Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer
zeigte Lukas auf diese Weise die Richtung an.
Auf ihrem Weg trafen sie ein paar andere Halbdrachen, die neugierig aus ihren Vulkanen herauslugten. Manche waren kaum größer als Maulwürfe oder Heuschrecken, andere hatten entfernte Ähnlichkeit mit Känguruhs oder auch mit Giraffen, je nach ihren verwandtschaftlichen Verhältnissen. Sobald sie die verkleidete Emma sahen, zogen alle erschrocken die Köpfe zurück. Offenbar glaubten sie, ein großer schrecklicher Drache spaziere durch ihr Land. Lukas und Jim waren von dieser Wirkung äußerst befriedigt.
Als sie endlich in die Nähe der Eingangshöhle zur Drachenstadt kamen, gab Nepomuk das Haltezeichen. Lukas brachte Emma zum Stehen, und der Halbdrache stieg ab.
»Du hast Glück, daß gerade zwei Lokomotivführer hergekommen sind.«
»So«, erklärte er, »Jetzt findet ihr schon allein weiter. Ich lauf lieber wieder nach Hause. Ich möchte nämlich keinem reinrassigen Drachen begegnen. Man weiß nie, wie sie gerade aufgelegt sind.«
Die beiden Freunde bedankten sich nochmals herzlich für die Hilfe. Nepomuk wünschte ihnen guten Erfolg, und dann verabschiedeten sie sich voneinander.
Lukas und Jim fuhren mit Emma weiter, und der Halbdrache winkte ihnen nach, bis sie um eine Bergecke verschwanden.
Dann stapfte er den langen Weg zu seinem kleinen Vulkan zurück.
Wenige Minuten später hatte Emma den Eingang zur Drachenstadt erreicht.
Es war eine riesige, rußgeschwärzte Höhlenöffnung, aus der es ein wenig herausrauchte wie aus einem Ofenloch. Über der Einfahrt hing eine große Steinplatte, auf der zu lesen stand:
! Achtung !
Der Eintritt ist
nicht reinrassigen Drachen
bei Todesstrafe
verboten
»So. Jim, alter Junge«, sagte Lukas, »jetzt geht’s los!«
»In Ordnung«, antwortete Jim.
Und dann fuhren sie in die Höhle hinein. Es war stockfinster, und Lukas ließ Emmas Scheinwerferaugen aufstrahlen, damit sie den Weg sehen konnten.
Als sie etwa die Mitte der Höhle erreicht hatten, tauchten plötzlich aus der Finsternis zwei rotglühende Augen auf, so groß wie Fußbälle. Rasch zogen Lukas und Jim die Decken vor den Fenstern zu und lugten nur noch durch einen winzigen Spalt hinaus. Jetzt mußte es sich entscheiden, ob Emmas Drachenverkleidung echt wirkte. Wenn nicht - ja, was dann geschehen würde, war nicht auszudenken!
Langsam, ganz langsam rollte die Lokomotive auf die beiden rotglühenden Fußbälle zu. Sie gehörten zu einem Drachen, dessen Leib etwa dreimal so groß und dick war wie Emma. Er hatte einen widerlich langen Hals, der zu einer Spirale geringelt auf seinen Schultern lag. Darauf saß ein Kopf von der Größe und Form einer Kommode. Das Scheusal hockte aufrecht mitten auf dem Weg. Es schien ganz unmöglich, an ihm vorbeizukommen. Den langen, stachelbespickten Schwanz hatte es elegant über die linke Schulter geworfen, und mit der rechten Tatze kratzte es sich unerhört nachlässig seinen fetten gelbgrünen Bauch, auf dem ein dicker Nabelknopf wie ein Schlußlicht funkelte.
Als Emma vor ihm stehenblieb, streckte das Scheusal ruckartig seine Halsspirale aus und betrachtete die Lokomotive von allen Seiten. Dabei brauchte es weder aufzustehen noch herumzugehen. Das war das Praktische an diesem schlauchartigen Körperteil. Nachdem der Drache Emma eingehend geprüft hatte, verbreitete sich ein freundliches Grinsen auf seinem Gesicht, was ihm einen äußerst unsympathischen Ausdruck verlieh.
»Hua! Hua! Hua!« lachte der Drache mit einer Stimme, die sich anhörte wie ein ganzes Sägewerk. »Du hast aberrrrr ein Parrrr hübsche, glänzzzzzende Augen!« Und dann lachte er wieder: »Hua! Hua! Hua!«
»Er hält Emma für ein Drachenfräulein«, flüsterte Lukas. »Das ist ausgezeichnet.«
Der Drache grunzte und zwinkerte schelmisch mit einem roten Fußballauge. Dabei versuchte er, Emma in die Seite zu kneifen. Sie stieß einen erschrockenen Pfiff aus.
»Hua! Hua! Hua!« lachte der Drache und schüttelte seinen fetten gelbgrünen Bauch, daß das Schlußlicht auf und nieder tanzte. »Du gefällst mirrrr. Hast wirrrrklich hübsche Augen. Und stinkst auchchchch so gut nachchchch Rauchchchchch!«
Emma schlug verschämt ihre Schein werf er äugen nieder. Sie genierte sich entsetzlich und wußte ganz und gar nicht, was sie von diesen Komplimenten halten sollte.
Jim und Lukas, die durch den Spalt zwischen den herunterhängenden Decken hinausspähten, entdeckten jetzt, daß sich neben der Haupthöhle noch ein Seitenraum befand, wo im
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