John Puller 01 - Zero Day
Feinde. Er hatte Freunde. Und seine Kumpel im Motorrad-Club.«
»Wo hat er gearbeitet?«, erkundigte sich Puller.
»Er … ähm … er war zurzeit arbeitslos«, lautete Strauss’ Auskunft.
»Und wo hat er zuletzt gearbeitet?«
»Es gibt wenig Arbeit in Drake.«
»Immerhin gibt es die Firma Trent«, stellte Puller fest. »Und Sie sind der Geschäftsführer.«
»Ja, sicher, schon richtig. Aber Dickie wollte nicht bei Trent arbeiten.«
»Warum nicht?«
»Er hatte einfach kein Interesse.«
»Also haben Sie ihn durchgebracht?«, fragte Puller.
»Was?«, meinte Strauss zerstreut. »Ja, das heißt, ich habe ihm dann und wann Geld gegeben. Und er hat zu Hause gewohnt. Er war unser einziges Kind. Vielleicht haben wir ihn zu sehr verwöhnt.« Er verstummte, schnappte kurzatmig nach Luft und saugte damit noch mehr Nikotin in seine Lunge. »Aber er hatte es nicht verdient, ermordet zu werden.«
»Selbstverständlich nicht«, bestätigte ihm Cole.
»Wenn er hier gewohnt hat«, sagte Puller, »müssen wir bei Gelegenheit sein Zimmer durchsuchen.«
»Aber diese Nacht nicht mehr«, ergänzte Cole seine Ankündigung.
»Er hat mir erzählt, weshalb er von der Armee rausgeworfen wurde.« Pullers Bemerkung trug ihm einen scharfen Blick von Strauss ein.
»Es war eine unglückliche Geschichte«, nuschelte Strauss.
»Sein Schwulsein oder der Rauswurf?«, fragte Puller.
»Beides«, antwortete Strauss unumwunden. »Ich bin kein Schwulenhasser, Agent Puller. Vielleicht denken Sie, in einem so kleinen Ort kann es keinen aufgeschlossenen Menschen geben, aber ich hatte meinen Sohn lieb.«
»Ich glaube Ihnen«, versicherte Puller. »Dickie war ein guter Mann. Er wollte das Richtige tun.«
»Was meinen Sie damit?«
»Er hat bei den Ermittlungen geholfen«, sagte Cole.
»Dickie? Wie denn?«
»Indem er uns behilflich war.«
»Halten Sie es für möglich, dass er deswegen ermordet wurde?«
»Ich weiß es nicht.«
»Mein Gott«, entfuhr es Strauss. »Innerhalb weniger Tage so viele Morde in Drake … Sehen Sie zwischen den Taten einen Zusammenhang?«
»Ja«, bekannte Cole.
»Inwiefern?«
»Dazu darf ich mich nicht äußern.«
Puller musterte Strauss und überlegte, ob er die Unterhaltung mit einem neuen Ansatz weiterführen sollte. Schließlich dachte er sich, dass die verbleibende Frist zu kurz war, um zu zaudern. »Haben Sie bezüglich der Sprenggenehmigung etwas in Erfahrung gebracht?«
»Ich habe das zuständige Büro angerufen«, antwortete Strauss geistesabwesend. »Man hat die Sache überprüft. Der für die Sprengungen verantwortliche Vorarbeiter hatte die Sondererlaubnis beantragt und erhalten. Was die Information für die Öffentlichkeit betrifft, gab es allerdings eine Panne. Die Benachrichtigung ist zu spät abgegangen. Weil der Vorarbeiter nichts davon wusste, hat er trotzdem sprengen lassen. So was passiert nicht oft, aber es kommt vor.«
»Wer hat den Zeitpunkt der Sprengungen gekannt?«
»Ich. Der Vorarbeiter. Und jede Menge Mitarbeiter der Firma.«
»Auch Roger Trent?«, fragte Puller.
»Mit Sicherheit kann ich es nicht sagen, aber falls er sich dafür interessiert hat, konnte er es leicht erfahren.«
Cole stand auf und reichte Strauss ihre Visitenkarte. »Sollte Ihnen noch etwas einfallen, rufen Sie mich bitte an. Es tut mir außerordentlich leid um Ihren Sohn.«
Angesichts der plötzlichen Beendigung des Gesprächs wirkte Strauss ein wenig verwirrt; dann aber stemmte er sich auf wackeligen Beinen von der Couch hoch. »Vielen Dank, Sergeant Cole.«
Puller erhob sich zuletzt. Er trat dicht an Strauss heran. »Es sind viele Menschen zu Tode gekommen, Mr. Strauss. Wir möchten keine weiteren Leichen haben.«
»Natürlich nicht.« Strauss’ Gesicht lief rot an. »Sie wollen doch nicht andeuten, ich könnte …?«
»Ich deute überhaupt nichts an.«
»Sie glauben, er lügt, nicht wahr?«, fragte Cole, als sie und Puller zum Auto gingen.
»Ich glaube, er weiß mehr, als er uns erzählen will.«
»Er soll Beihilfe zur Ermordung des eigenen Sohnes geleistet haben? Ich hatte den Eindruck, der Mann war fix und fertig.«
»Vielleicht wollte er nicht, dass sein Sohn in die Ereignisse hineingezogen wird.«
Sie stiegen in den Wagen, und Puller fuhr los. Cole blickte durchs Heckfenster auf Strauss’ Anwesen. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, ein Kind zu verlieren.«
»In Wahrheit kann jeder es sich vorstellen. Nur will niemand es erleben.«
»Haben Sie mal mit Heiraten
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