John Sincalir - 0969 - Mandragoros Geschöpf (1 of 3)
den größten in Europa. Sie hatte ein niederländisches Management, aber die Führungsschicht darunter stammte aus allen Ländern Europas.
Junge, engagierte Leute, die allerdings auch hart arbeiten mußten.
Marion Kline hatte das getan. Deshalb war sie seit zwei Jahren nicht mehr bei ihren Eltern gewesen.
Natürlich hatte sie telefoniert oder mal eine Karte geschrieben, so waren die alten Klines stets darüber informiert, wie es Marion erging.
Und sie waren froh darüber, daß ihre Tochter Karriere machte, denn sie waren auf der Scholle geblieben. Melvin Kline war inzwischen in Rente gegangen. Der Schlachthof, bei dem er beschäftigt gewesen war, hatte für immer geschlossen.
Marions Mutter arbeitete noch in einer großen Gärtnerei und hatte es dort bis zur Stellvertreterin des Filialleiters gebracht. So ging es den beiden gut.
Daß sich die Gegend verändert hatte, in der ihr Elternhaus stand, wußte Marion ebenfalls. Es war immer mehr gebaut worden, allerdings nicht zu weit in die Natur hinein, sondern mehr zur Stadt hin.
Da standen die hohen Häuser, die zahlreichen Mietern Wohnraum boten.
Marion sah sie nicht sofort auf ihrer Heimfahrt, denn es dunkelte bereits, und das Zwielicht umschloß die Welt mit seinen grauen, leicht unheimlich wirkenden Schatten.
Die Frau lächelte am Lenkrad ihres BMW. Sie freute sich auf die Heimkehr, auf eine Woche Urlaub. Sie wollte sich verwöhnen lassen, lange schlafen, Spazierengehen. Das hatte ihr der Vater alles versprochen, denn er hatte ja Zeit.
Sie hatte das Kostüm aus- und eine bequeme Hose angezogen. Dazu trug sie ein helles T-Shirt und eine sportliche Jacke aus dünnem Stoff. Sie hörte im Radio die Melodien und hatte den Sender eingestellt, den sie seit ihrer Jugend kannte.
Er brachte immer noch die beste Musik und zauberte ein Lächeln auf die Lippen der Fahrerin immer dann, wenn sie die Melodien einmal nicht mitsummte.
Natürlich war sie von den Eltern immer wieder nach einem Freund oder einer festeren Beziehung gefragt worden. Die hatte es wohl gegeben, aber nie für längere Zeit. Der Job war ihr stets dazwischengekommen, was ihre Eltern nur bedingt verstehen konnten.
Es war ihr alles so bekannt. Der Weg nach Hause. Vor sieben Jahren war sie ihn auch mit dem ersten Wagen gefahren, einem kleinen Fiat, der nur wenige Monate noch gehalten hatte. Aber sie hatte sich damals wie ein Kind gefreut, als ihr Vater ihr das Fahrzeug kaufte. Da war sie herumgetanzt als wären Weihnachten, Neujahr und ihr Geburtstag auf ein Datum gefallen.
Sie rollte über die schmalen Straßen. Oft genug wurde sie von hohen Bäumen begleitet. Schlanke und ranke Pappeln, die zugleich einen Bachlauf säumten.
Alles war noch wie früher. So wunderschön heimatlich, und Marion ärgerte sich schon ein wenig über die Verspätung. In der Londoner Zentrale hatte man sie aufgehalten, denn normalerweise wäre sie schon vier Stunden früher am Ziel gewesen.
Aber ihre Eltern wußten Bescheid. Marion hatte sie von ihrem Handy aus angerufen. Für eine Woche hatte sie sich ausgeklinkt. Keine Firma mehr, keine Verhandlungen, kein Streß.
Bis es wieder rundging, hatte sie sicherlich einige Pfunde zugenommen. Schließlich kannte sie das Essen ihrer Mutter, und sie konnte sich auch kaum vorstellen, daß ihre Kochkünste schlechter geworden waren. Da vergaß jeder seine Diät.
Die Reifen des Wagens sangen auf dem Asphalt. Marion kannte die Musik und mochte sie auch.
Das Lied der Straße war ihr bekannt, aber nicht immer hatte sie freie Fahrt gehabt, ansonsten aber war ihr Leben stets gradlinig verlaufen, und es war immer bergauf mit ihr gegangen.
An einer Kreuzung mußte sie halten und den Gegenverkehr vorbeilassen. Ihrer Meinung nach war er stärker geworden, kein Wunder, denn es lebten mehr Menschen in der Nähe, und natürlich war beinahe jeder mobil. Ein Bus rollte an ihr vorbei. Sie dachte daran, daß sie früher auch schon damit gefahren war und lächelte ihm nach.
Nun überquerte sie die Kreuzung und fuhr geradeaus weiter. Hinein in einen Weg, der zum Ort und auch zum Haus ihrer Eltern führte. Allerdings änderte sich die Beschaffenheit des Bodens, denn die breite Querstraße bildete praktisch die Grenze zu einem Feuchtgelände, das in ihrer Kindheit noch ein richtiger Sumpf gewesen war.
Getan hatte man am Straßenbelag nichts. Er war an vielen Stellen aufgerissen, übersät mit Schlaglöchern und Querrillen. Das alles strapazierte die Stoßdämpfer ihres Autos. Marion hatte längst
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