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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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verstehen zu geben, daß ich mich nicht zu früh freuen soll, und deutet mit dem Knochen zur Tür. Ich folge der Betonlady zum Empfang.
    Scheiße, ich wäre so was von dankbar, wenn's nicht meine alte Dame wäre. Ganz unter uns - manchmal hab ich das Gefühl, daß sie mir bei der Geburt ein Messer in den Rücken gestoßen hat und seitdem ständig in der Wunde rumstochert, damit sie ja nicht zuheilt. Mit jedem blöden Pieps, den sie von sich gibt, bohrt sie ein bißchen darin rum. Und jetzt, wo mein Daddy nicht mehr da ist, um den Schmerz zu teilen, hat sie die Wunde sogar noch weiter aufgerissen. Als ich das Telefon erblicke, sinken meine Schultern nach vorn, und meine Kinnlade klappt runter. O Mann, Scheiße. Ich weiß genau, was sie sagen wird, in ihrem bohrenden Jammerton - ich kann's direkt schon hören: »Vernon, ist alles in Ordnung?« Jede Wette.
    »Vernon, ist alles okay?« Und immer rein in die Wunde.
    »Mir geht's gut, Ma.« Meine Stimme wird ganz zaghaft und dümmlich. Das ist eine unterschwellige Bitte an sie, nichts Peinliches von sich zu geben, aber es wirkt wie 'ne Mose bei 'nem verdammten Köter.
    »Warst du heut schon auf der Toilette?«
    »Verdammt, Mom ...«
    »Du weißt, du hast diese - Unannehmlichkeiten.«
    Sie hat offenbar nicht angerufen, um in meiner Wunde zu bohren, sondern um Säure reinzukippen oder so. Nicht, daß es euch was angeht, aber als Kind war ich etwas unberechenbar, zumindest was »größere Geschäfte« betrifft. Die Details spielen keine Rolle, nur daß mich meine alte Dame die Sache seitdem spüren läßt. Einmal hat sie sogar meiner Lehrerin was davon geschrieben, und dieses Miststück hatte ihr eigenes Folterprojekt mit mir am Laufen und erwähnte es vor der Klasse. Ist das unglaublich oder was? Ich hätte mich genausogut auf der Stelle einsargen lassen können. Bei der ganzen Scheiße, die seit meiner Geburt passiert ist, sieht meine Wunde mittlerweile aus wie ein verdammter Krater.
    »Ich dachte nur - schließlich bist du ja heut früh nicht dazu gekommen«, sagt sie, »und da hab ich mir Sorgen gemacht, daß du - du weißt schon ...«
    »Mir geht's gut, wirklich.« Ich bleibe höflich, für den Fall, daß sie die Salzsäure schon bereithält. Vernon Geisel Little.
    »Was machst du eigentlich gerade?«
    »Deputy Gurie zuhören.«
    »LuDell Gurie? Sag ihr, ich kenne ihre Schwester Reyna von den Weight Watchers.«
    »Es ist nicht LuDell, Ma.«
    »Wenn es Barry ist, du weißt, Pam sieht ihn jeden zweiten Freitag beim ...«
    »Auch nicht Barry. Ich muß jetzt Schluß machen.«
    »Na gut, also, der Wagen ist immer noch nicht in Ordnung, und ich hab ein paar Bleche Joy Cakes für die Lechugas im Ofen, also wird dich Pam abholen kommen. Und Vernon ...«
    »Was?«
    »Sitz gerade im Auto - die ganze Stadt ist voller Kameraleute.«
    Mein Rückgrat wird von heimtückischen Klettbändern eingeschnürt. Im Fernsehen gibt es bekanntlich keine grauen Bereiche, und an dem Tag, an dem sie die ganze Scheiße in Schwarz und Weiß zerlegen, will man lieber nicht in der Nähe sein. Ich meine, mich trifft keine Schuld oder so - überhaupt nicht. Ich bewahre die Ruhe, versteht ihr? Auf dem Boden meines Schmerzes leuchtet Gelassenheit, weil ich weiß, daß am Ende immer die Wahrheit siegt. Warum enden Filme gut? Weil sie das Leben imitieren. Ihr wißt es, ich weiß es, nur meiner alten Dame muß es entgangen sein, aber total.
    Ich schlurfe den Gang entlang zu meinem vorgefleckten Stuhl. »Mister Little, wir fangen noch mal von vorne an -
    und jetzt will ich ein paar Fakten hören, junger Mann. Sheriff Porkomey hat eindeutige Ansichten zu den Ereignissen vom Dienstag - du kannst froh sein, daß du es nur mit mir zu tun hast.« Sie will sich an die Mose greifen und läßt im letzten Moment die Hand zur Pistole wandern.
    »Ma'am, ich war hinter der Turnhalle, ich hab nicht mal gesehen, wie's passiert ist.«
    »Eben hast du gesagt, du warst in der Mathestunde.«
    »Ich hab gesagt, es war während der Mathestunde.«
    Sie guckt mich von der Seite an. »Du hast Mathe hinter der Turnhalle?«
    »Nein.«
    »Also, warum warst du nicht in der Klasse?«
    »Ich sollte etwas für Mr. Nuckles erledigen, und dann wurde ich, also, aufgehalten.«
    »Mr. Nuckles?«
    »Unser Physiklehrer.«
    »Er unterrichtet Mathe?«
    »Nein.«
    »Ch-chrrr. Mr. Little, dieser Bereich sieht aber ziemlich grau aus. Verdammt grau.«
    Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr ich mir wünsche, Jean-Claude Van Damme zu sein. Ihr die

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