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Jesses Maria - Hochzeitstag

Jesses Maria - Hochzeitstag

Titel: Jesses Maria - Hochzeitstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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Tag wieder arbeiten muss, und du musst für alle Essen und Trinken auftischen. Wenn da einer nicht satt wird, giltst du im Ort zeitlebens alsGeizkragen.
    Biggi, ihre Eltern hatten die Wirtschaft am Marktplatz, brachte mir aus dem Großhandel zehn Büchsen Erbsenmittag in Gastronomiegröße mit. Eigentlich macht man am Polterabend Hühnersuppe. Manni und ich machten, was wir wollten. Biggi war verschwiegen und hätte nie verraten, dass ich den Leuten Büchsensuppe vorgesetzt habe. Ich hatte noch ein paar Seiten geräucherten Speck reingetan. Es war ein enormes Risiko, aber kein Mensch hat gemerkt, dass die Suppe nicht hausgemacht war. Ich hätte sie sogar ohne Speck hinstellen können, die hatten alle so viel Bier und Schluck intus, da funktionierte kein Geschmacksnerv mehr. Wenn es was umsonst gibt, ist in Ostwestfalen immer volles Haus.
    Beim Kauf der Brautschuhe hab ich auch gemogelt. Notgedrungen. Meine Mutter hatte viele Jahre lang Pfennige für meine Brautschuhe gesammelt. In einer Drei-Liter-Dujardin-Flasche. Als wir eine Woche vor der Hochzeit mit den Kupfermünzen zum Schuhhaus Hilgenstock gingen, gab es arrogantes Gezeter. Die wollten mein „Klimpergeld“ nicht annehmen! Ich hab die Brautschuhe dann mit einem Scheck bezahlt und die Pfennige später in Pfundportionen beim Gottesdienst in den Klingelbeutel gesteckt.
    Eine Münze hab ich allerdings behalten und sie mir vor der Trauung in den Schuh gelegt, das sollte Glück bei den Finanzen bringen. Aber ich hatte ein fieses Hühnerauge unter dem Fuß, nahe am Mittelzeh, und dieser blöde Pfennig rutschte immer genau dorthin, wo es richtig wehtat, sodass ich ihn rausgenommen habe. Pech gehabt, unsere ruinierten Finanzenwaren damit vorprogrammiert.
    Vielleicht steckt in diesen alten Bräuchen ein versteckter Sinn oder ein Körnchen Weisheit? Apropos Körnchen. Als wir aus der Kirche kamen, haben sie uns mit Reiskörnern und Rosenblättern beworfen. Das sollte für Glück, Kindersegen und Reichtum sorgen. Von wegen. Schwein, Reis, Rosen – hat alles nix genutzt. Reich an Erfahrung bin ich geworden, das ist aber auch alles.
    Manni und ich haben bei der Hochzeit wirklich viel mitgemacht: Vor der Kirche haben wir mit einer rostigen Säge einen Baumstamm durchgesägt und danach in ein riesiges Bettlaken mit stumpfer Nagelschere ein Herz geschnitten, durch das Manni mich auf Händen tragen musste. Heute würde er unter mir zusammenbrechen, das steht fest.
    Später habe ich den Brautstrauß hinter mich geworfen: Die ledige Frau, die ihn fängt, soll angeblich als nächste heiraten. Mein Bukett flog in die Hochzeitstorte. Ich glaube, die Junggesellinnen waren alle klüger als ich und sind dezent ausgewichen.
    Meine schönen neuen Brautschuhe wurden versteigert, ich konnte sowieso nicht drin laufen, und die durch den Brautstrauß angedetschte dreistöckige Hochzeitstorte haben wir traditionell gemeinsam angeschnitten. Meine Hand war oben. Man sagt, dass der, dessen Hand beim Torte anschneiden oben ist, auch in der Ehe das Sagen hat. Das kann schon sein.
    Einen Brauch hab ich besonders gehasst: Als wir abends im Bürgerhaus ankamen, standen zwei Stühle in der Eingangstür. Wir mussten auf die Stühle klettern und dann reichte uns jemand einen Nachttopf aus geblümtem Porzellan, dessen Rand mit Senf beschmiert war. In dem Topf schwammen kleine dicke Mettwürstchen in Bier. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich die braungelbe Brühe mit den roten Würsten wieder vor mir. Wir mussten das Bier aus dem Pisspott trinken und mindestens eine Wurst essen, ohne dabei die Hände zu benutzen und dann erst durften wir den Schritt ins neue Leben tun. Ich muss heute noch würgen, wenn ich dran denke.
    Unsere Brautführer hatten das alles organisiert. Von meiner Seite aus war das meine Freundin Conny und von Mannis Seite aus Adelheid, seine Cousine dritten Grades. Die war selber mal scharf auf Manni gewesen und hat es mir sehr übel genommen, dass ich ihn bekommen habe. Deswegen haben die bei der Hochzeit auch nur fiese Sachen mit uns gemacht. Letztlich hat Adelheid ja Glück gehabt, denn ich habe sie vor viel Kummer bewahrt.
    Die Brautführer haben uns mit zehn Pfund trockenen Erbsen, fünf Pfund Konfetti und dreihundert aufgeblasenen Luftballons im Schlafzimmer überrascht. Hatten sie alles heimlich in unsere Wohnung gebracht, als wir nicht zu Hause waren. Meine Mutter hatte ihnen unseren Wohnungsschlüssel gegeben, dafür musste sie sich nachher von Manni als Verräterin

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