John Corey 03 - Nachtflug
hinzu: »Eine kinetische Rakete wäre die ideale Waffe, wenn man ein Flugzeug aus dem Verkehr ziehen will, ohne Spuren zu hinterlassen. Das Gerät für geheime Kommandounternehmen.«
Ich dachte über all das nach und fragte mich, ob Captain Spruck recht oder unrecht hatte, ob er womöglich die einzig mögliche Erklärung gefunden hatte, die zu seinen wie auch den Aussagen der anderen Augenzeugen passte.
»Warum hat das FBI diese Möglichkeit nicht einmal in Betracht gezogen.«
»Ich weiß es nicht. Fragen Sie sie.«
Ja, richtig. »Sie glauben also, dass irgendwo da draußen eine Rakete liegt?« sagte ich zu Captain Spruck.
Er erwiderte: »Ich schoss einen Pfeil in die Luft, doch wo er fiel, das weiß ich nicht.«
»Heißt das ja?«
»Ich glaube, dass die Überreste einer halbwegs intakten kinetischen Rakete am Meeresboden liegen. Sie war vermutlich etwa dreieinhalb Meter lang, schmal und wahrscheinlich schwarz gestrichen. Sie liegt meilenweit von dem Trümmerfeld entfernt, das die Navy- und FBI-Taucher abgekämmt haben und wo die Schwimmbagger eingesetzt waren. Und niemand sucht nach dieser Rakete, weil man nicht glaubt, dass sie existiert, und selbst wenn man das täte, wäre es so, als ob man die sprichwörtliche Stecknadel im Heuhaufen sucht.«
»Wie groß ist der Heuhaufen?«
»Der Flugbahn der Rakete nach zu schätzen, nachdem sie das Flugzeug durchschlagen hat, könnten da gut und gern hundert Quadratmeilen Meeresboden in Frage kommen.« Und er fügte hinzu: »Soweit wir wissen, könnte sie bis Fire Island geflogen sein und sich dort tief in den Sand gebohrt haben. Das Loch würde niemand auffallen, und Sand hat es längst wieder aufgefüllt.«
»Nun ja ... selbst wenn dem so wäre, würde niemand eine zig Millionen Dollar teure Suchaktion nach dem Ding auf die Beine stellen.«
Captain Spruck, der offensichtlich auch darüber nachgedacht hatte, erwiderte: »Ich glaube schon, wenn die Regierung davon überzeugt wäre, dass diese Rakete existiert.«
»Naja, das ist ja der Haken dabei, nicht wahr? Ich meine, es ist fünf Jahre her, der Fall ist abgeschlossen, im Weißen Haus sitzt ein neuer Mann und das Geld ist knapp. Aber ich werde mal mit meinem Wahlkreisabgeordneten reden, wenn ich rausfinde, wo er steckt.«
Captain Spruck überhörte meine flapsigen Sprüche.
»Glauben Sie an diese Erklärung?« fragte er mich.
»Äh ... ja, aber darauf kommt es nicht an. Der Fall ist abgeschlossen, und auch mit einer noch so tollen Theorie wird man ihn nicht wieder aufrollen. Man brauchte einen handfesten Beweis, damit man die Taucher und die Schwimmbagger wieder da rauskriegt.“
»Ich habe keine Beweise, abgesehen von dem, was ich mit eigenen Augen gesehen habe.«
»Richtig.« Captain Spruck, Offizier im Ruhestand, hat möglicherweise zu viel Zeit, dachte ich. »Sind Sie verheiratet?«
»Jawohl.«
»Was hält Ihre Frau davon?«
»Sie ist der Meinung, dass ich alles getan habe, was ich konnte. Wissen Sie, wie frustrierend das ist?« fragte er mich.
»Nein, sagen Sie's mir.«
»Wenn Sie das gesehen haben, was ich gesehen habe, würden Sie's verstehen.«
»Vermutlich. Wissen Sie, ich glaube, die meisten Leute, die das gleiche gesehen haben wie Sie, haben einfach weitergelebt wie bisher.«
»Nichts wäre mir lieber. Aber diese Sache macht mir schwer zu schaffen.«
»Captain, ich glaube, dass Sie diese Sache zu persönlich nehmen und dass Sie sauer sind, weil Sie ziemlich von sich eingenommen sind, und zum ersten Mal in Ihrem Leben nimmt Sie niemand ernst.«
Captain Spruck ging nicht darauf ein.
Ich warf einen Blick auf meine Uhr und sagte: »Na denn, danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um mit mir zu sprechen. Darf ich Sie anrufen, wenn mir noch etwas einfällt oder wenn ich noch eine Frage habe?«
»Ja.«
»Übrigens, kennen Sie diese Gruppe, die sich FIRO nennt?«
»Selbstverständlich.«
»Gehören Sie dazu?«
»Nein.«
»Warum nicht?“
»Man hat mich nicht gefragt.«
»Warum nicht?«
»Ich habe es Ihnen doch erklärt - ich bin niemals an die Öffentlichkeit gegangen. Wenn ja, hätte ich sie alle am Hals.«
»Wen?«
»Die FIRO und das FBI.«
»Bestimmt.«
»Aber mir geht es nicht um öffentliches Aufsehen, Mr. Corey. Mir geht es um die Wahrheit. Um Gerechtigkeit. Ich nehme an, Ihnen auch.«
»Tja ... Wahrheit und Gerechtigkeit sind ja gut und schön. Aber schwerer zu finden als eine Rakete am Grunde des Ozeans.«
Er erwiderte nichts, deshalb fragte ich ihn pro forma:
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