Jordan, Penny
vorsorglich aus der Hörweite der anderen gezogen. Sophie war wie Hunderttausende von Teenagern mit Jeans und einem dünnen T-Shirt bekleidet und hatte eine Tragetasche aus Papier neben sich auf den Boden gestellt. Trotzig sah sie Miles an, und er merkte, dass sie Angst hatte.
Umso besser, dachte er, das erleichtert mir die Aufgabe.
„Wir können hier nicht reden“, sagte er ruhig. „Kommen Sie mit.“ Er spürte, wie sich ihre Muskeln unter seinen Fingern spannten. „Das trage ich.“
Er wollte ihr die Tasche abnehmen, doch Sophie riss sie an sich. Also stimmt es doch, dachte Miles müde. Er hatte gehofft …
„Wer sind Sie, und was wollen Sie?“, fragte Sophie.
„Ich bin ein Freund Ihrer Eltern“, antwortete er. „Und ich möchte verhindern, dass Sie verhaftet werden.“
Sie öffnete den Mund, hatte sich aber schnell wieder in der Gewalt.
„Weswegen?“, fragte sie. „Weil ich jung bin?“
„Nein – wegen Rauschgiftschmuggels.“ Miles beobachtete sie genau.
„Davon weiß doch niemand …“
„O doch. Ich weiß es, und die Polizei weiß es ebenfalls. Weshalb wäre ich sonst hier?“
Mit finsterer Miene dachte Sophie über seine Worte nach und erklärte bitter: „Ich glaube Ihnen nicht. Weshalb hatte mich die Polizei in das Flugzeug steigen lassen, wenn sie tatsächlich glaubte, dass ich Rauschgift schmuggele?“
„Weil sie in London gleichzeitig Ihren Kontaktmann verhaften möchte“, erklärte Miles trocken. Am liebsten hätte er das junge Mädchen gründlich durchgeschüttelt. War Sophie sich eigentlich darüber klar, was sie tat? Nein, offensichtlich nicht.
Sie war ein verwöhntes und verhätscheltes junges Ding, das ihrer Familie auf die ihr bestmögliche Weise die Stirn bieten wollte und mit einem Schlag sowohl die Karriere des Vaters als auch den Seelenfrieden ihrer Stiefmutter zerstören konnte.
„Ihren Freund haben sie schon geschnappt“, fügte Miles grob hinzu und sah, dass sie blass wurde.
„Joachim? Niemals – der ist viel zu klug …“
„Glauben Sie das wirklich? Er liebt Sie nicht, Sophie, er hat Sie nur benutzt, wie er benutzt worden ist. Rauschgiftschmuggel mag für Sie ein aufregendes, gefährliches Abenteuer sein. Anderen geht es schlicht und einfach um Geld. Nehmen Sie den Stoff auch?“
Sie schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. „Halten Sie mich für so blöd?“
„Obwohl Sie wissen, wie schädlich und gefährlich Rauschgift ist, waren Sie bereit, es ins Land zu schmuggeln?“
Sophie ist doch nicht ganz gefühllos, stellte Miles fest. Sie zuckte bei seinen Worten zusammen und sah ihn einen Moment schmerzlich an.
„Haben Sie schon einmal jemand an einer Überdosis Rauschgift sterben sehen?“, fragte er unbarmherzig. „Im Gegensatz zu dem, was Sie vielleicht glauben, ist es kein leichter Tod. Jeder, der zu solch einem Tod beiträgt, sollte meiner Ansicht nach so hart wie möglich bestraft werden. Glauben Sie ja nicht, dass ich Ihretwegen hergekommen bin. Gewiss nicht.“
Sophie war am Ende ihrer Kräfte. Sie wirkte verschreckt und ganz elend. Einen Moment hatte Miles Mitleid mit ihr. Sie war noch so jung und durch Männer in diese schlimme Sache hineingezogen worden, die zynisch und erfahren genug waren, die Aufsässigkeit von Teenagern auszunutzen.
„Sie können mich nicht daran hindern, in die Maschine nach London zu steigen“, erklärte Sophie.
„Nein. Ebenso wenig kann ich die französische oder die englische Polizei davon abhalten, Sie zu verhaften“, stimmte er ihr zu. „Niemand mag Rauschgiftdealer … Sie werden es im Gefängnis nicht leicht haben.“
„Gefängnis …“ Miles merkte, dass Sophie an diese Möglichkeit noch gar nicht gedacht hatte, und atmete innerlich auf. Sie war doch nicht so abgebrüht, wie er befürchtet hatte.
Am Ende überzeugte Miles sie von seinem Plan, den Flughafen gemeinsam mit ihm zu verlassen. Er fuhr mit ihr in die Stadt und nahm ein Zimmer in einem ruhigen, abseits gelegenen Hotel. Dort übergab sie ihm das belastende Päckchen, und er vernichtete mit verächtlicher Miene den Inhalt.
Anschließend kaufte er ihr etwas zum Anziehen, das besser zu der Tochter eines Kabinettministers passte als die verschlissene Jeans und das T-Shirt. Nachdem Sophie sich widerstrebend umgezogen hatte, fuhren sie mit einem Taxi zum Flughafen zurück.
Glücklicherweise bekamen sie noch zwei Plätze für den nächsten Flug von British Airways nach London. Sophie zappelte ungeduldig neben ihm, und Miles ahnte, dass
Weitere Kostenlose Bücher