Jinx und der magische Urwald (German Edition)
Jinx diese Wolke sehen konnte, stand er stocksteif da, obwohl seine Beine wegrennen wollten.
Mit lautem Geschrei packte ein Troll Bergthold um die Taille und hob ihn auf seine Schulter. Die anderen Trolle johlten und vollführten einen Freudentanz. Die Tatze eines Trolls verfehlte nur knapp Jinx’ Nase – er spürte einen Luftzug und roch den widerlichen Troll-Atem. Bergthold schrie und streckte flehend die Arme nach Jinx aus.
Jinx wich zurück zu dem Zauberer. Der Zauberer rührte sich nicht. Jeden Moment rechnete Jinx damit, von den Tatzen des Trolls gepackt zu werden.
Doch die Trolle schienen ihn gar nicht zu sehen.
Laut stampfend verließen sie die Lichtung. Jinx erhaschte einen letzten Blick auf seinen Stiefvater, wie er mit rotem Gesicht schrie. Sein Kopf schlug gegen den Rücken eines Trolls, und sein Hut fiel herunter und rollte davon. Jinx löste sich von dem Zauberer, lief zu dem Hut und hob ihn auf.
Mit dem Hut in der Hand stand er da und sah auf die Tatzenspuren im Moos. Dann schaute er in den Wald, in dem die Trolle mit seinem Stiefvater verschwunden waren. Der Urwald hatte Bergthold verschluckt, als wäre er klein und harmlos wie ein Kaninchen. Der Verwesungsgestank hing noch immer in der Luft.
Und da kam Jinx der Gedanke, dass Bergthold für den Urwald ein Nichts war, oder nur eine Winzigkeit. In diesem großen grünen Meer des Lebens spielte er nicht die geringste Rolle.
Es war, als wäre der Gedanke von den Bäumen selbst gekommen. Nun ja, für sie war Bergthold vielleicht ein Nichts. Sie waren ja auch noch nie von ihm geschlagen worden.
»Wie heißt du, mein Junge?«, fragte der Zauberer sanft.
»Jinx.«
»Und ich heiße Simon«, sagte der Zauberer. »Das war dein Stiefvater, nicht wahr?«
Jinx nickte.
»Hat er dich in den Wald geführt, um dich auszusetzen?«
»Ja«, sagte Jinx. »Unser Haus hat mir gehört, aber es ist abgebrannt. Und sie haben ein neues Baby.«
Da Jinx noch nie Mitgefühl erfahren hatte, erwartete er auch jetzt keines. Doch Simons Reaktion überraschte ihn ein wenig – die Nachricht, dass Jinx ausgesetzt worden war, entlockte dem Zauberer ein Lächeln. Ein kleines blaues zufriedenes Glühen gesellte sich zu dem Lächeln.
Jinx war erleichtert darüber, dass die Gefühle des Zauberers ebenso gut zu sehen waren wie die anderer Leute. Er hatte gelernt, andere Menschen genau zu beobachten und genau hinzuhören.
»Du wirst ihn bestimmt nicht sonderlich vermissen«, sagte der Zauberer.
Jinx schüttelte den Kopf. Ganz bestimmt nicht. Bergthold war für ihn nicht mehr als eine rote Wutwolke, die Schläge versprach. Aber was nun?
»Kommst du von einer der Lichtungen?«, fragte Simon.
Kam nicht jeder daher?
Jinx nickte.
»Wie heißt sie?«
»Wie sie heißt?«
»Hat eure Lichtung keinen Namen?«
»Nicht, dass ich wüsste.« Andere Lichtungen hatten Namen. Jinx hatte noch nie gehört, dass seine Lichtung irgendwie genannt worden wäre.
»Würdest du dorthin zurückfinden?«
Jinx schüttelte den Kopf.
»Ausgezeichnet«, sagte Simon.
Er streckte Jinx eine, lange dünne Hand hin. Jinx hatte noch nie zuvor einen Zauberer gesehen, und jetzt reichte ihm ein Zauberer sogar die Hand.
»Willst du mit mir kommen?«, fragte Simon.
Es hatte angefangen zu schneien. Die Dämmerung setzte ein, und überall um ihn herum hörte Jinx verstohlene Geräusche, wie unterdrücktes Lachen. Der Zauberer hatte Jinx vor den Trollen gerettet. Aber hatte er die Trolle vielleicht selbst gerufen?
»Warum haben die Trolle mich nicht mitgenommen?«, fragte Jinx.
»Sie haben dich nicht gesehen.«
»War das Zauberei?«
»Natürlich. Gehen wir?«
Jinx wusste, dass er, wenn es erst einmal Nacht war, allein im Urwald nicht überleben konnte. Aber Zauberer – Zauberer waren gefährlich.
»Bist du der Knochenmeister?«, fragte Jinx. Der Knochenmeister war der einzige Zauberer, von dem Jinx schon mal gehört hatte. Alle auf Jinx’ Lichtung fürchteten sich vor ihm, obwohl ihn noch nie jemand zu Gesicht bekommen hatte.
»Nein, ich bin nicht der Knochenmeister. Ich bin Simon Magus.«
»Der Knochenmeister saugt den Leuten die Seele mit einem Strohhalm aus«, sagte Jinx. »Machst du das auch?«
»Ich habe ein paar schlechte Angewohnheiten«, sagte Simon. »Aber die gehört nicht dazu.«
»Isst du Menschen?«, fragte Jinx.
»Ganz bestimmt nicht.«
»Bringst du Menschen um?«
»Sehr selten. Und kleine Jungen niemals.«
Die Gedanken des Zauberers waren grün und blau und wieselten
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