Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief
gaben. Und das war so ein Morgen.
Samuel war angezogen und trank Kaffee. »Es gibt auch noch andere als Sara«, sagte Joel. »Und du solltest dich öfter rasieren.«
»Ich weiß«, sagte Samuel. Joel trank ein Glas Milch.
»Wir sollten hier weggehen«, fuhr er fort. »Es gibt auch anderswo Schulen. Und es gibt bestimmt auch Wälder. Wenn du denn nicht anders kannst und dein ganzes Leben lang Bäume fällen willst.«
Samuel sah ihn an. Aber er sagte nichts. »Auf Pitcairn Island gibt es vielleicht auch Wälder«, sagte Joel. »Man könnte ja mal hinschreiben und fragen.« »Schreib du«, sagte Samuel. »Geld für die Briefmarken kriegst du von mir.«
»Dann muss man erst mal wissen, was es kostet«, sagte Joel. »Die Insel ist weit weg.«
Samuel sah bekümmert aus. »Da müssen wir uns bei der Post erkundigen«, sagte er.
Joel hatte eine andere Idee. »Ich wünsch mir eine Briefmarke zu Weihnachten«, sagte er.
»So lange können wir nicht warten«, sagte Samuel und stand auf. Dann legte er einen Fünf-Kronen-Schein auf den Tisch neben die Kerze. »Das muss jedenfalls reichen.« »Bestimmt«, sagte Joel. »So groß kann die Erde ja nicht sein.«
Samuel ging. Joel sah vom Fenster aus, wie er den Rucksack absetzte und das Bett wegtrug. Dann drehte er sich um und winkte. Joel winkte zurück.
Er bereitete sich für die Schule vor. Bald hatten sie Weihnachtsferien. Er überlegte, wie gut oder schlecht sein Zwischenzeugnis ausfallen würde. Nur bei der Zensur in Geografie konnte er ganz sicher sein. Am meisten Kummer machte ihm die Frage, wie Frau Nederström sein Betragen und seine Ordnung beurteilen würde. Da konnte er unangenehme Überraschungen erleben.
Er löschte die Kerze. Sog den Duft ein. Dachte an Mama Jenny. Und an Sonja Mattsson.
Am meisten dachte er an den Windhund.
Dann ging er.
Ausnahmsweise machte er sich rechtzeitig auf den Weg.
Und die Zeit lief weiter …
Weihnachten nahte. Sie hatten Ferien. Widerwillig hatte Joel sich als Hirte verkleidet, als sie sich in der Kirche versammelten und die langweilige Rede vom Oberlehrer anhören mussten.
Hinterher war Joel mit seinem Zwischenzeugnis in der Jackentasche nach Hause gegangen. Es war nicht so schlecht gewesen, wie er befürchtet hatte. Aber es hätte auch besser sein können. Trotzdem wusste er, dass Samuel stolz und froh sein würde. Immerhin gehörte Joel zu den zehn Besten in der Klasse. Und er hatte die beste Zensur in Geografie. Er hatte das Zeugnis mitten auf den Küchentisch gelegt. Dann war er ins Krankenhaus gegangen und hatte Simon besucht. Ihm ging es immer noch schlecht. Aber jetzt hatte der Arzt Joel erzählt, dass Simon sich vielleicht trotzdem wieder erholen würde. Und vielleicht würde er sogar wieder sprechen können.
»Simon sagt nie viel«, hatte Joel gesagt. »Es genügt, wenn er nur ein bisschen sprechen lernt.«
Vor dem Krankenhaus wartete der Windhund auf der Straße. Sie gingen zu Simons Hütte und fütterten die Hunde. Das taten sie jeden Tag. Joel hatte Kringström sagen müssen, dass er eine Weile nicht zum Gitarreüben, Staubwischen und Abwaschen kommen konnte, solange Simon krank war. Kringström hatte davon gehört, was passiert war, und gesagt, Joel könne kommen, wann er wolle.
Vieles hatte sich verändert. Jedes Mal wenn Joel einkaufen ging und Sonja Mattsson ihn bediente, nahm sie sich viel Zeit, um sich mit ihm zu unterhalten.
Das gefiel den dicken Tanten nicht. Aber Sonja sagte, sie könnten ja woanders einkaufen, wenn es ihnen nicht passte, dass sie warten mussten, bis sie an der Reihe waren. Sie hatten ein Geheimnis miteinander. Das ging niemanden anders etwas an.
Samuel hatte nicht wieder angefangen zu trinken. Ganz sicher konnte Joel nie sein, dass er nicht wieder verschwand. Trotzdem war es, als ob Samuel jetzt allen Ernstes darüber nachdachte, von hier wegzugehen. Vielleicht konnte er ja tatsächlich wieder zur See fahren?
Samuel hatte die
Meuterei auf der Bounty
zu Ende gelesen. Und dann hatte er wieder von vorn angefangen. Joel hatte beschlossen, bis auf weiteres mit dem Abhärten aufzuhören. Er wollte nicht wieder mit Schnee im Bett draußen schlafen. Vielleicht später einmal. Es war schließlich noch lange hin bis zum Jahr 2045.
Immer noch glaubte er, er könnte Rock-König werden. Aber er hatte eingesehen, dass es wohl doch länger dauern würde, als er gedacht hatte. Allein das Gitarrespielen-Lernen war anstrengend. Aber es klang schon besser. Er konnte neun Akkorde und die Saiten
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