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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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fuhren nach Italien. Vorurteilsfrei. Mein Bruder und ich sowie ein paar Freunde fuhren mit. Meine Mutter und meine Schwester blieben lieber zu Hause, was ich spätestens bei unserer vorurteilsfreien Ankunft am italienischen Flughafen gut nachvollziehen konnte.
    »Wo ist mein Ledergürtel?«, nörgelte der Sheriff. »Die klauen alle, die Italiener, Andrea, such meinen Ledergürtel.« Wir warteten acht Mann hoch in der Schlange vorm Autoverleiher. Die Sonne brannte und der Sheriff nervte. »Papa«, sagte ich, »dein Ledergürtel ist im Koffer, leider, nebenbei, weil deine Hose rutscht.« »Andrea!«, sagte der Sheriff, »geh gucken. Jetzt. Das sind Mafiosi hier, alle!« Er hob den Zeigefinger, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Dabei rutschte ihm seine gürtellose Hose auf die Knöchel und zum Vorschein kam eine blau karierte Herren-Unterhose, sexy wie ein Poster von Guildo Horn. Sämtliche Italiener beim Autoverleiher hörten jetzt zu, was ihr Besucher zu sagen wusste. Der Sheriff präzisierte blau kariert weiter: »Mafiosi ohne Benehmen! Und wieso müssen wir hier überhaupt Schlange stehen! Ist ja wie in der DDR hier. Italien! Und heiß ist das hier. Haben die hier gar nichts, nicht mal Wind?« »Guck mal, Papa«, sagte ich und beobachtete aus den Augenwinkeln unsere Gastgeber, »da drüben ist eine Kunst-Ausstellung in einer Halle, da ist es schön kühl. Geh Bilder gucken, wir besorgen die Autos.«
    Der Sheriff linste misstrauisch zur Kunsthalle. »Bilder. Bilder. Ich hab schon mal Bilder gesehen. Im Dings? « – »Im Louvre«, soufflierte mein Bruder. »Genau. Louvre«, sagte der Sheriff, zog die Hose hoch und hielt sie fest. Wir gingen alle ein Schrittchen vor. Der Sheriff schwelgte in Erinnerungen. »Im Louvre mit dem Kegelklub. Lauter Bilder da.« Wir nickten, kennst du ein Bild, kennst du alle. »Stundenlang standen wir vor einem Bild von einem Baum«, räsonierte der Sheriff weiter, »ein Bild von einem Baum! Ich hab doch auch schon mal einen Baum gesehen!« Auch Goethe war seinerzeit in der Sixtinischen Kapelle eingeschlafen und zog die sinnlichen Genüsse der Kulturmeierei vor.
    »Ich hab Hunger«, ächzte der Sheriff, als wir endlich im Wagen saßen. Wir hielten an der nächsten Pizzeria, der Sheriff kippte zwei Grappa für den Kreislauf, einen für den Magen und wurde zunehmend pampig. »Gibt’s hier nix zu essen?« »Doch«, antwortete mein Bruder, »hie r – die Speisekarte ist durchnummeriert. Ich nehm die 171. Oder, nee, die 175«. »175?«, fragte der Sheriff und beäugte Henning misstrauisch. »175. Ist das nicht das mit den Schwulen?« »Nein«, sagte Henning, »hier ist das das mit den Auberginen.« »Auberginen?«, fragte der Sheriff, »seit wann isst du Fisch?«
    Wir bestellten. Der Wein kreiste. Wir Volks sind trinkfest und haben viel Humor, vor allem wenn er andere trifft. Als der angeheiterte Sheriff den Kellnern Verwandtschaftsbeziehungen mit Duisburger Mafiosi unterstellte und die Mienen der Kellner immer finsterer wurden, beschlossen wir, das Lokal zu verlassen. »San Luca, den kenn ich«, rief der Sheriff und hielt seine Hose fest. »Ich Don Heinrich, olé, olé, olé. So hier Trinkgeld, da habt ihr das Schutzgeld für heute drin, was?« Wir flohen zu unseren Autos. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass dieser Urlaub möglicherweise weniger erholsam werden würde als gedacht. Allein schon die Flucht zu unseren Leihwagen. Als Fußgänger bist du ja in Italien verloren. Zebrastreifen kann man vergessen, irgendein Doof muss die wohl mal nach Italien verkauft haben, ohne zu erklären, wozu die gut sind. Von Deckung zu Deckung hüpfend bugsierten wir Don Sheriff an Cafés vorbei, die von dunkelhäutigen, mürrisch guckenden Hutzelmännchen besetzt wurden. »Gibt’s ja gar nicht«, sagte Don Sheriff, »haben die hier auch schon türkische Teestuben?« »Nein«, sagte ich, »schau, bei den Italienern dürfen Frauen mit rein.« Mit einem Sprung rettete ich mich vor einem weiteren hupenden, schmatzenden und pfeifenden Autofahrer auf den 2 0 Zentimeter breiten Bürgersteig. »Ist ja klar, dass die hier so bekloppt fahren«, moserte ich, »guckt, eine Hand hängt grundsätzlich aus dem Fenster und mit der anderen kraulen sie sich am Sack.« »Andrea!«, sagte der Sheriff und tat empört, gab mir aber offenbar Recht. Endlich erreichten wir die Autos und schließlich auch unser Hotel, wo der Sheriff leider beim Unterschreiben der Anmeldung vergaß, dass er mit der Rechten seine Hose

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