Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
meine Söhne, die mir Adina strotzend gebracht hat auf ihre älteren Tage.«
»Hm«, sagte Jaakob, »auch das möge hingehen, ich will mich nicht zänkisch dawidersetzen, du kennst meine Sanftmut.«
So trafen sie ihr Abkommen, und Laban wußte nicht, welche Rolle er spielte und daß er vom Wirbel bis zur Zehe der betrogene Teufel war. Der schwerfällig berechnende Mann! Den Jizchaksegen wollte er sich nutzbar halten, dies vor allem, und rechnete, daß dieser stärker war als die natürliche Tüchtigkeit der Gefleckten. Unter Jaakobs Händen, das wußte er, würde die weiße Herde, von welcher, nach Absonderung der bunten und schwarzen, gesprenkelte Lämmer nicht zu erwarten waren, ergiebiger gedeihen als die zweifarbige unter der soliden, doch ungenialen Hut seiner Söhne. Der Erdenkloß! Er nahm zwar klüglich Bedacht auf den Segen, doch tat er’s wieder nicht hinlänglich, um sich das rechte Bild zu machen von Jaakobs Witz und Erfindungsgeist und von dem Plane sich etwas träumen zu lassen, der hinter des Eidams Forderung sowohl wie seinen Zugeständnissen stand: von der tiefsinnigen und im voraus durch gründliche Versuche erhärteten Idee, die allem zum Grunde lag.
Denn man darf nicht glauben, daß Jaakob auf seinen profunden Schlich, wie geschecktes Vieh zu erzielen sei, auch wenn weißes allein mit weißem sich mischte, erst nach geschlossenem Vertrage verfallen wäre, um diesen recht für sich auszubeuten. Der Gedanke war ursprünglich zweckfrei gewesen, ein Spiel des Witzes, erprobt rein um der Wissenschaft willen, und jener Abschluß mit Laban galt eben nur seiner geschäftsklugen Anwendung. Der Einfall ging in die Zeit vor Jaakobs Hochzeit zurück, da er ein wartend Liebender und sein Züchterverstand am wärmsten und hellsten gewesen war, – er war jenem Dauerzustande sympathievoller Eingebung und inniger Intuition entsprungen. Wirklich sind Gefühl und Ahnung nicht genug zu schätzen, mit denen er die Natur zum Eingeständnis eines ihrer wunderlichsten Geheimnisse reizte und sie experimentell darauf festlegte. Er entdeckte das Phänomen des mütterlichen Sich-versehens. Er probte aus, daß der Anblick von Scheckigem sich bei der läufigen Kreatur auf die Frucht warf, die sie bei solchem Anblick empfing, und daß Scheckig-Zweifarbenes danach zutage trat. Seine Neugier war, man muß das betonen, rein ideeller Art, und mit durchaus geistreichem Vergnügen verzeichnete er im Gange seiner Versuchsreihen die zahlreichen Fälle bestätigenden Gelingens. Ein Instinkt bestimmte ihn, seine Einsicht in den Sympathiezauber vor aller Welt und auch vor Laban geheimzuhalten; aber wenn auch der Gedanke, aus dem verborgenen Wissen eine Quelle entscheidend-ausgiebiger Selbstbereicherung zu machen, sich zeitig anschloß, so war er doch sekundär und verdichtete sich erst, als der Zeitpunkt neuen Vertragsschlusses mit dem Schwiegervater heranrückte.
Den Hirten freilich im Schönen Gespräch war die Praktik alles, der Pfiff und Kniff geriebener Übervorteilung. Wie Jaakob den Maßregeln Labans ein Schnippchen geschlagen und ihm systematisch das Seine ausgespannt; wie er Stäbe von Pappeln und Haselsträuchern genommen, weiße Streifen daran geschält und sie in die Tränkrinnen vor die Tiere gelegt habe, die zu trinken kamen, wobei sie sich zu begatten pflegten; wie sie über den Stäben empfangen und dann gesprenkelte Lämmer und Zicklein geworfen hätten, obgleich sie selber einfarben gewesen; und wie Jaakob dies namentlich beim Lauf der Frühlingsherde angestellt habe, während die Spätlinge, weniger werte Ware also, Labans sein mochten: das sangen und sprachen sie einander zu mit Lautenbegleitung und hielten sich die Seiten vor Lachen über die kostbare Prellerei. Denn sie besaßen nicht Jaakobs Frömmigkeit und mythische Bildung und kannten den Ernst nicht, mit dem er dies alles durchgeführt: erstens, um nach Menschenpflicht Gott dem König beim Erfüllen seiner Wohlstandsverheißung behilflich zu sein, und dann, weil Laban, der Teufel, betrogen sein mußte, der ihn betrogen hatte im Dunkeln mit der stattlichen, doch hundsköpfigen Lea; weil es galt, der Vorschrift gerecht zu werden, nach der man die Unterwelt nicht anders verließ als mit den Schätzen beladen, die dort so reichlich neben dem Kote ausgebreitet lagen.
So war es also: Es waren drei Herden, die weideten, – die weiße, die Jaakob hütete, die bunte und schwarze, über die Labans Söhne den Stab führten, und Jaakobs Eigenbesitz an Vieh, ihm
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