Jetzt aber Ballett (German Edition)
können oder sogar müssen? Wann würde er die beiden wieder sehen?
Aber dann fiel ihm wieder ein, wie John über Sascha gelästert hatte. Nein! Da gab es nichts zu verzeihen!
*Oh Gott, um 20:00 Uhr ist doch die Vorstellung!*
Andi blickte auf die Uhr, aber es waren noch drei Stunden, wie er beruhigt feststellte. Und plötzlich ging es ihm wieder besser. Er legte Musik ein, summte fröhlich mit und schaute sich das Plakat an, das er einigermaßen geklebt hatte.
"Hallo, mein Schatz. Wir lassen uns doch die Laune nicht verderben. John war schon immer ein Spinner - mach dir nichts aus seinen Worten."
Bevor er ging, schaute er noch in den Briefkasten. Ein Schreiben von der Zentralen Vergabestelle für Studienplätze.
*Was wollen die denn?*
"Teilen wir Ihnen mit … blabla… aufgrund eines bedauerlichen Irrtums … nicht an der Freien Universität Berlin, sondern der Universität Hamburg …"
WAS? HAMBURG? Ausgerechnet Hamburg? Andi konnte es nicht fassen. Na ja, Hamburg war groß, da würde er Till und John schon nicht über den Weg laufen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Beiden bei den Studenten blicken ließen, war eher gering. Und andererseits würde Andi die Partyszene der Hansestadt meiden, in der sich Till und vor allem John wohl munter tummelten.
Wenig später saß Andi im Theater. Er war eigentlich ein Kunstbanause und konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal eine Theatervorstellung besucht hatte - sicher als kleiner Junge. Doch als das Licht mit einem märchenhaften Gong langsam verlöschte, nahm ihn der Zauber sofort gefangen. Andi war Computerfreak und lebte gern in seiner virtuellen Welt, musste nun aber zugeben, dass es ihn ziemlich beeindruckte, wie sich der schwere, samtene Vorhang langsam geräuschvoll öffnete und den Blick auf die Kulissen frei gab. Wann hatte er das letzte Mal mit so freudiger, kindlicher Anspannung in seinen Monitor geschaut, mit der er nun dem Beginn des Schauspiels entgegenfieberte?
Laute Schritte auf dem Theaterboden, Musik setzte ein - und dann stand er da, mitten im Scheinwerferlicht. Andis Herz raste und die Schläfen pochten.
*Warum i st es auf einmal so heiß hier?*
Mit fassungslosem Blick verfolgte Andi Saschas Auftritt, ohne dabei überhaupt irgendetwas von der Handlung des Stückes mitzubekommen. Zeit und Raum hatten für ihn aufgehört zu existieren, es gab nur noch eins: Sascha!
Verliebt? Schwul oder nicht? Völlig egal! Andi wusste nur, dass er für diesen Jungen da vorne alles tun würde - ALLES. Sascha sprach, sang, tanzte und Andis Verlangen steigerte sich noch von Augenblick zu Augenblick.
*Für dich geh ich durch die Hölle*
Wenn Sascha mit einem Mädchen tanzte, ihr an die Hüften fasste, sie auf Händen trug, in die Höhe hob - dann wurde Andi von Eifersucht und Hass erfüllt, wie er es bisher noch nicht gekannt hatte. Da half es ihm nichts, sich darüber klar zu sein, dass das hier alles nur gespielt war. Er litt und wünschte sich Saschas Nähe so sehr, wie ein Verdurstender einen Schluck Wasser.
*Nanu*, Andi wunderte sich, dass nach zehn Minuten schon alles vorbei war.
Er sah auf die Uhr.
*Was? Über eine Stunde rum? Wie ist das möglich?*
Das Licht war an und der Vorhang geschlossen. Die wenigen anderen Besucher waren bereits hinausgegangen - doch Andi brauchte einige Zeit, um sich zu besinnen. Er war klitschnass geschwitzt. D ann aber sprang er auf und stürmte hinaus.
Die Kasse war tatsächlich noch besetzt. Andi zog geschwind sein Portemonnaie heraus, doch da fiel ihm ein, dass er die letzten Münzen beim Italiener gelassen hatte. Also rannte er zu dem Geldau tom aten, den er vorher gesehen hatte.
"Diese Vorstellung, wie lange läuft die noch?", fragte er etwas außer Atem, als er wieder zurück war.
"Die Vorstellung? Die ist doch schon zu ende …"
"Nein! Ich meine, wie lange wird das Stück noch aufgeführt?", erklärte Andi.
"Also erstmal die nächsten dr ei Wochen. Kommt drauf an, wie viele Besucher kommen. Danach…"
"Ja, ja. Also dann Karten für jeden Abend, erste Reihe."
"Sie können auch an der Abendkasse…"
"Ich will die verdammten KARTEN! JETZT!" , Andi wusste selbst n icht, warum er sich so aufregte, "Und … ähm … dieser Sascha, der da die Hauptrolle spielt, gibt es noch andere Aufführungen mit ihm?"
"Kindervorstellung, am Sonnabend Nachmittag. Tschaikowskis Nussknackersuite wird da …"
"Erste Reihe? Geht das?"
Am Sonnabend saß Andi
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