Jetzt mal Butter bei die Fische
Strategie, die vordergründig auf maximale Sicherheit baut, kann im Endeffekt das genaue Gegenteil bewirken. Jemand, der nur tut, was alle tun, keine Risiken eingeht, nicht seinen Interessen folgt, sondern dem, was im Moment von ihm verlangt wird, entwickelt eines ganz sicher nicht: die Fähigkeit, sich in einer komplexen, sich schnell verändernden Welt zu orientieren und zu bewegen. Und die brauchen wir oft schneller, als uns lieb ist. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Loyalität und Konstanz heute noch belohnt werden. Die nächste Umstrukturierung und die nächste Krise kommen ganz bestimmt – und dann stehen nicht unbedingt die zuletzt auf der Straße, die sich immer brav an Sicherheit und Mainstream orientiert haben.
Ob es uns gefällt oder nicht: Schwimmen lernen ist heute die bessere Strategie, als sich mit ganzer Kraft am vermeintlich sicheren Beckenrand festzuhalten!
Angst ist ein mieser Motivator
Was hat das mit Ihnen zu tun? Sie wollen ja Veränderungen – sonst hätten Sie dieses Buch gar nicht in der Hand. Nur ist nicht jeder Veränderungswillige bereit, ins kalte Wasser zu steigen. In meine Coachingpraxis kommen viele Menschen, die zwar beruflich eine neue Richtung einschlagen wollen, aber gleichzeitig große Zweifel haben, ob das »richtig« ist. Ihnen erscheint es vernünftig, möglichst kleine Schritte zu tun und sich hauptsächlich daran zu orientieren, was sie am besten können und bisher gemacht haben – nicht an dem, was sie tun wollen.
In meinen Augen ist so ein Denken alles andere als vernünftig! Ja, ich finde es ausgesprochen irrational, weil dahinter vor allem Ängste stecken – und Ängste sind selten »vernünftig«, wenn es um komplexe Zusammenhänge geht. Ich nenne so eine Haltung eine »reaktive Karrierestrategie«. Und ich möchte Ihnen dazu im nächsten Kapitel etwas erzählen – natürlich mit dem Ziel, Ihnen anschließend die »aktive Karrierestrategie« schmackhaft zu machen.
Reaktive Karrierestrategien
Auf einen Artikel über das Festhalten an toten Job-Pferden, den ich vor einer Weile für eine überregionale deutsche Zeitung geschrieben hatte, gab es auf deren Internetseite in kurzer Zeit weit über 200 Kommentare. Die große Mehrzahl hatte den empörten Grundtenor: »Man hat doch sowieso keine Chance. Es gibt keine guten Arbeitsplätze mehr. Die Arbeitsagentur und der Staat sollen gefälligst dafür sorgen, dass ich einen interessanten Job bekomme. Es ist alles Schuld der Arbeitgeber.« Und so weiter. Meine Aufforderung in dem Artikel, selbst für ein lebendigeres Job-Pferd zu sorgen, wurde mit heftigster Ablehnung bedacht.
Etwas überspitzt formuliert klang das in meinen Ohren so: » Ich bin eben ein Opfer der Bedingungen und kann sowieso nichts tun. Andere sollen dafür sorgen, dass es mir gut geht. Früher war es einfacher und besser – und so soll es gefälligst wieder werden.«
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Mir ist sehr wohl bewusst, wie schwierig es oft ist, einen passenden, guten Job zu finden. Glück spielt dabei sicherlich keine kleine Rolle. Und gerecht geht es auf dem Arbeitsmarkt ganz bestimmt nicht zu.
Für mich ist dabei aber die zentrale Frage: Was kann ich tun, damit es mir gut geht? Auch wenn die Bedingungen schwierig sind – welche Handlungsmöglichkeiten habe ich? Und wie kann ich sie am besten nutzen?
Dahinter steckt eine Frage des Glaubens: Was glaube ich über mich und die Welt? Sehe ich mich als Opfer der Bedingungen und anderer Menschen? Oder verstehe ich mich als freies Individuum, das das Recht und die Möglichkeit hat, das Beste aus der Situation zu machen? Konzentriere ich mich zuerst auf meine Abhängigkeiten, oder suche ich erst einmal nach Möglichkeiten, Einfluss auszuüben?
Diese Fragen sind zentral, wenn es darum geht, sich beruflich neu zu orientieren. Aus der Wahrnehmungspsychologie wissen wir, dass was wir sehen ganz entscheidend davon anhängt, wie wir hinschauen. Oder anders formuliert: Ich muss erst einmal verstehen, durch was für eine Brille ich sehe, bevor ich Rückschlüsse auf die Welt dahinter ziehen kann. Und wir haben immer eine Brille auf der Nase!
Die Brillen von Komparsen und Regisseuren
Stark vereinfacht unterscheide ich zwischen zwei gegensätzlichen Haltungen: die des »Komparsen« und die des »Regisseurs«. Im Kern steht jeweils ein anderes Verständnis der eigenen Möglichkeiten und der Angebote der Welt.
Während der Komparse fest daran glaubt, dass grundsätzlich die Bedingungen und andere
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