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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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Wenn ich ihnen billige A & P Körner statt des guten Vitakraft Gold in die Näpfe schütte, verziehen sie verdrossen die Schnabelwinkel, drehen ihr Köpfchen auf die Schulter und werfen ein missbilligendes Auge auf ihr Essen, während mich das andere vorwurfsvoll anstarrt. »Trotzdem«, sagte Frau Knecht und holte mich in die Gegenwart, das Restaurant und zu meinem Essen zurück, »trotzdem könntest du jetzt mal aufhören, misstrauisch und einäugig in dein Essen zu glotzen. Du bist kein Nymphensittich und vielleicht wäre es mal an der Zeit für einen anderen Mann als Robbi in deinem Leben.« »Wieso«, argumentierte ich, »dieses einäugige Fokussieren ist sehr praktisch. Zum Beispiel sehe ich jetzt mit dem zweiten Auge den Dreck auf der Lampe über uns. Was meinst du, wie viel Staub in unser Essen rieselt. Alle sagen immer, geh aufs Klo, wenn du wissen willst, ob das Restaurant sauber ist, ich sage: Ändere mal die Perspektive!
    »Du kauzt wieder«, sagte Frau Knecht, ging aufs Klo, kam zurück und scharrte mit den Füßen. »Ach«, sagte ich, »du bist auch komisch, seit du eine Katze hast. Du kauzt auch.« Frau Knecht hat beispielsweise ihren Kühlschrank nach Themenbereichen sortiert. Es gibt das Thema »Wurst« und das Thema »Käse«. Süßkram und Milch haben eine Aroma-Area, alle Lebensmittel sind senkrecht ausgerichtet und die Fernbedienungen auf dem Couchtisch zeigen nach Norden. So hat jeder seinen Knall. »Und überhaupt«, tschilpte ich und pickte nach dem Kellner wegen der Rechnung, »kauzig hin, kauzig her, der Mann im Leben wird völlig überbewertet. Zum Beispiel brauchst du mit einem Mann an der Seite viel länger, um in einer fremden Stadt ein Hotel zu finden. Weil er lieber zehnmal im Kreis fährt, als einmal zu fragen.« Frau Knecht mautzte etwas und räkelte sich auf ihrem Stuhl, was die männlichen Restaurantbesucher in eine tiefe Glotzstarre verfallen ließ. Ich musterte die Herren skeptisch und einäugig und tschilpte weiter. »Und bedenke bitte mal, die meisten Männe r – kaum dass man sie heirate t – wollen gleich zusammenziehen! Und dann? Wusstest du zum Beispie l – jetzt hör doch mal auf, dir die Arme zu lecke n –, dass ein Mann genetisch gar nicht in der Lage ist, ein Klo vernünftig sauber zu machen? Wegen dem Markierungsdrang. Genetisch gesehen pinkelt der lieber in die Ecken, als sie zu putzen! Mein Onkel Horst zum Beispiel hat sehr oft, wenn er betrunken war, in den Schrank gepinkelt und wahlweise ins Telefon!« »Du kommst ja auch aus einer Familie von Verrückten«, sagte Frau Knecht unbeeindruckt. Ich kramte weiter in meiner Erinnerungskiste und flatterte zur Unterstreichung meiner Thesen mit den Armen. »Und wen n – wen n – ein Mann mal putzt, ist das experimentell zu verstehen. Ich weiß es noch wie gestern, als Ex-Arsch-Klaus meine Edelstahlspüle in der Küche mit hochgiftigem Auspuffrohrreiniger bearbeitete. Und zwar nur die eine Hälfte. Und warum wohl?«, fragte ich, um die Spannung zu erhöhen. »Keine Ahnung. Weil er wegen der Dämpfe umgefallen ist?«, fragte Frau Knecht. »Nein«, sagte ich, »er hat die Spüle nur zur Hälfte geputzt, damit ich den Unterschied zwischen vorher und nachher sehen kann! Den Unterschied sehe ich heute noch. Dieses Auspuff-Ätz hat eine gezackte Grenzlinie in meine Spüle gefräst. Meine Spüle sieht aus wie eine Deutschlandkarte zu Zeiten der DDR! Ich sag dir was, Frau Knecht, kein Mann hat die Absicht, eine Spüle zu putzen!« Selbstzufrieden beendete ich meine Tiraden, lugte einäugig auf die frisch angekommene Rechnung und hackte nach dem Kellner, weil sie so hoch war.
    »Trotzdem«, sagte Frau Knecht, ein Wörtchen, mit dem man Argumente sehr schön aushebeln kann. »Trotzdem brauchst du einen Mann.« Sie musterte mich. Ich kam mir auf einmal sehr nackt und federlos vor. »So kauzig kriegst du nie einen ab, Volki«, sagte Frau Knecht und fing mit dem rechten Fuß eine Maus unter dem Tisch. »Vielleicht sollten wir mal einen Pferdehof besuchen«, überlegte sie weiter und spielte gedankenverloren mit der Maus. »Pferde fördern ja angeblich die emotionale Intelligenz. Außerdem gibt’s auf einem Pferdehof gut situierte Tierliebhabe r – möglicherweise deine letzte Chance«, sagte Frau Knecht, die oft sehr praktisch veranlagt ist, und biss der Maus den Kopf ab. Und weil Frau Knecht in der Umsetzung ihrer Eingebungen sehr resolut ist, stand ich schon drei Tage später, die Jogginghose in Gummistiefel gestopft, auf einem

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