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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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unten zu ziehen, aus Trauer um Lally, doch ihre Augen geben sie preis. Meine alte Dame liebt es ganz einfach, zu trauern, ich nehm mal an, es ist eins ihrer Bedürfnisse. Verrücktes altes Kätzchen.
    Ich höre Brad im Flur brüllen, deshalb stehle ich mich in die Küche, wo sich auf der Bank Medienpapierkram und ein paar Verträge von meinem Agenten stapeln. Zuoberst liegt ein Fax mit dem Titelbild der nächsten Ausgabe von Time die Schlagzeile lautet: »Stuhlzeugnis!« Auf dem Bild sieht man die vertrockneten Überreste meiner Kacke, eingewickelt in Nuckles Unterrichtsnotizen, in einem wissenschaftlichen Labor liegen. Dahinter steht Abdini und hält stolz den Zettel mit der Nachricht hoch, die Jesus für Nuckles und Goosens, die Liebhaber und Web-Unternehmer, in der Bude hinterlassen hat. »Ihr habt gesackt es ist Liebe ihr Schwaine«, steht da in seiner ollen Babyschrift. Mein Blick senkt sich im Gedenken an Jesus. Doch eine Sache noch: Mit seiner Nachricht hat er Nuckles und Goosens versehentlich ein riesiges Verlangen erfüllt - sie werden jetzt im Gefängnis so viele Jungs haben, wie ihr Herz begehrt. Irgendwie hat man zwar das Gefühl, sie werden ein bißchen mehr einstecken als austeilen, aber was soll's. Wie Nuckles selber sagen würde: In schlechten Zeiten muß man nehmen, was man kriegen kann.
    Ein Stückchen weiter auf der Küchenbank liegt die Zeitung von heute, mit der Schlagzeile »Alles im Kot?«. Das Bild zeigt Leona draußen bei Keeter's, in jeder Hand einen Klumpen Scheiße. Noch weiter unten steht ein Artikel über Taylor. Sie wird durchkommen. Kann sein, daß ihre Höschen nicht mehr ganz so straff sitzen wie früher, aber wer weiß - vielleicht kann sie sich ja eine Silikon-Arschbacke implantieren lassen.
    Dann schiebt mich Mom vor sich her über die Veranda, runter zur Glücksbank, wo der Mann vom Leichenschauhaus im Schatten der Weide steht. »Laß mich deine Hand schütteln, mein Sohn«, sagt er, »dein Daddy wäre mächtig stolz gewesen.«
    »Danke«, sage ich und atme in den klaren blauen Tag hinein.
    »Meine Herren, das war vielleicht eine überraschende Wendung! Was ist dein Geheimnis?«
    »Ich bin auf die Knie gegangen und hab gebetet, Sir.«
    »Ausgezeichnet, mein Sohn«, sagt er und wendet sich Mom zu. »Und Ma'am, ich denke, wir können die frühere Versicherungssache jetzt in die Wege leiten - der Körper ist ganz klar nicht auffindbar.«
    »Ja also, vielen Dank, Tuck«, sagt Mom und fährt mit einer Hand über ihre Glücksbank.
    »Mr. Wilmer!« ruft George von der Veranda. »Sehen Sie doch mal, ob Sie nicht was für diese arme Frau in Nacogdoches tun können ...«
    »Mit größtem Vergnügen, Mrs. Porkorney.«
    Als er sich zum Gehen wendet, schaut Mom mit gerunzelter Stirn auf den Kühlschrankkarton, der eben zur Auffahrt hochgekarrt wird. Sie schaut extradüster, nicht nur, weil sie jetzt zweifache Witwe ist, sondern vor allem, weil Leona ihr beigebracht hat, nicht zu viel Freude über neue Anschaffungen zu zeigen. Man muß so tun, als wären sie egal, das ist es, was sie ihr beigebracht hat. Und wie man beim Lachen den Kopf nach hinten wirft. Damit kann sie vielleicht andere täuschen - mich jedenfalls nicht.
    Ich lehne mich über die Bank und inhaliere Moms klamme Wärme. Dann, als sich die Ladys zu uns gesellen, erscheint drüben auf der anderen Straßenseite Mrs. Lechuga am Fenster.
    Sie winkt flüchtig zu uns rüber, und mir fällt auf, wer heute fehlt, damit das Würfelset meines Lebens vollzählig ist: Palmyra. Aber hey - wann hat man schon mal die Chance, live bei Oprah zu flippern.
    »Vern«, sagt Betty, »Brad will dir unbedingt sein Geburtstagsgeschenk zeigen.«
    Ich bemühe mich, höflich zu nicken, doch mein Blick hängt woanders fest, an einem rosafarbenen Tupfer unter ein paar Weiden. Es ist Ella, die mit ihrem Koffer die Straße runterkommt. Sie trägt einen Wollpullover über einem luftigen Baumwollkleid, das von einer frischen Honigbrise aufgebläht wird. Sie lächelt, als sie sieht, daß ich sie beobachte. Ich hab ihr gesagt, daß ich einen Wagen vorbeischicke, aber sie bestand darauf, ein letztes Mal durch die Stadt zu laufen. Verrücktes Mädchen. Jedenfalls, es ist ja nicht für immer. Mexiko ist nicht so weit.
    »Kurt, sitz!« Die alte Mrs. Porter rammelt mit einem Tisch voller selbstgestickter Stofftiere durch ihre Fliegengittertür und wuchtet ihn über den Rasen. Dann, als ich Ella über die Auffahrt entgegengehe, springt hinter uns Brad von der

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