Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer
Feuerschein ein paar Drachen von der gleichen Sorte saßen. Offensichtlich warteten sie darauf, ihren Kollegen bei der Wache abzulösen. Der versuchte eben, Emma unter dem Kinn zu krabbeln, wobei er sie blöde und neckisch anglotzte.
»Ssssssssag mir deine Adrrrrressssse, dann hol’ ichchchch dichchchch späterrrr zzzzu einem kleinen Spazzzierrrrrrgang ab. Ichchch hab’ bald dienstfrrrrrrei!« Emma blickte den Drachen verständnislos an. »Jetzt wird’s brenzlig!« flüsterte Lukas. »Hoffentlich schöpft er keinen Argwohn.«
»Chchchch!« fauchte der Drache ärgerlich. »Gesprrrächig bissssst du ja nichchchcht gerrrade, du dicke, gerrrrräucherrrte Drrrachenwurrrrst!«
Jim und Lukas wechselten einen besorgten Blick. Doch zum Glück rief in diesem Augenblick einer der anderen Drachen aus dem Nebenraum herüber:
»Achchch, Brrrüll-Popel, nun laßßßß dochchch die Kleine i n Rrrrrruhe! Sienst dochchchch, daßßßß sie mit dirrrr nichchcht rrrrrreden mag.«
»Gott sei Dank!« seufzte Jim leise.
»Grrrrr!« grollte der Drache und spuckte wütend eine grüne Stichflamme mit lila Rauch aus. »Also machchch, daßßß du weiterrrr kommst! Chchchchch!«
Damit gab er erbost den Weg frei. Lukas zog am Hebel, Emma setzte sich in Bewegung und rollte so rasch wie möglich davon. Vorsichtshalber sorgte Lukas dafür, daß sie dabei möglichst viel Rauch und Funken ausstieß, als ob sie empört und beleidigt sei, damit der Drache nicht am Ende noch nachträglich Argwohn schöpfte.
Bald hatten sie die Höhle durchquert, und vor ihnen lag die Stadt der Drachen. Es war auf den ersten Blick zu erkennen, daß es sich um eine richtige Großstadt handelte. Die Häuser waren aus riesigen grauen Steinblöcken gebaut und Hunderte von Stockwerken hoch. Die Straßen glichen finsteren Schluchten. Wenn man den Kopf zurücklegte und senkrecht nach oben schaute, konnte man vielleicht gerade noch ein kleines Fleckchen Himmel sehen. Aber dieses kleine Fleckchen Himmel war völlig verdüstert von den dicken Rauch-und Gasschwaden, die überall aufstiegen. Wie Nepomuk schon erzählt hatte, wurde dieser abscheuliche Brodem von den Drachen verursacht, die zu Tausenden in den Straßen herumwimmelten und Feuer und Rauch aus ihren Mäulern, Nasen und Ohren bliesen. Manche Drachen hatten zu allem Überfluß sogar noch eine Art Auspuff hinten an der Spitze ihres Schwanzes, aus dem ebenfalls dicker grüner und gelber Qualm dampfte.
Es herrschte ein entsetzlicher Lärm. Die Drachen kreischten, rasselten, knurrten, polterten, zankten sich, gröhlten, johlten, husteten, schrien, heulten, lachten, pfiffen, beschimpften sich , niesten, keuchten, ächzten, stampften, klirrten, zischten, und ich weiß nicht, was noch alles.
Übrigens gab es die verschiedensten Sorten von Drachen. Manche waren bloß so klein wie Dackel, andere dagegen hatten die Ausmaße eines ganzen Güterzuges. Viele patschten und watschelten dick und schwabblig daher wie Kröten von der Größe eines Autos. Wieder andere sahen eher aus wie telegrafenstangenlange magere Raupen. Einige hatten über tausend Füße, manche besaßen nur ein einziges Bein, auf dem sie ganz absonderlich herumhüpften, und noch andere hatten überhaupt keine Beine, sondern rollten sich wie Tonnen die Straße entlang. Das machte natürlich einen ohrenbetäubenden Spektakel. Außerdem gab es sogar Drachen, die Flügel hatten. Sie flogen teils wie Fledermäuse, teils schwirrten sie wie riesige Käfer oder Libellen herum. Sie brummten und rasselten durch die stickige Luft und flogen geschäftig an den vielen Stockwerken hinauf und hinunter. Alle schienen es immerfort ganz unerhört eilig zu haben. Sie rannten hastig durcheinander, rempelten sich an, stiegen übereinander weg, trampelten unbekümmert auf Köpfe und Glieder der anderen und benahmen sich überhaupt sehr unliebenswürdig.
Wo Jim und Lukas einen Blick in die Fensterhöhlen werfen konnten, sahen sie Drachen bei den verschiedensten Beschäftigungen. Manche kochten zum Beispiel gerade auf dem Feuer, das aus ihren Nasenlöchern sprühte, Kaffee, oder buken Pfannkuchen. Natürlich handelte es sich dabei um Drachenkaffee und Drachenpfannkuchen aus Teer und Knochenmehl, gewürzt mit Gift und Galle, Glasscherben und rostigen Reißnägeln.
Nur etwas konnten die beiden Freunde nirgends entdecken: Kinder. Weder Drachenkinder noch andere. Richtige Drachen bekommen nämlich keine Kinder. Sie haben das auch gar nicht nötig, weil sie nicht sterben, außer wenn
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