und die Knesset verabschiedete einen entsprechenden israelischen Gesetzespassus. Begin war fest entschlossen, »Jerusalem als permanente Hauptstadt des jüdischen Volkes zu sichern«, und beschleunigte, angespornt von der einschüchternden Energie seines Landwirtschaftsministers Ariel Sharon, den Bau eines »äußeren Siedlungsringes um die arabischen Viertel«, wie Sharon es nannte, um »ein Großjerusalem zu schaffen«.
    Im April 1982 erschoss ein israelischer Reservist namens Alan Goodman bei einem Amoklauf auf dem Tempelberg zwei Araber. Da der Mufti ständig gewarnt hatte, die Juden wollten anstelle der al-Aqsa-Moschee den Tempel wiederaufbauen, fragten sich Araber nun, ob es tatsächlich einen derartigen Geheimplan gebe. Die überwiegende Mehrheit der Israelis und Juden lehnten ein solches Vorhaben strikt ab, und die meisten Ultraorthodoxen sind der Ansicht, dass der Mensch nicht in Gottes Werk eingreifen sollte. Es gibt nur etwa tausend jüdische Fundamentalisten in Gruppierungen wie Temple Mount Faith, die das Recht fordern, auf dem Tempelberg zu beten, oder die Movement for Establishment of the Temple, die behauptet, eine Priesterkaste für den Dritten Tempel auszubilden. Nur winzige Splittergruppen innerhalb der extremsten Fanatikerzellen haben sich verschworen, Moscheen zu zerstören, aber bisher hat die israelische Polizei ihre Pläne immer vereiteln können. Solche Gräueltaten wären eine Katastrophe nicht nur für Muslime, sondern auch für den Staat Israel.
    PLO-Angriffe auf israelische Diplomaten und Zivilisten beantwortete Begin 1982 mit einer Invasion im Libanon, wo Arafat ein eigenes Einflussgebiet aufgebaut hatte. Arafat und seine Truppen wurden aus Beirut verdrängt und gingen nach Tunis. Der Libanonkrieg unter der Führung von Verteidigungsminister Sharon geriet zu einem Sumpf, der 1982 in Massakern christlicher Milizen in den Flüchtlingslagern Sabra und Shatila gipfelte, bei denen 300 bis 700 Palästinenser getötet wurden. Sharon, der indirekt für diese Gräueltaten verantwortlich war, musste zurücktreten, und Begins Karriere endete in Depressionen, Resignation und Isolation.
    Die 1977 geweckten Hoffnungen zerschlugen sich durch die Kompromisslosigkeit beider Seiten, die Anschläge auf Zivilisten und die Ausweitung jüdischer Siedlungen in Jerusalem und im Westjordanland. Als Fundamentalisten 1981 Sadat als Strafe für seinen Jerusalembesuch ermordeten, war dies ein frühes Anzeichen für den Aufstieg einer neuen Macht im Islam. Im Dezember 1987 brach im Gazastreifen eine spontane palästinensische Revolte aus – die Intifada, die Erhebung – und griff auf Jerusalem über. Die israelische Polizei bekämpfte die Demonstranten in heftigen Gefechten auf dem Tempelberg. Statt der mörderischen Flugzeugentführer der PLO prägten nun die Jugendlichen, die uniformierte israelische Soldaten auf den Straßen Jerusalems mit Steinen bewarfen, das Bild von den verfolgten Palästinensern, die sich nicht unterkriegen ließen.
    Die Dynamik der Intifada schuf ein Machtvakuum, das von neuen Führern und Ideen ausgefüllt wurde: Die PLO-Elite hatte den Kontakt zur palästinensischen Basis verloren, und Nassers Panarabismus wurde vom fundamentalistischen Islam abgelöst. Radikale Kräfte gründeten 1987 die Islamistische Widerstandsbewegung, Hamas, als Zweig der Muslimbruderschaft, die sich dem Dschihad zur Vernichtung Israels verschrieben hatte.
    Die Intifada veränderte auch das jüdische Jerusalem grundlegend, wie Kollek einräumte: Sie zerstörte den Traum einer geeinten Stadt. Israelis und Araber arbeiteten nicht länger gemeinsam und gingen nicht mehr durch die Viertel der Gegenseite. Nicht nur zwischen Muslimen und Juden wuchsen die Spannungen, sondern auch innerhalb der Juden: Es kam zu Ausschreitungen Ultraorthodoxer gegen säkulare Juden, die aus Jerusalem wegzuziehen begannen. Auch das alteingesessene christliche Jerusalem schrumpfte schnell: 1995 gab es nur noch 14 100 Christen in der Stadt. Aber die israelischen Nationalisten rückten nicht von ihrem Plan ab, Jerusalem zu judaisieren. Provokativ zog Sharon in eine Wohnung im muslimischen Viertel, und ab 1991 ließen sich religiöse Ultra-Nationalisten im arabischen

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