Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
bekommen, musst du dich von einem Arzt untersuchen lassen. Wenn du das Buch dann hast, erkundigst du dich bei der Seemannsvermittlung nach einem freien Platz. Ich nehme an, du träumst davon, Kapitän zu werden?« »Ich weiß nicht. Ich will Seemann werden.« Es gurgelte in der Pfeife.
    »Fang damit an. Dann wird man weitersehen. Es ist, wie es ist. Manche wollen runter in den Maschinenraum, andere wollen Steuermann werden. Und einige wollen an Deck arbeiten. Abgesehen von denen, die so schnell wie möglich an Land wollen.«
    Joel prägte sich ein, was Brunte gesagt hatte. Jetzt brauchte er Samuel nicht mehr zu fragen.
    »M/S Karmas«,
sagte Brunte. »An der Flagge kannst du erkennen, dass sie der Grängesbergreederei gehört.« »Woher kommt sie?«, fragte Joel. »Und wo fährt sie hin?«
    »Vielleicht aus England. Oder von Narvik. Und wohin sie fährt? Vielleicht nach Liberia. Oder Belgien.« Joel wusste, dass Narvik in Norwegen lag. Und Belgien war Europa. Aber Liberia? Wo lag das? Er wollte fragen. Aber er wollte sich nicht blamieren. Also ließ er es bleiben. Brunte steckte seine Pfeife in die Tasche und gähnte. »Man wird alt und müde«, sagte er. »Es ist, wie es ist. Und jetzt ist es Zeit für ein Mittagsschläfchen.«
    Er nickte Joel zu und ging. Das weiße Haar flatterte. Joel fiel ein, dass er noch viel mehr hätte fragen wollen. Aber das Wichtigste wusste er jetzt: Was man tun musste, um Seemann zu werden.
    Er blieb noch eine Weile stehen und sah zu, wie die Schaufeln den Laderaum leerten.
    Dann nahm er die Straßenbahn zurück.
    Als er ins Zimmer kam, saß Samuel auf dem Bett und wartete auf ihn.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte er. »Ich hab mir Sorgen gemacht.«
    »Ich hab doch einen Zettel geschrieben«, antwortete Joel. »Und jetzt bin ich wieder da.«
    Er hatte keine Lust, Samuel zu erzählen, was er getrieben hatte. Das sollte eine Überraschung sein, dass Joel alles darüber wusste, wie man Seemann wurde.
    »Ich bin eingeschlafen«, sagte Samuel. »Und ich hab was geträumt. Aber den Traum hab ich vergessen.« Du hast bestimmt von Bäumen geträumt, dachte Joel. Du hast von den Äxten und Sägen geträumt und von all den Bäumen, die du noch nicht gefällt hast. Bestimmt hast du nicht geträumt, dass du die Gangway zu einem Schiff hinaufgehst, das nach Liberia fährt. »Wo liegt Liberia?«, fragte er. »Warum fragst du das?«
    »Vor dem Hotel hat ein Mann gestanden, der sagte, er käme aus Liberia.«
    Samuel sah ihn zweifelnd an.
    »Hast du mit einem schwarzen Mann geredet? Konnte er denn Schwedisch?«
    Im selben Augenblick fiel es Joel wieder ein. Wie hatte er das vergessen können? Er war doch immer der Beste in Geografie gewesen. Wie hatte er vergessen können, dass Liberia in Afrika lag?
    »Vielleicht war er auch aus dem Libanon«, sagte er. »Oder Linköping. Er hat so undeutlich gesprochen.« »Was wollte er denn?«
    »Eine
Zeitung
verkaufen. Eine Weihnachtszeitung.« »Mitten im Sommer?«
    Joel wurde klar, dass er sich in ganz unnötige Lügen verwickelt hatte. Da musste er so schnell wie möglich wieder rauskommen.
    »Sie war vom letzten Jahr. Und sie war billig. Aber ich hab sie nicht gekauft.«
    Samuel schüttelte den Kopf.
    »Jetzt gehen wir Mittag essen«, sagte er und stand auf. »Und hinterher könnten wir ins Kino gehen, hab ich gedacht.« Joel war erstaunt. So was war noch nie passiert. Dass Samuel vorschlug, zusammen ins Kino zu gehen. Samuel ging überhaupt nie ins Kino. »Warum?«, fragte Joel.
    »Das ist doch mal was anderes, jetzt, wo wir in Stockholm sind.«
    »Ich hab gedacht, wir sind hier, um nach Mama Jenny zu suchen. Und um uns Schiffe anzugucken.«
    »Damit warten wir bis morgen«, sagte Samuel. »Ich glaube, ich würde es nicht aushaken, wenn wir zufällig mit Jenny zusammentreffen. Erst morgen.«
    Joel verstand. Samuel hatte Angst. Er wollte es nicht verschieben, weil er faul war. Er hatte wirklich Angst vor dem Wiedersehen mit Mama Jenny.
    »Wir warten bis morgen«, sagte Joel.
    Sie aßen in derselben Bierstube, in der sie schon einmal gegessen hatten. Dann spazierten sie eine breite Straße entlang, in der es viele Kinos gab. Joel ließ Samuel aussuchen. »Von Kirk Douglas hat man ja schon mal was gehört«, sagte Samuel. »Der Film ist bestimmt gut.«
    Joel fand den Film schlecht. Es passierte nichts. Die Schauspieler gingen nur herum und redeten. Ihm fiel es schwer, sich zu konzentrieren. Er meinte, sich selbst auf der Lein wand zu sehen. Wie er eine Gangway

Weitere Kostenlose Bücher