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Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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bin rausgegangen. Nur eine Weile. Ich finde zurück.
Den Zettel legte er auf den Tisch. Dann öffnete er vorsichtig die Tür und schlich hinaus. Unten saß der glatzköpfige Mann hinterm Tresen und schlief. Die Tür zur Straße stand offen. An der Wand neben dem Tresen hing ein großer Plan von Stockholm. Joel suchte mit dem Finger den Värtahafen. Zu Fuß würde er lange brauchen. Er steckte die Hand in die Hosentasche. Dort hatte er neunzig Kronen. Plötzlich wusste er, was er tun würde. Während Samuel schlief, würde er sich allein den Weg zu dem Hafen suchen, wo die großen Schiffe lagen. Die Frage war nur, mit welchem Bus oder welcher Straßenbahn er dorthin kam.
    Auf dem Tresen stand eine Klingel.
    Ich bin Gast des Hotels, dachte Joel. Wir bezahlen dafür, dass wir hier wohnen.
    Dann schlug er mit der Handfläche auf die Klingel. Aber er schlug viel zu hart. Es schrillte laut. Der schlafende Mann fuhr auf und ließ die Zeitung fallen. Dann sah er Joel ärgerlich an.
    »Willst du etwa die Klingel kaputthauen? Ich sitz doch hier.«
    Joel merkte, dass er selber erschrocken war und rot wurde. Das ärgerte ihn.
    »Ich möchte wissen, wie man zum Värtahafen kommt«, sagte er. »Ich hab erst ganz vorsichtig geklingelt. Da sind Sie nicht aufgewacht.«
    Der glatzköpfige Mann sah ihn misstrauisch an. Er glaubt mir nicht, dachte Joel. Er wird Samuel und mich rauswerfen.
    Aber der Mann hinterm Tresen schien die Klingel schon vergessen zu haben.
    »Nimm die Straßenbahn nach Ropsten«, sagte er. »Vom Stureplatz. Bis zur Endhaltestelle.«
    Das Telefon schrillte. Der Mann hob ab. Joel ging zum Stadtplan an der Wand und suchte nach dem Stureplatz. Bis dahin war es nicht weit.
    Es nieselte, als Joel auf die Straße kam. Aber als er den Stureplatz erreichte, hatte es aufgehört. Er suchte nach der Haltestelle. Die Straßenbahn kam bald. Er bezahlte und suchte sich einen Sitzplatz. An der Endhaltestelle stieg er aus. Und hier war er richtig. Links von einer langen Brücke lag ein Frachter. Die Ladeluken waren geöffnet. Große Baggerschaufeln gruben und zerrten und tauchten mit etwas wieder auf, das von Ruß staubte. Vielleicht war es Kohle. Oder Erz? Joel ging näher heran, damit er den Namen des Schiffes lesen konnte.
M/S Karmas.
    Eine Gangway führte auf die Pier hinunter. An der Reling stand ein Mann und rauchte. Er trug eine Kochmütze. Direkt auf die Pier konnte Joel nicht gehen, denn davor war ein
Zaun.
    Aber das Schiff lag dort.
M/S Karmas.
    Und wartete auf Samuel und ihn.
    Wie lange er dort stand, wusste er nicht. Aber in Gedanken sah er, wie zuerst Samuel und dann er selber die Gangway hinaufging.
    Plötzlich stand jemand neben ihm. Joel zuckte zusammen. Es war ein alter Mann mit langem weißen Haar und einer Pfeife im Mund. Joel sah, dass er am Handgelenk einen Anker tätowiert hatte.
    »Stehst du hier rum und träumst?«, sagte der Mann und lächelte. Er hatte fast keine Zähne. Aber sein Lächeln war freundlich.
    »Ich guck bloß«, sagte Joel.
    »Wahrscheinlich siehst du dich selbst die Gangway raufgehen«, sagte der Mann.
    Joel starrte ihn an. Wie konnte er seine Gedanken lesen? »Den Leuten ist anzusehen, wenn sie Seemann werden wollen«, fuhr der Mann fort. »Einmal hab ich selbst so dagestanden und geträumt. Das ist in Norrköping gewesen.« Er schlug seine Pfeife aus und blinzelte Joel zu. »Hab ich nicht Recht?«
    »Ja.«
    »Wie heißt du?«
    »Joel.«
    »Ich heiße Brunte. Oder Bror Rune Teodor Andersson. Das ist so lang. Deswegen ist Brunte draus geworden. Klingt wie ein Pferdename. Egal. Seemann oder Pferd zu sein, das läuft aufs selbe hinaus, wenn es richtig schlimm kommt.« »Bist du ein Seemann?«, fragte Joel vorsichtig.
    »Bin gewesen«, antwortete Brunte. »Aber vor drei Jahren bin ich an Land geblieben. Nach zweiundvierzig Jahren. Ich dachte, das würde schön werden. Aber es kam nur eine Leere. Deswegen komm ich her und guck mir die Schiffe an. Du stehst da und träumst davon, was kommen wird, und ich träume von dem, was war. Es ist, wie es ist.«
    »Mein Papa ist Seemann«, sagte Joel. »Aber im Augenblick ist er Holzfäller.«
    »Es ist, wie es ist«, wiederholte Brunte.
    »Was muss man machen, wenn man Seemann werden will?«, fragte Joe.
    »Das kann dir dein Papa bestimmt erzählen«, antwortete Brunte.
    »Ich hab keine Lust ihn zu fragen.«
    Brunte nickte nachdenklich. »Es ist, wie es ist. Mit Vätern. Lieber fragt man andere. Aber du musst dir ein Seefahrtsbuch besorgen. Und um das zu

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