Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Mietssklaven, die das Eigentum eines städtischen Verleihers waren und denen Jaakob die Arbeit anwies, worauf er den Fleiß ihrer Muskeln, selbst Hand anlegend, als Aufseher und Vorsteher überwachte. Denn es versteht sich, daß seine Stellung im Hause, auch ohne irgendwelche Abmachung darüber, keinen Augenblick mit der dieser geschorenen Mietlinge und Markenträger zu vergleichen war, die den Namen ihres Besitzers mit Dauerfarbe in die rechte Hand geschrieben trugen. Da fehlte viel, daß der siebenjährige Kontrakt, der in einer tönernen Kassette unten bei den Teraphim ruhte, ihn zu ihresgleichen gemacht hätte. Er war des Hauses Neffe und Bräutigam, er war außerdem der Quelle Herr und daher Wasserbaumeister und Obergärtner – sogleich gestand Laban ihm diese Eigenschaften zu, und er wußte, warum er es tat.
Er glaubte auch zu wissen, warum er Jaakob mit dem größten Teile der Einkäufe an Gerätschaften, Baustoffen, Sämereien und Schößlingen betraute, die sich mit den Neuerungen ergaben und in denen das Leihgeld angelegt wurde. Er vertraute des Neffen glücklicher Hand, und mit Recht; denn immer noch fuhr er besser dabei und gewann schönere Ware, als wenn er, der Finstere, Segenlose, selbst eingehandelt hätte, obgleich auch Jaakob dabei zu seinem Vorteil kam und schon damals anfing, die freilich noch dünne Grundlage seines späteren Wohlstandes zu legen. Denn er verstand seine Aufgabe beim Handelsverkehr mit städtischen und entfernt hausenden ländlichen Geschäftspartnern nicht allezeit steif und fest in dem Sinne, daß er nur der bevollmächtigte Angestellte und Mittelsmann Labans gewesen wäre, sondern er versah sie im Geiste des Zwischenhändlers und freien Kaufmanns, und zwar eines so guten, gewandten, umgänglichen und wortgewandt einnehmenden, daß er, ob es sich nun um Erwerbungen durch bare Zahlung oder um häufige Tauschgeschäfte handelte, immer einen geringeren oder größeren Gewinn auf eigene Rechnung beiseite brachte, so daß er tatsächlich schon eine kleine Privatherde an Schafen und Ziegen besaß, ehe er recht angefangen hatte, der Herde Labans zu warten. Gott, der König, hatte in die Harfen gerufen, daß Jaakob reich heimkehren solle in Jizchaks Haus, und das war zugleich eine Verheißung und ein Befehl gewesen, – das letztere insofern, als Verheißungen ohne des Menschen Zutun sich natürlich nicht wohl erfüllen können. Sollte er Gott, den König, Lügen strafen und sein Wort freventlich zu Schanden machen aus eitel Fahrenlassen und maßloser Bedenklichkeit gegen einen Oheim, der alle Härten des Wirtschaftslebens finster billigte, ohne es je recht verstanden zu haben, für sich selber Vorteil daraus zu ziehen? Jaakob war nicht einmal versucht, sich eines solchen Fehlers schuldig zu machen. Man soll nicht denken, daß er Laban belogen und betrogen und heimlich übervorteilt hätte. Dieser wußte im allgemeinen, wie Jaakob es hielt, und drückte im einzelnen, wenn dieses Verhalten klar zutage lag, buchstäblich und mit hängendem Mundwinkel ein Auge zu. Denn der Mann sah, daß er fast immer noch günstiger zu dem Seinen kam, als er auf eigene plumpe Faust dazu gekommen wäre, und Grund, sich vor Jaakob zu fürchten und ihm durch die Finger zu sehen, hatte er auch. Denn dieser war leicht beleidigt und wollte zart angefaßt sein, in Schonung seiner gesegneten Art. Er sprach es ganz offen aus und verwarnte den Laban ein für allemal in dieser Beziehung: »Wenn du mit mir schmälen und rechten willst«, sagte er, »mein Herr, um jeder Kleinigkeit willen, die für mich abfällt beim Handel in deinem Dienst, und willst scheel blicken, wenn einmal nicht du allein allen Vorteil hast von deines Knechtes Gewitztheit, dann verstimmst du mir das Herz in der Brust und den Segen im Leibe und machst, daß mir deine Angelegenheiten nicht gedeihen unter den Händen. Zu dem Manne Belanu, von dem ich das Saatkorn für dich kaufte, das du benötigst zur Vergrößerung deines Ackers, sprach der Herr, mein Gott, im Traum: ›Es ist Jaakob, der Gesegnete, mit dem du handelst und dessen Haupt und Füße ich hüte. Darum so hüte du dich nun und rechne ihm die fünf Kur Getreide, die er von dir kaufen will um fünf Sekel, mit zweihundertfünfzig Sila das Kur und nicht mit zweihundertvierzig oder gar -dreißig, wie du allenfalls dem Laban rechnen könntest, sonst sei bedroht von mir! Jaakob wird dir geben neun Sila Öl statt eines Sekels und fünf Minen Wolle statt eines weiteren, dazu einen guten
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