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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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was du mir hier als Dessert auftischen willst, Gonzo?«
    »Ja, das kann ich, aber nicht hier. Ist eh der Hammer, dass ich mich hier rumtreibe, wo mich spätestens morgen jeder Bulle im Freistaat auf dem Schirm hat.«
    »Ich sag‘s ja: Recherche zu Fuß bringt‘s, Gonzo. Per Telefon hättest du mich erst morgen ab zehn in der Redaktion erreicht«, grinste Mobilfunkmuffel Weißhaupt, der trotz seines Geschimpfes auf den Zeitungsturm am Rande der Stadt auch nach seiner Pensionierung noch immer als Berater der Chefredaktion jeden Tag ebendort aufkreuzte. »Los jetzt, Kurt, jetzt lass den Deckel anschreiben und nichts wie raus hier.«
    Barmann Marek sah die beiden noch durch den dunkelgrün gekachelten Seitenausgang verschwinden, zu dem es durch die Schwingtür direkt neben Weißhaupts Stammplatz ging, dann schrieb er das Pils und das Essen auf den weißen Untersetzer mit dem Schumann‘s-Schriftzug und hängte ihn zu den anderen an den Nagel neben der Kasse. Monatlich einmal wurden Weißhaupts gesammelte Deckel zu einer Rechnung zusammengefasst und diese an den Verlag gesandt. Auch wenn Weißhaupt von Herzen gerne über seinen ehemaligen Arbeitgeber schimpfte, diese »freiwillige Sozialleistung« hatte er in die Pensionärszeit herübergerettet.
    Im kleinen Franziskanerkloster St. Anton oberhalb Partenkirchens löschte Abt Gregorius das Licht in seinem Zimmer und kniete sich vor sein schmales Bett. Die Ellenbogen auf der Matratze aufgestützt, faltete er die Hände und legte seinen Kopf mit der Stirn auf die beiden übergeschlagenen Daumen. Er betete für die Seele des jungen Paters Engelbert, der nur für sehr kurze Zeit sein Mitbruder gewesen war. Abt Gregorius war wieder allein im Kloster. Morgen würden sie kommen mit ihren Fragen und bald darauf mit ihren Verdächtigungen.
    Es war seine Aufgabe, Pater Engelbert, das Kloster und den Orden zu schützen. Und es gab die Aufgabe, die er sein ganzes Leben lang schon zu erfüllen gehabt hatte.
    »Du musst dich dort wieder blicken lassen. Und zwar bald.«
    Kurt Weißhaupt vermied zu sagen: »Du wirst dich stellen müssen.«
    »Ich hab da eine Story, die ich recherchieren will«, entgegnete Hartinger. Sein ehemaliger Chef und er gingen die Sendlinger Straße in Richtung des gleichnamigen ehemaligen Stadttors, um dort links in das Glockenbachviertel abzubiegen, wo Weißhaupts Stadtwohnung lag.
    »Das Problem ist, dass du mitten in dieser Story drinsteckst. Und zwar tiefer, als dir bewusst ist. Die Meldung, die wir gerade online gestellt haben, lesen nicht nur unsere geschätzten Leser, sondern auch die lieben Kollegen und die Vertreter der Staatsmacht. Die wissen jetzt, dass wir zumindest in Kontakt stehen. Wahrscheinlich stehen sie jetzt schon bei mir vor der Tür. Und wenn nicht, dann morgen früh um sieben.«
    In der Hans-Sachs-Straße, in der Weißhaupt wohnte, patrouillierte tatsächlich ein Streifenwagen, aber dessen Besatzung tat nur ihren Routinejob in einem Viertel, das immer noch von Schwulenbars und Szenekneipen geprägt war. Die billigen Mieten der Altbauwohnungen hatten das ehemalige Münchner Stadtviertel Nummer elf seit den Achtzigerjahren mit Künstlern und Lebemenschen angefüllt. Das Glockenbachviertel war »in« geworden, und Medienschaffende und Unternehmensberater waren schließlich ein – und die Mieten hatten um das Vierfache angezogen. Nun riefen die neuen Bewohner in den mittlerweile luxussanierten Altbauwohnungen immer öfter die Polizei, wenn sie die »Hipness«, die sie ursprünglich hergelockt hatte, in ihrer Nachtruhe störte.
    »Du kannst heute Nacht im Gästezimmer übernachten, aber schau, dass du morgen um fünf draußen bist«, empfahl Weißhaupt.
    Hartinger nahm das Angebot dankbar an. Es blieb ihm auch nichts anderes übrig.
    Gerade im verbliebenen kleinen Stadtbüro der Zeitung, deren Redaktionen jetzt in dem modernen Büroturm residierten, war in ihm die große Sehnsucht nach seinem alten Polizeireporterleben aufgekommen. Ungewöhnlich für einen pensionierten Lokalchef, aber sehr gewöhnlich für einen wie ihn, hatte Weißhaupt einen Schlüssel zu dem versteckt gelegenen »SZ-Servicezentrum« in der Fürstenfelder Straße, und mit seinem Passwort hatte er Hartinger Zugang zum Redaktionssystem ermöglicht. Hartinger hatte die Story über den toten Mönch innerhalb einer Viertelstunde runtergetippt, und in diesen fünfzehn Minuten war er wieder ganz der Alte gewesen.
    Ob das eine schlaue Idee gewesen war, sich der Garmischer Polizei zu

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