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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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den Wiesen tummeln.
    Was ist nur mit mir los? Da scheint einmal die Sonne in Köln, ein laues Lüftchen weht und ich hab schlechte Laune.

9 Echte Menschen
    Manchmal birgt das Leben einfach mehr Realität als ein Mensch alleine ertragen kann. Beispielsweise den Aachener Weiher im Sommer. Wenn die Luft getränkt ist von Grillbratwurstfett und die Wiese von Menschen. Lauten Menschen, die bauchfrei tragen, obschon sie aussehen, als trügen sie einen Grillbratwurstring um die Taille. Vorwiegend sind die Menschen am Aachener Weiher Studenten, das macht es so anstrengend. Versonnen blättere ich in meinem Mon-Prix-Katalog. Vor mir auf dem Tisch schäumt die Kollekte aus dem Kölner Dom. Prost.
    Ich liebe meinen Mon-Prix-Katalog. Auf dem Titel steht »Echte Mode für echte Menschen.« Und die echten Menschen, die da zu sehen sind, sind mir viel lieber, als die echten Menschen vom Aachener Weiher. Oben auf dem Mon-Prix prangt Titelgirl Julia K., die frisch und unkompliziert ist, das steht in der Subline. Julia K. hat keine Grillbratwurst um die Taille und winkt mir souverän zu. Weder Julia K. noch ihre echten Katalog-Freundinnen wirbeln Stöcke, bunte Bälle oder sogar Keulen durch die Luft, dass man meinen könnte, man befinde sich nicht am Aachener Weiher, sondern mitten im Manöver für den nächsten Afghanistan-Einsatz. Wieso meint eigentlich jeder Sowi-und andere Rumdrücker-Fächer-Student, er müsse die Welt mit Jonglier-Kunststückchen erfreuen? Aber wenn man ihnen dann mal was zuwirft und freundlich »Ja, fang’s, hol’s Bällchen« zuruft, sind sie auch wieder beleidigt. Da sind mir die Sportstudenten fast lieber, die werfen wenigstens nur mit Frisbeescheiben und Fönwellen um sich, nicht mit moralischem Getue.
    Blättere weiter im Mon-Prix. Die Julia und ihre Freundinnen unterhalten sich frisch und unkompliziert über Neckholder und Crinkleröcke. Was steht da? Crinkleröcke sind hip und haben vorne einen Reißverschluss, steht da und das soll wohl als Erklärung genügen. Na gut. Will auch hip sein und bestelle mir einen Crinklerock und wehe, jemand sagt jetzt »passend zum Gesicht.« Hebe meinen Kopf und guck mir das Elend rundherum an. Entweder sind da Studenten, die die nächsten 2 0 Jahre mit ihrer verlängerten Pubertät und politischer Selbstfindung zu tun haben werden, die fallen beim Bruttosozialprodukt mehrheitlich aus. Oder die einfachen Proleten, die biertrinkend auf dem Rasen sitzen und hoffen, dass eine der Studentinnen die Liebe zur Arbeiterklasse entdeckt. Und die sollen demnächst meine Rente sichern? Generationenvertrag? Blödsinn. Wie willst du denn mit Leuten einen Vertrag schließen, die kaum lesen und schreiben können?
    Ich bestelle mir jetzt die Julia K. aus dem Prospekt. Frische und unkomplizierte Gesellschaft für mich an meinem Aachener Weiher. Gott erhört ja meine Bitte nicht, dass es einen Hagelschlag tut und die Grillbratwurst-Plage heimgetrieben wird. Also setze ich denen Julia K. entgegen, frisch und unkompliziert wie ein Crinklerock. Und Julia K.s echte Freundinnen bestell ich gleich mit. Meine echten Freundinnen haben ja nie Zeit für mich. Das sind doch höchstens ›sogenannte‹ Freundinnen. Keine versteht die Dringlichkeit meines Anliegens, den Aachener Weiher zurückzuerobern, kaum schwinge ich mal eine politische Rede, schon haben alle keine Zeit. Dabei möchte ich nur den Aachener Weiher mit echten Menschen ausstaffieren, die nicht barfuß durch Glasscherben und Hundekot hüpfen, bloß weil sie Pädagogik studieren. Und sich dabei noch in ihren Palästinensertüchern verheddern. Aber ob meine neuen echten Crinklerock-Freundinnen für einen heißen Tag am Aachener Weiher passend ausstaffiert sind? Was ist, wenn sich Julia K. ausziehen muss? Und ihre Crinkle-Freundinnen? Unsicher betrachte ich die Bildchen. Nachher haben die nix drunter. Wie steh ich dann da? Bestelle zur Vorsicht eine echte Freundin aus der Unterwäscheabteilung. Die mit dem ›Stringbody ouvert‹. Mit Loch im Schritt. Da hat mal einer mitgedacht. Den Stringbody ouvert kann sie anlassen, beim Pipimachen im Gebüsch vom Aachener Weiher, da ist sie den anderen weit voraus. Frisch und unkompliziert. Bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass ich mir auch einen Ersatzfreund bestellen könnte, falls meiner nie mehr von der Herrentour zurückkommt. Blättere zu den echten Männern. Ein El Dorado! Wenn ich mir da das Elend am Aachener Weiher angucke! Die paarungswilligen schwarzen Männer tragen komische

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