Jesus von Nazaret
ihn, um die Regierungen des Auslands darüber zu informieren, dass sie an Hitlers Sturz arbeiteten, einerseits, weil sie sich Hilfe von auÃen erwarteten, andererseits, um prinzipiell zu signalisieren: Nicht alle sind Nazis. Nicht einmal in der obersten Heeresleitung und unter Hitlers höchsten Beamten herrscht bedingungslose Gefolgschaft. AuÃerdem sollte Bonhoeffer die Verschwörer mit Informationen aus dem Ausland, vor allem von ausländischen Freunden, versorgen. Für diese Aufgabe war Bonhoeffer mit seinen internationalen Kontakten und dem Vertrauen, das er sich im Ausland erworben hatte, genau der Richtige. Die internationalen ökumenischen Beziehungen des Pfarrers sollten nun also für den deutschen militärischen Geheimdienst â in Wahrheit natürlich dem Widerstand â genutzt werden. Es war nichts mehr normal in diesem Land und dieser Kirche.
Und so reiste also Bonhoeffer ab dem Frühjahr 1941 mit gefälschten Pässen in die Schweiz, nach Schweden, Norwegen und Italien, später auch wieder nach England zu seinem Freund, dem Bischof George Bell. Ihm erzählte Bonhoeffer von einem bevorstehenden Putsch gegen Hitler, nannte Einzelheiten und die Namen der Beteiligten. Die englische Führung sollte beim Auftauchen dieser Namen im Falle des Staatsstreiches den Putschisten Raum und Zeit geben, um eine neue Regierung zu etablieren.
Alles, was Bonhoeffer Bell berichtete, gab dieser an den britischen AuÃenminister Eden weiter, aber dieser lehnte jede Antwort an die Verschwörer ab. Warum? Glaubte man dem Deutschen nicht? Oder wollte man nichts davon hören, weil man sich sowieso auf der SiegerstraÃe wähnte und man sich mit einem am Boden liegenden Deutschland, das bedingungslos kapitulieren muss, leichter tat als mit einem neuen Deutschland, das mitten im Krieg Friedensverhandlungenanbietet? Die Historiker sind sich bis heute uneinig in dieser Frage. Fest steht nur: Die englische Führung wusste von den Verschwörern, aber diese spielten in der englischen Kriegspolitik keine Rolle.
Bischof Bell verstand das nicht. Im Frühjahr 1943 â in Deutschland wurde gerade auch unter Mitarbeit von Bonhoeffer und Dohnanyi ein Bombenattentat auf Hitler vorbereitet â konnte Bischof Bell im britischen Oberhaus die Frage stellen, ob die englische Regierung gewillt sei, zwischen Nazis und Deutschen zu unterscheiden. Die Antwort fiel unbefriedigend aus. Und die von Fabian von Schlabrendorff in Hitlers Nähe geschmuggelte Bombe explodierte nicht.
Bonhoeffer konspirierte weiter im Ausland, mit Helmuth Graf von Moltke in Norwegen, mit seinem Schwager Dohnanyi in Rom. Zu Hause bereiteten die Verschwörer das nächste Bombenattentat vor, das immer wieder verschoben werden musste, weil Hitlers Reisepläne sich änderten, weil der um Hitler errichtete Schutzzaun immer enger wurde oder auch, weil es schon erste Verhaftungen gab.
Am 5. April 1943 war es bei Dietrich Bonhoeffer so weit. Zwei Männer, der Oberstkriegsgerichtsrat Manfred Roeder und der Gestapo-Kriminalrat Sonderegger, bogen gegen 16 Uhr in einem schwarzen Mercedes um die Ecke, stiegen aus und holten Bonhoeffer ab â nicht, weil sie von den Verschwörern und deren Putschplänen Wind bekommen hätten, sondern wegen einer dummen Geschichte, die einen ganz anderen Hintergrund hatte: kleine Eifersüchteleien und Rivalitäten zwischen Reichssicherheitshauptamt und militärischer Abwehr und die übliche Machtsucht eines Nazi-Schergen, in diesem Fall Himmler. Er wollte die Abwehr des Generals Canaris seinem Machtbereich einverleiben. Dazu war der Nachweis nötig, dass die Abwehr schlecht arbeite. Also überprüfte man dies und das und entdeckte DevisenunregelmäÃigkeiten bei einem Mann, der im Auftrag eines Konsuls Schmidhuber in München zu handeln vorgab. Schmidhuber aber gehörte zu denen, die in Canarisâ Auftrag bestimmte Leute zu unterstützen hatten, zum Beispiel Dietrich Bonhoeffer.
Schmidhuber wurde 1942 verhaftet und natürlich immer wieder vernommen. Irgendwann wird er wohl den Namen Bonhoeffer genannt haben, und damit nahm die Sache ihren Lauf. Bonhoeffer landete im Gefängnis Berlin-Tegel. Dort blieb er und wartete auf seinen Prozess. Noch waren Hitler undseine Getreuen ahnungslos. Das änderte sich am 20. Juli 1944, dem Tag des Bombenattentats auf Hitler durch Graf Stauffenberg â das Hitler überlebte.
Jetzt wurde die
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