Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

zu können. Um seinen anstrengenden Berufsalltag zu bewältigen, schläft Ihr Mann nur noch im Arbeitszimmer. Wenn er zu Hause schläft.
    Sie haben aber keine Zeit, sich um Ihre Beziehung zu sorgen, denn 5 0 Prozent Ihrer Zeit verbringen Sie im Auto. Um Leonard-Finley adäquat auf die Anforderungen der Leistungsgesellschaft vorzubereiten, verpassen Sie ihm einen Terminkalender wie ein Profi-Manager. Er muss zum Babyturnen, Babyschwimmen, Babymassage, creative babydance und außerdem den Wohnzimmerteppich anderer Mütter vollschiffen gehen.«
    Jetzt ging mir Frau Dr . Sommer langsam auf die Nerven. Ich schrieb:
    »Sehr geehrte Frau Dr . Sommer,
    da hört man die frustrierte, unerfüllte Gebärmutter sprechen. So manche Liebe wird durch ein Kind gekrönt! Viele der geschilderten Problemchen erledigen sich ganz von selbst, wenn die Kinder in die Schule kommen. Und wenn ich mal alt bin, sitze ich im Kreise meiner Familie, während Sie im Altersheim sitzen, mit einer Handvoll Anti-Depressiva.«
    Da hatte ich es ihr aber gegeben. Frau Dr . Sommer bewahrte Contenance.
    »Liebe Spätgebärende,
    wenn es für uns Zeit fürs Altersheim wird, ist Leonard-Finley um die 3 0 Jahre alt. Da wird er sich gewiss freuen, nach der durchzechten Nacht mit seinen Studentenkollegen die Mutti im Altenheim zu besuchen. Vor dem Studium muss Leonard-Finley allerdings das Gymnasium absolviert haben. Stellen wir uns ein Gymnasium im Jahre 2020 vor. Was wird da gelehrt? Leistungskurs Kampfsport und Deutsch als zweite Fremdsprache? Und mittendrin der 12-jährige Leonard-Finley mit den altersüblichen Problemen: Mitesser, Drogen nehmen, Onanie, Revolte und seine Blähungen. Familienfeiern bereichert Leonard-Finley mit dem Furzen des Deutschlandliedes sowie einem Mix der übrigen Probleme. Sie verbringen einen Gutteil Ihrer Zeit beim Elternsprechtag, dem Schulleiter, dem Bewährungshelfer und im Supermarkt, um all das Essen ranzuschleppen, das dieser Ganzkörper-Bandwurm verdrücken kann. Im Supermarkt treffen Sie auch endlich mal wieder Ihren Mann, leider Arm in Arm mit der attraktiven blonden Nachbarin. Sie schämen sich ein bisschen wegen Ihres Jogginganzugs und Ihrer ungewaschenen, praktischen Kurzhaarfrisur und hauen Ihrem Mann eine rein. Nun sitzen Sie selbst beim Bewährungshelfer neben Ihrem Sohn und schauen dessen Pickel beim Expandieren zu.
    Sollte Leonard-Finley eine Paris-Katherine geworden sein, hier die feminine Variante: Als aufgeklärte Mutter wollen Sie mit ihr über Verhütung sprechen. Paris-Katherine sagt, dass ihr Freund Ahmed Verhütung ablehnt. Gekleidet ist das dauerschlecht gelaunte Wesen in den neusten Schrei der Modezentren der Welt 2020: Islamabad und Moskau, also eine Mischung aus Burka und Prostitution. Auch mit Paris-Katherine verbringen Sie 8 0 Prozent Ihrer Zeit im Auto, denn Paris muss in die Stadt einkaufen, zum Ballett, einkaufen, zur Nachhilfe, einkaufen, zur Koranschule und einkaufen. Ihre Tochter trägt Gucci, Sie tragen Deichmann.
    Irgendwann hat Paris-Katherine mit Ahmed Schluss gemacht, dafür ist sie jetzt schwanger vom Nachhilfelehrer. Leider sind Sie zu erschöpft, um sich aufzuregen, weil sich Ihre Putzstellen auf einen 27-Stunden-Tag addieren. Ihr Mann zahlt den Unterhalt nicht oder unregelmäßig. Sie übernehmen die Buchhaltung für Ihre blonde, attraktive und überaus erfolgreiche Nachbarin, um die Anwaltskosten für Leonard-Finley aufzubringen, der seinerseits bedröhnt in seinem Zimmer liegt, während seine Kumpels, die früher Ihren Wohnzimmerteppich vollgeschifft haben, Ihre Couchgarnitur belegen, um Ballerspiele zu spielen. Ihre einzige Freude ist es, die blonde, attraktive, überaus erfolgreiche und mittlerweile mit Ihrem Mann verheiratete Nachbarin mit einer CD mit ihren Steuerdaten zu erpressen, die sämtlich gefälscht sind, was Sie ja wissen, da Sie die Daten ja gefälscht haben. Auch diese Freude wird auf der Couch des Bewährungshelfers enden.
    Ich sage es mal so, liebe Spätgebärende: Gäbe es nicht die große, irrationale, allumfassende Liebe der Menschen zueinander und das Bedürfnis, dies in einem Kind zu manifestiere n – wir wären längst ausgestorben.«
    Köln, 15 . April, wünsche mir Sintflut herbei, die die Deppen von der Straße spült
    Wieso und warum fahren eigentlich manche auf der Autobahn immer links? Auch mit 80? Aus Prestigegründen? Aus politischer Überzeugung? Bestenfalls wechseln sie in die Mitt e – wo sie gemütlich mit dem Handy am Ohr durch die Welt schaukeln,