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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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Frau, die die Trophäen seines Jäger-und Sammlerdaseins als »Müll« bezeichnet. In Wirklichkeit will sie nur ihre keimfreien Herrschaftsansprüche ausdehnen. Auf das letzte Refugium männlicher Stille, den Bastelkeller. Wo Frauen normalerweise keinen Zutritt haben. Nicht mal als Sex-Poster. Doch jetzt muss der Mann aufräumen. Mit der Frau im Nacken kommen Dinge ans Tageslicht, die vorher niemand vermisst hatte. Die Nasenhaarschneidemaschine. Nymphensittich Kreischi. Die Schwiegermutter. Und lauter lieb gewonnene Schätze: drei abgefahrene Reifen, der kaputte Toaster, 4 0 Liter Altöl. Alles Dinge, argumentiert der Mann, die man noch gebrauchen kann. Zum Beispiel im Falle eines Atomkriegs oder eines Angriffs Außerirdischer. Dann, argumentiert der Mann, könne er die abgefahrenen Reifen abdichten, 4 0 Liter Altöl reinkippen und mit Funken aus dem kaputten Toaster ein schönes Feuerchen entzünden. Und man hätte es warm, während alle anderen frieren müssten. Der Mann verweist in diesem Zusammenhang auf seine Leitbilder MacGyver und Snake Plissken.
    Die Frau verweist auf ihre Leitbilder Meister Propper und Clementine. Und verlangt, dass der Mann den Schrott zum Bauhof bringt. Meckert dann aber wieder rum, wenn sie die Schwiegermutter im Kofferraum liegen sieht. Seufzend packt der Mann die Schwiegermutter zurück an den Esstisch und den Wagen voll.
    Am nächsten Samstag steht er auf einem sogenannten Bauhof. Dem Schlachthof aller Bastelkeller. Umgeben von anderen Männern, denen die Entwürdigung in den tief sitzenden Schritt ihrer bonbonfarbenen Jogginghosen gestempelt wurde. Eine bonbonfarbene Schlange, gezimmert aus dem Ordnungswahn der Frauen, dehnt sich vor grauen Containern, beschriftet mit »Bauschutt«, »Elektroschrott« oder »Styropor«. Vor jedem Container steht ein orangefarbenes Männchen und kontrolliert, was hineingeworfen wird. Orangefarbene Männchen, bonbonfarbene Männchen, graue Container und gelbe Kräne. Das ist nicht MacGyver. Das ist Playmobil. »Wat haben Sie da?«, fragt die orange Figur, die den Container »Elektroschrott« bewacht. Der Mann streichelt Abschied nehmend über seine Motorrad-Fußraste. »Fußraste«. »Fußrast e – isene Fahrzeuschdeil, da müssen Sie mit zum Schrottplatz.« Zehn Euro später darf die Fußraste doch bleiben. »So. Näschtes. Wat habe Sie da in den Mülltüten?« »Alles mögliche«, sagt der Mann. »Toaster, Nasenhaarschneider, Nymphensittic h …« »Jemischt«, urteilt der Orange, »jemischt müssen Se umfüllen in jrüne Tüten. Kost Stück fünf siebzisc h …« »Och«, sagt der Mann und MacGywer schimmert durch, »und wenn ich die grauen Tüten grün anmale?« Der Orange beugt sich vertraulich vor und markiert sein Revier durch ausatmen. »Wissen Se wat? Isch verkauf Ihnen eine jrüne Tüte und den Rest lassen Sie verschwinden, wenn isch weggucke.« 5,7 0 Euro später ist der Nymphensittich Vergangenheit. Der Mann drückt den kaputten Toaster ans Herz, legt ihn zurück in den Kofferraum und lässt »Time to say goodbye« laufen. »So, und wat haben Sie noch überisch?« Der orange Playmobilmann hängt eine Zwiebel-Bier-Fahne in den Wind. »Drei alte Motorradreifen«, schluchzt der Mann. »Reifen? Normal kost Reifen fünf Euro dat Stück, komm, sagen wir zwei.« Der Mann kann sich nicht überwinden, die Reifen aus dem Kofferraum zu heben. Wenn er sie ansieht, ist ihm, als höre er ein kleines Mädchen weinen. »Wat noch? Uh, Altöl? Schlescht. Janz schlescht. Da seh isch schwarz.« Das ist ja bei Altöl keine Kunst, denkt der Mann. Der Playmobilmann hebt steif einen orangen Arm und deutet auf den Kofferraum: »Un gleisch so viel? Dat sind ja locker vierzisch Liter. Machen Sie das jewerblisch?« »Nein«, sagt der Mann, »ich mache das für meine Frau.« Der Orange nickt verständnisvoll, er sieht hier viele Männer weinen. »Sie können Ihr Glück mal am Schadstoffmobil probiere n …« Der Mann blickt sich suchend um. Er sieht nur ein Schadstoffmobil: die Wasserstoff-Blondine im Kassenhäuschen. Die kann immerhin sprechen: »Schadstoffmobil, erst nächten Samstag von 7.30 bis 9 Uhr.«
    Eine Woche lang fährt der Mann seine Schätze spazieren und entwickelt eine noch engere Bindung zu Motorradreifen, Altöl und kaputtem Toaster, selbst die Fußraste hat er heimlich wieder aus dem Container gerettet. »Ach«, sagt die Frau erfreut, »endlich Platz im Keller.« Und weil sie Platz nicht aushält, stopft sie gleich ihre Waschmaschine rein. Nächste

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