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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03 Der Fluss der Seelen
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Binsen gerichtet, und halten die Netze solange zusammen, wie sie können. Und während die Magier die Netze zu vernichten suchen, dringt Herns Heer auf sie ein. »Schneidet ihnen die Röcke ab!«, brüllen sie dabei.
    Am ersten Tag verloren wir außer dem großen Netz vier kleine. Hern und seine Leute wurden auf den fünften Sims zurückgedrängt. Heute ist es schlimmer. Sie stehen auf dem vorletzten Sims unter mir. Die Frauen sind in die Schlacht gezogen. Onkel Falk hockt an der Kante der Wiese und versucht zuzuschauen. Er sorgt sich um Tante Zara, der alte Narr. Gestern Abend wurde der arme Onkel Falk heraufgebracht. Er zitterte am ganzen Leib.
    »Diese Magier sind mir einfach zu viel«, sagte er. »Letzten Winter hatte ich schon genug von ihnen. Ich bleibe hier bei dir und bin dein letzter Beschützer, Binsensüß, zusammen mit Jay.« Ich lasse ihn mit der Sonne im Rücken vor mir stehen. Ich möchte nicht noch einmal seinen Schatten mit dem meines Großvaters verwechseln.
    Robin ist soeben in den Kampf gezogen. Ihre Krankenschwestern hat sie mitgenommen. Tanamil wartet an der dampfenden Quelle, um mich mit einem Flötenlied zum Einen zu tragen. Wir sind beide der Ansicht, dass ich den Mantel am Strombett zusammennähen muss. Tanamil sagt, so viel Zeit würde uns bleiben. Die Zeit vergeht hier nur langsam. Ich habe Nadeln und Faden in meinen Wollmantel gepackt und mit dem Weben weitergemacht. Ich bin noch nicht fertig. Ich habe die Rolle mit dem eigentümlichen Garn noch nicht benutzt. Ich blickte hinaus, aber alles, was ich sehe, ist die Schwindel erregende blaue Landschaft unter mir. Das Geräusch des Kampfes ist schrecklich, und so nahe.
    Tante Zara ist zurück nach oben geführt worden. Sie lacht wie eine Irre. Sie hat einem Magier die Kehle aufgeschlitzt. Ich wusste doch, dass sie ihnen gewachsen sein würde. Sie ist so aufgeregt und entsetzt und zufrieden zugleich, dass sie zum ersten Mal seit sechs Monaten ein Wort an mich gerichtet hat.
    »Mittendrein mit dem Fleischermesser!«, ruft sie. »Ich wartete und ich zielte, und ich hab ihn genau getroffen. Hab ihm die Kehle aufgeschlitzt, als wär sie ‘ne Apfelschale! Und weißt du was, er war drinnen verwest. Schwarz und verwest! Stell dir das nur vor, Tanaqui!«
    »Tante Zara, du bist einfach wunderbar«, sagte ich. Ja, wirklich. Ich könnte sie küssen, obwohl ich genau weiß, dass ich sie schon morgen wieder verabscheuen werde.
    Der Schatten des Einen fiel über meinen Webstuhl, während ich den letzten Satz webte. Es ist eigentlich kein richtiger Schatten, sondern mehr ein Umriss aus grünlichem Licht, mit dem gesenkten Kopf und der Nase, die ich so gut kenne. Aus dem Augenwinkel sah ich Tanamil niederknien und mit dem Kopf den Boden berühren. Das hätte mir gezeigt, wer da kam, selbst wenn Entchen nicht in diesem Moment über den Rand der Wiese geklettert wäre. Was Entchen sieht, kann ich gar nicht sagen, doch er beschirmt seine Augen, als blicke er in ein grelles Licht, und er sieht aus, als hätte auch er den Tod durchlitten, wie ein Magier.
    Während Entchen ihn anstarrt, hat mein Großvater eine Vision in meinen Kopf gelegt. »Webe dies, Enkeltochter«, scheint er zu sagen, »und benutze das Garn, das ich dir gab. Es hat Cenblith gehört.«
    Ich sah den Schatten des Einen, Adon Amils, Orethans des Ungebundenen, in seiner dampfigen Höhle sich erheben, durch die Erde, durch Felsen und durch Wolken, bis er uns turmhoch überragte und wie ein Berg vor uns stand. Er packte die Kante der Wiese und zog sie sich um die Schultern, wie ich mir einen Wollmantel um die Schultern legen würde. Er kleidete sich in die Wiese und in das ganze Land, das tiefer lag. Und wie Krümel aus einem Mantel fallen, wenn man ihn hochhebt, so stürzten die Wasserfälle, der See und die grünen Täler aus dem Land und wurden zum Meer gewirbelt. Und da das Land unter ihnen bebte und sich umwälzte und in Trümmer fiel, wurden Kankredin und seine Magier hilflos umgestoßen und torkelten umher, bis die aufgewühlte Erde sie zu Staub zerrieb, verstreute und begrub. Danach wurde der Strom gebändigt und zerteilt, bis er nur noch als Rinnsal floss, aus dem schnell tausend Rinnsale wurden, genauso viele, wie meine Webarbeit Fäden hat. Und das Land nahm eine neue Gestalt an. Erst da war mein Großvater zufrieden.
    Diese Vision habe ich mit Cenbliths Faden eingewoben und weiß, dass sie Wirklichkeit sein wird. Ich dachte, meine Vision würde Monate andauern, doch als sie vorüber war,

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