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Jetzt! - die Kunst des perfekten Timings

Jetzt! - die Kunst des perfekten Timings

Titel: Jetzt! - die Kunst des perfekten Timings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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haben.
Eine Sequenz schaffen
    Angenommen, Sie planen eine 24-stündige Spendenaktion für einen öffentlichen Fernsehsender. Sie schauen auf den Kalender und diskutieren das Für und Wider verschiedener Termine. Schließlich entscheiden Sie sich für einen Tag Mitte Mai. Leider lässt ausgerechnet an diesem Tag ein außergewöhnlicher Eissturm die Stromleitungen zusammenbrechen und taucht die Stadt 24 Stunden lang in Dunkelheit. Darauf ist niemand vorbereitet, und die Reparaturarbeiten dauern nahezu eine Woche. Die Spendenaktion wird abgesagt. Ihr Fernsehsender muss über den Sturm und seine Folgen berichten. Die Entscheidung, für die Spendenaktion – wie bei der katzenhaften Punktfixierung – nur einen einzigen Termin vorzusehen, hat Sie auf Gedeih und Verderb dem Risiko unvorhergesehener Ereignisse ausgeliefert.
    Wenn Sie die Spendenaktion unter dem Sequenzaspekt betrachten, zeigt sich, dass Sie durch die Fokussierung auf einen bestimmten Tag für das Event auf eine Sequenzstrategie verzichtet haben. Sie hätten die Aktion auf zwei Tage mit einem gewissen zeitlichen Abstand aufteilen können. Der Fernsehsender hätte den Zuschauern eine Wahl einräumen können: Wenn die Aktion ihr Spendenziel bereits im ersten Teil erreicht, fällt der zweite Teil aus. Eine Sequenzlösung, die viele Spendenaktionen wählen, hat zwei Vorzüge. Erstens: Das Ereignis über einen längeren Zeitraum auszudehnen verringert das Risiko, den falschen Tag zu erwischen. Zweitens: Niemand mag Spendenaktionen. Eine Sequenzlösung gibt Zuschauern die Möglichkeit, mitzuentscheiden, wie lange die Aktion dauert. Noch immer sind Timingentscheidungen zu treffen: die Wahl des Anfangstermins, Länge und Abstand der einzelnen Phasen. Aber der Fernsehsender ist flexibler und kann das Risiko minimieren, das mit einem Einzeltermin einhergeht.
Positionsverschiebung
    Eine Entscheidung oder Handlung auf ein späteres Prozessstadium zu verschieben kann von Vorteil sein. So stellten die USA 2011 ihr Patentrecht auf den internationalen Standard um, wonach nicht der Zeitpunkt der Erfindung (»first to invent«), sondern der Eingang des Patentantrags (»first to file«) entscheidend ist. Das verlagerte den Prozess downstream. Für das Patentamt spielt es keine Rolle mehr, wann jemand eine Erfindung gemacht hat, sondern nur noch, wann der Patentantrag gestellt wurde. Das war aus zwei Gründen wünschenswert: Zum einen sorgte es für »mehr globale Zusammenarbeit und Effizienz bei Patentprüfungen« 9 , zum anderen schuf es die – für große Unternehmen wichtige – Gewissheit, dass nicht später jemand auftauchen und behaupten konnte, die patentierte Erfindung des Unternehmens im Kern bereits vorher gemacht zu haben.
Einen Schritt auslassen
    Wenn wir uns entscheiden, Schritte auszulassen, eröffnet das neue geschäftliche Möglichkeiten. Wenn man vor 15 Jahren ein Foto machte, brachte man den Film anschließend zum Entwickeln zum Fotografen oder in eine Drogerie. Die gängige Abfolge war: auf den Auslöser drücken und nach einer Woche oder länger das Bild sehen. Die Digitalfotografie ermöglicht es uns, auf den Auslöser zu drücken und sofort dasBild zu sehen, also zwei Schritte auszulassen: Sie macht den Film und den Abzug überflüssig. Die Möglichkeit, diese beiden Schritte auszulassen, schuf eine neue Industrie, trieb aber zugleich das Unternehmen Kodak, dessen Gewinne auf dem Verkauf von Filmen basierten, effektiv in den Ruin.
    Einen Schritt auszulassen kann manchmal zum Abschluss eines Geschäfts führen, wie es bei der Verkaufstechnik des presumptive close der Fall ist, die das Zustandekommen eines Geschäfts bereits unterstellt. 10 Der Verkäufer fragt nicht etwa, ob Sie Aktien eines bestimmten Unternehmens kaufen wollen, sondern ob Sie 100 oder 300 Anteile möchten, und unterstellt damit, dass Sie sich bereits entschieden haben. Das ist natürlich ein Verkaufstrick, vermittelt aber eine Vorstellung, wie Sie an einen etablierten Prozess anders herangehen können, indem Sie einen Schritt überspringen.
Wahlmöglichkeiten lassen
    Verlangt Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung eine bestimmte Abfolge von Schritten, die sich nicht ändern lässt? (Noch einmal: Das nenne ich strikte serielle Zwänge .) In manchen Fällen ist eine bestimmte Reihenfolge notwendig. Wenn das nicht der Fall ist, kann es nützlich sein, Konsumenten Wahlmöglichkeiten anzubieten. Das tat der Schriftsteller Julio Cortázar in seinem Roman Rayuela: Himmel und Hölle. Wie schon

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