Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer
lieber.«
»Ich auch! Ich auch!« riefen die anderen Kinder.
»Gut«, meinte der Kaiser verständnisvoll, »ich hätte euch natürlich sehr gern noch eine Weile zu Gast gehabt. Aber ich sehe ein, daß ihr lieber heim wollt. Mein Oberbonze Fing Pong wird veranlassen, daß sofort ein Schiff ausgerüstet wird.«
»Danke!« sagte der kleine Indianer erleichtert. Für jeden war inzwischen ein eigenes Gemach vorbereitet worden, in dem ein wundervolles Himmelbett stand. Man kann sich vorstellen, wie herrlich die Kinder, die so lange Zeit auf steinernen Betten hatten liegen müssen, in den weichen Seidenkissen schlummerten.
Die beiden Freunde hatten natürlich ein gemeinsames Zimmer bekommen, in dem ein zweistöckiges Himmelbett stand. Jim zog seine Schuhe aus und kletterte über eine kleine Leiter in die obere Etage hinauf. Er hatte sich noch kaum auf de n seidenen Decken ausgestreckt, als er auch schon fest eingeschlafen war.
Lukas dagegen saß auf dem Rand der unteren Etage und stützte nachdenklich das Kinn in die Hand. Ihm gingen verschiedene sehr schwierige Fragen durch den Kopf: Die kleine Prinzessin war nun also glücklich wieder bei ihrem Vater.
Auch die übrigen Kinder würden bald zu Hause sein. Soweit war alles gut. Aber was sollte aus ihm und Jim werden? Sie beide konnten ja nicht einfach nach Lummerland zurückkehren. Einmal deshalb, weil König Alfons ganz bestimmt sehr erbost darüber war, daß sie damals, ohne etwas zu sagen, mit Emma die Insel verlassen hatten, anstatt seinen Anordnungen zu folgen. Es bestand wenig Aussicht, daß er ihnen jetzt ohne weiteres erlauben würde, wiederzukommen. Und selbst wenn der König nicht mehr böse auf sie wäre, könnten sie nicht zurückkehren, weil sonst alles wieder ganz genauso sein würde wie damals, als sie sich entschlossen hatten, alle drei wegzufahren. Schließlich war Lummerland inzwischen ja nicht größer geworden. Sollten sie sich nicht vielleicht doch von der dicken, alten Emma trennen, sie hier in Mandala lassen und nur zu zweit nach ihrer Insel zurückfahren? Lukas stellte sich vor, was er ohne Emma in Lummerland tun würde. In Gedanken versunken schüttelte er den Kopf. Von Emma konnte er sich nicht trennen. Jetzt, nach all den Abenteuern, die sie zusammen erlebt hatten und in denen sie so treu und zuverlässig gewesen war, weniger denn je. Nein, das war auch keine Lösung. Aber vielleicht war der erhabene Kaiser damit einverstanden, daß sie hier blieben und eine Eisenbahnlinie quer durch Mandala legten. Das war natürlich ein bißchen traurig, denn Mandala war trotz allem ein fremdes Land, aber es wa r die einzige Möglichkeit, und irgendwo mußten sie ja bleiben, wenn sie nicht immer weiter durch die Welt fahren wollten. Lukas seufzte, stand auf und ging leise aus dem Zimmer, um sich mit dem Kaiser zu besprechen. Er fand ihn auf der Terrasse vor dem Thronsaal unter einem Sonnenschirm sitzend und in einem Geschichtenbuch lesend.
»Verzeihen Sie, wenn ich störe, Majestät«, sagte Lukas, als er auf ihn zutrat.
Der Kaiser schlug sein Buch zu und rief erfreut:
»Mein lieber Lukas, das ist ausgezeichnet, daß wir uns einmal allein unterhalten können. Ich möchte nämlich gerne mit Ihnen eine Angelegenheit von großer Wichtigkeit ins Reine bringen.«
»Das möchte ich auch«, antwortete Lukas ernst, während er dem Kaiser gegenüber Platz nahm, »aber sagen Sie erst, was Sie auf dem Herzen haben.«
»Wie Sie sich vielleicht erinnern«, begann der Kaiser, »habe ich mich öffentlich verpflichtet, meine Tochter demjenigen zu vermählen, der sie aus der Drachenstadt befreit.«
»Ja, das haben Sie getan, Majestät«, antwortete Lukas.
»Aber nun seid ihr ja zwei«, fuhr der Kaiser fort. »Was ist da zu tun? Wer von euch beiden soll sie denn bekommen?«
»Das ist ganz einfach«, meinte Lukas bedächtig. »Derjenige, den sie selbst am liebsten mag und dem sie zuerst einen Kuß gegeben hat.«
»Und wer ist das?« fragte der Kaiser gespannt.
» Jim Knopf natürlich«, sagte Lukas. »Wenn ich mich nicht irre, haben die beiden sich sehr gern -«, und schmunzelnd setzte er hinzu: »Wenn sie sich auch vorläufig über manche Dinge noch nicht ganz einig geworden sind, zum Beispiel, ob es nötig ist, lesen und schreiben zu lernen. Jedenfalls passen sie sehr gu t zueinander, finde ich. Und außerdem war es Jim, der Li Si befreit hat. Darüber besteht kein Zweifel. Ich und Emma, wir haben ihm bloß dabei geholfen.«
»Ach, das freut mich aber wirklich«,
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