Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
Vom Netzwerk:
Hammel im Werte von anderthalb Sekel und für den Rest ein Lamm seiner Herde. Das alles wird er dir zahlen für deine fünf Kur Saatkorn anstatt fünf Sekel und überdies viel freundliche Blicke und erheiternde Reden, so daß du einen angenehmen Umgang hast mit deinem Käufer. Willst du ihm aber schlechtere Preise machen, so sieh dich vor! Denn dann werde ich unter dein Vieh fahren und es schlagen mit allerlei Pestilenz und werde schlagen dein Weib mit Unfruchtbarkeit und deine schon vorhandenen Kinder mit Blindheit und Blödsinn und sollst mich kennen lernen.‹ Da fürchtete Belanu den Herrn, meinen Gott, und tat, wie er ihn geheißen, so daß ich billiger zu der Gerste kam, als irgendein Mann dazu gekommen wäre und besonders mein Oheim. Denn er prüfe sich doch selbst und frage sich, ob ihm neun Sila Öl durchgegangen wären für einen Sekel und fünf Minen Schafwolle für den zweiten, wo man doch auf dem Markte bekommt zwölf Sila Öl und mehr für diesen Betrag und sechs Minen Wolle, von der Berechnung des Kurs nicht noch einmal zu reden. Und hättest du nicht geben müssen für die übrigen anderthalb Sekel drei Lämmer gut und gern oder ein Schwein und ein Lamm? Darum nahm ich mir zwei Lämmer von deiner Herde und zeichnete sie mit meinem Zeichen und sind nun mein. Was aber ist das zwischen dir und mir? Bin ich nicht deines Kindes Bräutigam, und ist durch sie, was mein ist, nicht auch dein? Wenn du willst, daß mein Segen dir fromme und ich dir diene mit Lust und Verschmitztheit, so muß eine Belohnung mir winken und ein Anreiz mich stacheln, sonst ist meine Seele schlaff und lahm, und mein Segen tritt nicht in deine Dienste.«
    »Behalte die Lämmer«, sprach Laban; und so ging es etliche Male zwischen ihnen, bis Laban es vorzog, zu verstummen und Jaakob walten zu lassen. Denn er wollte natürlich nicht, daß dessen Seele schlaff und lahm sei, und mußte ihn hätscheln. Aber froh war er doch, als die Leitung vollendet, der Teich gefüllt, der Garten gepflanzt und das Feld vergrößert war und er Jaakob mit den Schafen hinaus in die Steppe schicken konnte, fort vom Hof, erst näher, dann weiter, so daß er Wochen und Monate lang überhaupt nicht nach Hause kam unter Labans Dach, sondern draußen im Gebreite, in der Nähe einer Zisterne, sich ein eigenes leichtes Dach gegen Sonne und Regen errichtete nebst Hürden aus Lehm und Rohr und einem leichten Turm dabei zu Schutz und Auslug. Da lebte er bei dürftiger Kost mit seinem Hakenstabe und seiner Schleuder, achtete mit Marduka, dem Hunde, der weidend auseinandergezogenen Herde und überließ sich der Zeit, indes er zu Marduka sprach, der sich die Miene gab, ihn zu verstehen, und ihn teilweise auch wirklich verstand, spendete Wasser seinen Tieren und pferchte sie abends ein, litt Hitze und Frost und fand nicht viel Schlaf; denn Wölfe heulten nachts nach den Lämmern, und schlich ein Löwe sich an, so mußte er tun, als sei er zu zwölfen mit Rasseln und Geschrei, um den Räuber von der Hürde zu jagen.
    Von Labans Zunahme
    Wenn er heimtrieb, wohl eine Tagereise weit oder zwei, um Rechenschaft abzulegen dem Herrn über Vollzahl und Zuwachs und vor ihm die Schafe hindurchgehen zu lassen unter seinem Stabe, so sah er Rahel, die ebenfalls wartete in der Zeit, und sie gingen beiseite Hand in Hand, wo niemand sie sah, und besprachen sich innig über ihr Los, wie sie so lange aufeinander zu warten hätten und noch immer nicht Kinder miteinander zeugen dürften, wobei bald dieser von jenem sich trösten ließ, bald jener von diesem. Doch meistens war es Rahel, die getröstet sein mußte, denn die Zeit war ihr länger und kam ihrer Seele härter an, da sie nicht hundertundsechs Jahre alt werden sollte, sondern nur einundvierzig, so daß sieben Jahre mehr als doppelt so viel waren vor ihrem Leben wie vor seinem. Darum quollen ihr die Tränen recht aus der Tiefe der Seele, wenn die Brautleute heimlich beisammenstanden, und reichlich gingen die lieben schwarzen Augen ihr davon über, wenn sie klagte:
    »Ach Jaakob, du Vetter aus der Ferne, der mir versprochen ist, wie tut deiner kleinen Rahel das Herz weh vor Ungeduld! Siehe, die Monde wechseln, und die Zeit vergeht, und das ist gut und traurig zugleich, denn ich gehe schon ins Vierzehnte, und neunzehn muß ich werden, ehe die Pauken und Harfen uns erschallen und wir einziehen ins Bettgemach und ich vor dir bin, wie vor dem Gott die Makellose im obersten Tempel, und du sprichst: ›Gleich der Frucht des Gartens will ich

Weitere Kostenlose Bücher