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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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Zeit, ehe Felix mit ihr Freundschaft geschlossen hatte   – hatte sie meistens Angst gehabt.
    Wenn die Gas-Männer im Gang stehen blieben und sie musterten, wenn die schwarzen Linsen ihrer Masken die schwache Innenbeleuchtung spiegelten, starrte Molly zurück und zwang ihr Gesicht, selbst zur Maske zu werden. Als ein hochgewachsener, dünner Offizier mit tiefen Ringen unter den Augen innehielt und sie mit Blicken auszog, erwiderte sie tapfer sein Starren und machte ihm auf diese Weise klar, dass sie sich nicht wehrlos fügen würde in das, was sein widerlicher, gieriger Blick ihr androhte. Er verharrte unsicher. Dann kam ein kleiner, gebeugter Gas-Mann den Gang entlang, und er musste ihm Platz machen.
    Der Mann mit dem Geierblick kam nicht wieder, doch der eigenartig verkrümmte Gas-Mann kam plötzlich geduckt auf Molly zu. Er war kaum halb so groß wie die anderen und wirkte beinahe wie ein Kind. Die Versuchung, die Augen zu schließen und sich schlafend zu stellen, war groß, doch Molly wollte sich nicht einschüchtern lassen. Ihre Schulter schmerzte, und die Handschellen lagen ihr eng um die Gelenke, doch sie blieb liegen, wiegte sich mit dem Rumpeln der Dampfmotoren des U-Boots und biss trotzig die Zähne zusammen, während der gebeugte kleine Gas-Mann immer näher kam.

    Eisige Furcht kroch Molly über den Rücken und breitete sich in ihrem Innern aus. Der Gas-Mann, das sah Molly jetzt, hielt sich deshalb so gebeugt, weil er einen Buckel hatte. Er brachte sein Gesicht näher an das Mollys heran. Zu gern hätte sie den Kopf weggedreht. Sein Anblick war scheußlich, doch schlimmer noch war sein Atemgeräusch   – ein feuchtes Saugen, das aus der Maske drang.
    Molly blickte auf ihr Spiegelbild in den käferaugenhaften Linsen der Maske. Kurz zuckte ihr die Erinnerung an den riesigen Gas-Mann durch den Kopf, den Joe getötet hatte, um sie zu retten. Die Kreatur hatte sie, Molly, über Hausdächer und Brücken gejagt und sie anhand ihres Geruchs verfolgt. Als der Gas-Mann stehen geblieben war und seine Maske gehoben hatte, um zu schnüffeln, hatte Molly einen Blick in sein wahres Gesicht werfen können: auf feuchte Lippen, die sich bewegten wie das Maul eines bizarren Meerestiers und dornenartige Zähne umschlossen.
    Molly wusste nicht, ob die Gas-Männer alle gleich aussahen, doch sie fühlte sich befleckt, als der kleine Gas-Mann neben ihr kauerte, denn sie wusste, dass das nasse Schnüffeln aus seiner Maske kam, weil er ihren Geruch genoss. Am liebsten hätte sie sich übergeben. Sie zwang sich, ganz flach zu atmen, und versuchte, die Übelkeit niederzuringen.
    Die bucklige Kreatur hob eine Hand, und Molly erstarrte auf ihrer Koje. Würde er versuchen, sie zu berühren, oder wollte er die Maske abziehen? Panisch, ohne zu wissen, was schlimmer wäre, spannte Molly sich zum Angriff.
    Seine Hand tastete nach dem Rand der Maske.
    Molly verdrehte sich auf der Koje, stemmte den Rücken gegen die Innenwand und zog die Knie an, bereit, kräftig zuzutreten. In diesem Moment wurde das Boot von einem heftigen Stoß getroffen, und Molly wurde in Richtung Bug geschleudert, landete mit dem Gesicht auf der Koje und rutschte auf den Boden, noch immer gefesselt. Lautes Scharren und Scheppern hallte durch das U-Boot, und es kam ruckend zum Stehen.
    Sie hörte den kleinen Gas-Mann gleich hinter sich. Die Maske dämpfte seine feuchten Atemgeräusche nahe an ihrem Ohr. Das ganze Boot knarrte und setzte sich, und ein Zischen fuhr hindurch, nur einleiser Hauch, als würde der Innendruck abgelassen. Molly rutschte über den Boden, presste den Rücken an die Tür zur nächsten Abteilung und schob sich trotz der Behinderung durch ihre Fesseln daran hoch, bis sie stand. Sie starrte auf ihre Koje und stellte fest, dass sie allein war. Der kleine Gas-Mann war verschwunden.
    Als Molly sich auf dem Gang nach irgendetwas umsah, mit dem sie die Lederfesseln um ihre Fußgelenke durchschneiden konnte, begann das U-Boot zu steigen und brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie lehnte sich gegen den gebogenen Rahmen der Schotttür. Als sie begriff, dass das U-Boot nicht auftauchte, sondern gehoben wurde, furchte sie überrascht die Stirn. Es kam ihr gar nicht mehr so vor, als wären sie noch unter Wasser. Während sie versuchte, ihren neuen Aufenthaltsort zu enträtseln, öffnete sich die Luke am anderen Ende des Ganges, und ein fahler, hagerer U-Boot-Fahrer trat hindurch.
    Er wölbte eine Augenbraue und musterte sie mit einer eigentümlichen Mischung

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