Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
asiatischer Abstammung. Für die Medien stand außer Frage, dass in dieser Nacht eine filmreife Schießerei zwischen Polizisten und Gangstern stattgefunden hatte, wahrscheinlich im Zuge verdeckter Ermittlungen von Captain Robert Gaines Millworth und seinen beiden Mitarbeitern.
Am Nachmittag schworen sowohl der Polizeichef als auch der Bürgermeister von Buffalo ihren Bürgern, dass dieser kaltblütige Mord an den besten Polizisten der Stadt nicht ungesühnt bleiben werde – dass man mit allen verfügbaren Mitteln und Unterstützung des FBI die Mörder finden und vor Gericht stellen werde. Mit der Ankündigung der größten Menschenjagd in der Geschichte des westlichen New York schlossen sie sich nahtlos den Superlativen der Boulevardzeitungen an.
Die Schwüre wurden gerade noch rechtzeitig geleistet, um den Weg in die lokalen und überregionalen Abendnachrichten zu finden. Tom Brokaw sagte in seiner Anmoderation bei den NBC Nightly News : »Letzte Nacht kam es in Buffalo, New York, zu einem sehr realen – und äußerst tödlichen – Räuber-und-Gendarm-Spiel, bei dem die endgültige Zahl der Todesopfer möglicherweise noch nicht feststeht.«
Diese Prophezeiung bewahrheitete sich, als die Polizei am Donnerstagabend meldete, man habe am Morgen die Leichen von Captain Millworths Frau und Sohn sowie einen weiteren nicht identifizierten Toten im Haus des Captains in Tonawanda aufgefunden. Ein Mitglied des Stadtrats wurde in den Spätnachrichten mit der Aussage zitiert, es sei unangemessen für einen Captain der Mordkommission des Buffalo Police Department, in Tonawanda zu wohnen. Die Verordnungen und Gepflogenheiten verlangten es, dass alle städtischen Angestellten ihren Lebensmittelpunkt innerhalb von Buffalo ansiedelten. Die Aussagen des Stadtrats wurden von der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert.
Am Freitag, dem zweiten Tag nach den Morden, identifizierten die Behörden den toten Amerikaner asiatischer Abstammung als Mickey Kee, einen der Leibwächter des angeblichen Mafiadons Emilio Gonzaga. Es kamen Gerüchte auf, Detective Brubaker, einer der gefallenen Helden, habe auf der Gehaltsliste der kriminellen Organisation der Farino-Familie gestanden. Polizeichef Podeski ließ am Abend desselben Tages verlauten: »Wie sich auch immer die komplizierten Umstände dieses heimtückischen Verbrechens darstellen mögen, dürfen wir nicht die Augen vor der unendlichen Tapferkeit eines Mannes – Captain Robert Gaines Millworth – verschließen, der sein Leben und das seiner Familie für die Menschen von Erie County und der Niagara-Grenzregion geopfert hat.« Er kündigte an, dass ein Heldenbegräbnis für Captain Millworth geplant sei. Selbst der Präsident der Vereinigten Staaten würde möglicherweise daran teilnehmen.
An diesem Tag wurde Kurtz am linken Bein, an der rechten Lunge und an beiden Armen operiert. Er verschlief all diese Entwicklungen.
Am Samstag, dem dritten Tag, ging Arlene zur Beerdigung ihrer Nachbarin Mrs. Dzwrjsky und brachte den Hinterbliebenen anschließend einen Thunfischauflauf vorbei. In der Buffalo News erschien ein Exklusivbericht, der zur Absage des Präsidentenbesuchs führte: Ein weltberühmter Violinist namens John Wellington Frears hatte Dokumente, Fotografien und Tonbandaufnahmen vorgelegt, die unwiderlegbare Beweise dafür lieferten, dass es sich bei Captain Robert Gaines Millworth um einen Schwindler handelte und die Stadt einen Serienkindermörder ohne jegliche polizeiliche Ausbildung eingestellt hatte. Der Mann hatte unter dem Namen James B. Hansen vor 20 Jahren Frears’ Tochter ermordet. Weiterhin wies Frears nach, dass Millworth/Hansen auf der Gehaltsliste des Verbrecherbosses Emilio Gonzaga stand und es sich bei dem Bahnhofsmassaker nicht um eine offizielle Polizeiaktion gehandelt hatte, sondern um einen komplizierten Bandenkrieg, der völlig aus dem Ruder gelaufen war.
Der Bürgermeister und der Polizeichef versicherten am Samstagnachmittag, dass unverzüglich eine umfassende Untersuchung der Aktivitäten der angeblichen Mafiafamilien Gonzaga und Farino eingeleitet werde.
An diesem Abend war das Bahnhofsmassaker bei ABC, CBS, NBC, Fox und CNN die Topmeldung.
Am Sonntag, vier Tage nach den Morden, berichteten die Buffalo News und zwei lokale Fernsehsender übereinstimmend, dass Mr. John Wellington Frears der Polizei den Mitschnitt eines brisanten Telefonats übergeben hatte. Gesprächspartner waren Angelina Farino Ferrara – eine junge Frau, die erst kürzlich aus Europa
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