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Jetzt mal Butter bei die Fische

Jetzt mal Butter bei die Fische

Titel: Jetzt mal Butter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Diesbrock
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vermeintlich »vernünftige« Argumente vor. Reiter von toten Job-Pferden sind unglaublich kreativ darin, gute Gründe für ihr Nicht-Handeln zu finden!
    Nur sind tote Pferde einfach keine guten Transportmittel.
Von Ratgebern und Potenzialanalysen
    Als ich mein Abi in der Tasche hatte, kam ich in den Genuss einer Beratung in einem Berufsinformationszentrum des (damals noch) Arbeitsamts. Nach einem kurzen Gespräch war mein Berater der Meinung, ich solle doch Medizin studieren. Schließlich hatte ich ihm erzählt, ich wolle »etwas mit Menschen machen«. Meine Familie fand die Idee auch super – Arzt zu sein galt damals noch als Traumberuf. Und da mir keine Alternative einfiel (weil ich nicht wirklich danach suchte), studierte ich eben fünf Semester Medizin. Dabei war mir vom ersten Tag an klar, dass dies überhaupt nicht mein Ding war. Aber ich hatte ja – wenn auch kleinlaut – »A« gesagt …
    Dass Eltern und Lehrer in diesen Dingen nicht mehr den allerbesten Überblick haben, ist wohl inzwischen bekannt. Also müssen Berufs- und Karriereberater, Arbeits- und Trendforscher und Coaches her. Aus den Zeiten der überschaubaren, statischen Arbeitswelt stammt nämlich die Vorstellung, dass ein Experte am besten weiß, für welchen Job wir uns entscheiden sollten. Er kann unsere Fähigkeiten einschätzen und weiß, welche Tätigkeit dazu passt. Außerdem kennt er den Arbeitsmarkt, sämtliche Branchen und alle Jobprofile. Und natürlich kann er uns sagen, welche Jobs »krisensicher« sind.
    Ich werde häufig von Menschen gefragt, was ich denn von ihren Fähigkeiten halte und was sie damit am besten anstellen sollten. »Ganz objektiv.« Dahinter steht oft der Verdacht, sie selbst würden sich viel zu positiv einschätzen. Wahrscheinlich würden mir die meisten glauben, wenn ich ihnen sagte: »Sie wollen den Job XY machen? Das können Sie vergessen! Mit Ihren Kompetenzen/Ihrem Alter/Ihrer Vita haben Sie auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen.« Ja, das wäre dann bitter – aber immerhin gäbe es ihnen Orientierung.
    Mein Tipp: Wenn Ihnen ein Mensch begegnet, der vorgibt, Sie »objektiv beurteilen« zu können – laufen Sie!
    Denn unsere Welt ist einfach viel zu komplex, als dass ein Fachmensch auch nur ansatzweise den Überblick über alle Branchen und Tätigkeiten haben könnte. Und selbst wenn sich jemand in einem Bereich gut auskennt, ist jede Einschätzung immer auch eine Frage der Interpretation und der individuellen Haltung.
    Auch Testverfahren halte ich für nur sehr bedingt aussagefähig. Klar, die Idee ist verlockend: Wir machen ein paar Tests, lassen uns vom Psychologen durchleuchten und bekommen dann den passenden Job ausgespuckt. Glauben Sie mir: Das funktioniert genauso wenig, wie Psychotests in Zeitschriften Ihre Persönlichkeit erfassen können!
    Natürlich ist es sinnvoll, sich Feedback von anderen zu holen, um eine gute Selbsteinschätzung zu erreichen. Aber der beste Experte für Ihre Kompetenzen sind Sie selbst!
    Außerdem halte ich die Logik »Wenn ich nur weiß, was ich besonders gut kann, führt das automatisch zu dem Job, der richtig für mich ist« für nicht gerade zielführend. Denn viele Menschen haben hohe Kompetenzen durch die Arbeit, der sie seit langer Zeit nachgehen – und die ihnen zum Hals heraushängt! Sich auf die Kompetenzen als entscheidendes Kriterium zu beziehen, ist recht sinnlos, weil wir dann immer wieder dort landen, wo wir gar nicht sein wollen.
    Also: Nur durch die Brille der reaktiven Karrierestrategie gesehen ist es attraktiv, dass andere uns sagen können, was wir tun sollen.
Karriere-Zombies
    Keiner hat den Überblick, und keiner weiß wirklich, wohin die Reise geht. Da ist es erstaunlich, dass viele Menschen eine so genaue Vorstellung davon haben, wie »man Karriere macht«.
    Ich wundere mich immer wieder, in was für ein enges Korsett sich – auch viele jüngere – Menschen selbst pressen. Als sei es so selbstverständlich wie Zähneputzen: Man will natürlich »Karriere machen«, was gleichgesetzt wird mit einem hohen Anfangsgehalt in einem internationalen Konzern, mit Teamverantwortung und einem schnellen Aufstieg. Also muss die Abi-Note sehr gut sein, sonst war’s das mit dem beruflichen Erfolg. Dann müssen ein Turbostudium und Praktika während der Semesterferien folgen, dazu Kontakte, Kontakte, Kontakte, Ausland, klar, und dann rauf auf die Karriereleiter. Alles steht und fällt mit den Noten und einem »lückenlosen CV«.
    Mal ein bisschen das Leben

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