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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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Zuwachsrate hat, mit mehr neuen Millionären als ganz Kalifornien. Auf dem Cover sieht man eine Horde Guries lachend Geldscheine in die Luft werfen. Doch so rosig, wie alles scheint, ist es gar nicht: Weiter unten steht, daß sie von dem kalifornischen Tragödienort wegen der Verwendung seiner Statistiken verklagt werden. Typisch Martirio, kann ich da nur sagen.
    Eine Stunde vor meiner Hinrichtung darf ich ein paar private Telefongespräche führen. Als erstes probier ich's zu Hause, dann bei Pam. Keiner geht ran, ich muß sie wohl schon verpaßt haben. Ma hat viel durchgemacht, Pam auch, nehm ich an. Gott segne sie. Wenn sie Anrufbeantworter hätten, könnte ich einfach »Ich liebe dich« sagen oder so was. Sie haben keine, und auf eine Art gibt mir das den Mut, den ich brauche, um ein paar andere Anrufe zu erledigen.
    Zuerst probier ich's bei Lally, ums hinter mich zu bringen. Seine Sekretärin legt fast auf, doch dann sage ich ihr, warum ich anrufe. Lally ist in einer Versammlung in der neuen Martirio Mall. Sie stellt mich zu ihm durch. »Großer!« sagt er zur Begrüßung. Ich gebe ihm, was er will, und verrate ihm, wo das Gewehr versteckt ist. Er scheint die Geste gebührend zu würdigen.
    Als nächstes rufe ich Mrs. Lechuga an. Mann, ist sie überrascht, sie versucht sogar ihre Stimme zu verstellen, damit ich denke, ich hab mich verwählt. »O mein Gott«, sagt sie.
    »Ja?« antworte ich. Sie hat 'ne Menge durchgemacht, gesegnet sei sie. Ich glaube, daß sie letzten Endes froh ist über meinen Anruf. Sie wird sogar ganz entzückt sein über den Wunsch, den ich ihr gewähre, da bin ich mir sicher - ich kenne schließlich ihre Vorliebe für exklusive Informationen und ihre alte Stellung als Präsidentin der Sumpfkuhbrigade. Man könnte sagen, ich hab ihr die Kommandozentrale für die Wunschausschüttung des heutigen Abends übertragen.
    Der nächste Geistesblitz ist der Anruf bei Vaine Gurie, die gerade unterwegs zu Ma und Pam im Barn ist. Ich gebe ihr, wonach sie wirklich verlangt - sogar, was sie wirklich braucht, wenn man sich's genau überlegt. Wie sich herausstellt, ist sie ehrlich gerührt, von mir zu hören; sie verspricht, den Mädchen meine Liebe auszurichten. Ich schätze, letztlich ist es das nämlich doch, Liebe - auf diese groteske, komische Art, die wir Menschen an uns haben.
    Abschließend wähle ich die Nummer von Taylor Figueroa - mein letztes Telefonat in dieser Welt. Sie geht persönlich ran, und ihre Stimme versetzt mich augenblicklich zurück in eine andere Zeit, an einen anderen Ort - einen feuchten, fruchtigen Ort, falls das nicht zu schmuddelig klingt. Und wißt ihr, was: Ich verschaff ihr den Durchbruch, auf den sie gewartet hat. Sie kreischt vor Freude und sagt, daß ich auf mich aufpassen soll. Klingt, als ob sie's wirklich so meint.
    Als ich den Hörer einhänge, erscheinen zwei Wärter mit einem Geistlichen und führen mich in die Maskenbildner-Suite.
    »Keine Sorge, Schätzchen«, sagt eine Lady in der Maske. »Ein klein wenig Rouge wird dich schon aufpeppen.«
    Eine andere Lady flüstert: »Willst du Zahnpasta, oder meinst du, daß du's ganz allein schaffst?« Ich lache spöttisch, als sie das sagt, und sie schaut mich verwirrt an. Dann kapiert sie's so halbwegs und lacht mit. Nicht jeder hat einen Sinn für die Ironie der Dinge, das ist mir klargeworden.
    Als nächstes taucht ein Mädchen mit einem Klemmbrett auf und läßt mich meinen Verzicht auf eine letzte Erklärung unterschreiben. Ich gehe still ab, genau wie Lasalle. Im Gegenzug bitte ich sie um einen besonderen Gefallen. Sie ruft einen Produzenten an und fragt nach, dann sagt sie, daß es okay ist - ich darf mein Hemd ausziehen für das Ereignis. Sie geht vor dem Pfarrer, den Wärtern und mir durch einen hell erleuchteten Gang auf den Hinrichtungsraum zu. Wie bei einem Krankenhausbesuch, wenn man urplötzlich von diesen Gerüchen umgeben ist, schwinden mir die Sinne, und meine Knie werden wacklig; der Pfarrer greift mir gerade stützend an den Arm, als uns durch den Gang das Lied entgegenbrandet.
    »Galveston, oh, Galves-ton - I am so afraid of dying ...«
    Wir kommen am Raum der Sendeleitung vorbei, und dann das: Scheinbar hat die Show eine Lizenz für die Erkennungsmelodie des Wetterberichts - ich hasse diese Melodie. Mit zugehaltenen Ohren gehe ich weiter, bis wir in diesem schlichten weißen Raum ankommen. In einer Wand ist ein breites Fenster, und dahinter sind Sitze wie im Theater.
    »Before I dry the tears she's

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