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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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Tür steht, und schäme mich, dass ich so gemein zu ihr war. Sie hat niemanden. Ich habe jemanden.
    »Eala?«
    »Ich bin noch da. Gleich bin ich zu Hause.«
    »Wir sind hier, um uns dieses College anzusehen, wo sie Möbeldesign unterrichten. Ich muss mich zwischen dem und einem oben in Galway entscheiden.«
    »Klingt gut.«
    Ich biege in unsere Straße ein. Es kommen keine Autos, aber die Ampel weiß es nicht. Sie schaltet auf Grün, Gelb, Rot, bis sie wieder gebraucht wird.
    »Wir haben auch Großvaters Grab besucht und ein paar alte Nachbarn getroffen«, erzählt Brian. »Da warten sie auf mich, ich sollte mich vielleicht besser beeilen.«
    »Ich bin sowieso gleich zu Hause.«
    »Nur noch eine Frage«, sagt er. »Hast du das von Trigger Healy gehört?«
    »Was denn?«
    »Sie haben ihn irgendwo außerhalb von Nenagh mit seinem Lieferanten erwischt, gestern. Die beiden wollten gerade eine Ladung Koks umladen. Außerdem hat Trigger Dad eine verpasst, also geht’s auch noch um einen tätlichen Angriff gegen die Staatsgewalt. Sie schätzen, dass er dafür fünf bis sieben Jahre bekommt.«
    Ich stehe jetzt vor unserem Haus. In Cork scheint Brian gerade loszugehen. Ich stelle mir Trigger Healy irgendwo in einer Gefängniszelle vor. Vielleicht sollte ich vor Freude Luftsprünge machen, aber ich habe keine Lust, dafür Energie zu verschwenden.
    »Stell dir vor, in die feuchte Wiese haben sie letzten Sommer eine Drainage eingebaut, und dieses Jahr wurde sie gar nicht überschwemmt. Also sind auch keine Schwäne gekommen. Ich frag mich, wo die stattdessen hin sind.«
    »Wo ist der nächste Fluss?«
    »So eine halbe Meile von hier.«
    »Dann werden sie da sein.«
    »Meinst du?«
    »Jedenfalls irgendwo in der Nähe.«
    »Trotzdem irgendwie traurig, oder?«
    »Für die Schwäne vielleicht nicht«, sage ich.
    »Wahrscheinlich«, sagt er und denkt darüber nach. Jedenfalls hört es sich im nachlassenden Sturm so an. »Okay. Wir versuchen’s also noch mal, ja?«
    »Bis später dann.«
    »Bis später.«
    Ich gehe durch die Einfahrt und am dunklen Souterrainfenster vorbei ins Bernabéu. Hinter dem Küchenfenster sehe ich Mam. Sie hat einen Teller in der Hand und in der anderen eine Gabel. Sie setzt sich zum Essen nicht mehr anden Tisch, und das meiste von dem, was sie auf dem Teller hat, landet im Mülleimer. Sie muss ständig was tun. Und noch was und noch was. Manchmal versuche ich zu erraten, was es als Nächstes sein wird, und komme ihr zuvor, weil ich hoffe, dass sie sich vielleicht mal ausruht.
    Gestern Abend hat sie darauf bestanden, den Küchenfußboden zu wischen, obwohl wir ihr von der Schlägerei hinter dem Punk-Club erzählen wollten und der Gerichtsverhandlung und allem. Die meiste Zeit hat Sean geredet, und es hat echt nicht lange gedauert. Nur auf ihre Reaktion mussten wir endlos lange warten. Und die ganze Zeit ihrem wild gewordenen Wischmopp ausweichen. Ständig starrte sie böse auf unsere Füße, und am Ende quetschten wir uns in eine Ecke, vor Angst, auf die nassen Fliesen zu treten. Dann legte sie los.
    »Also war er schon immer ein wüster Schläger«, sagte sie. »Ist es das, was ihr mir sagen wollt? Dass er seit dem Unfall gewissermaßen wieder zu sich kommt?«
    »Wir wollten, dass du verstehst, warum es ihm so schwergefallen ist, über seine Vergangenheit zu reden«, sagte Sean. »Mit Jimmy hat das nichts zu tun. Jimmy kann nichts dafür, wenn er austickt.«
    Sie stieß den Wischmopp in den Plastikeimer mit Wasser. Die schmutzige Brühe spritzte bis zu ihrem Rock. Ich meinte, das Geräusch zerplatzender Seifenblasen zu hören, aber das konnte eigentlich nicht sein.
    »Für euch ist er immer nur Jimmy, Jimmy hier und Jimmy da, aber nie Dad wie früher.«
    »Jimmy ist nicht Dad«, sagte ich.
    Ich dachte, es bricht mir das Herz, wenn ich das ausspreche, aber es musste sein. Das letzte Blatt muss fallen,sonst geht der Winter nie zu Ende, so sehe ich das. So ist es. Aber Mam blieb unbeeindruckt.
    »Du …«, sagte sie. Oder eigentlich spuckte sie das Wort aus. »Du hast mich im Krankenhaus zu Tode erschreckt. Und du …«, das galt jetzt Sean, »… mit dem Mist, den du baust, weißt du eigentlich, was ich mir für Sorgen um dich mache, wenn du irgendwo da draußen rumhängst, trinkst und wer weiß was anstellst? – Und das ist jetzt der Dank dafür, dass ich den Karren am Laufen halte, dass ich …Was wollt ihr? Dass ich ihn aufgebe? Ist es das?«
    »Es geht nicht darum, was wir wollen, Mam. Es geht darum, was

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