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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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hintreten und sich verneigen? Damals war Joseph fünf Jahre alt, und diese fünf Jahre waren es, die Jaakob nach den zwanzig dort noch verlebte, und zwar unter neuem Kontrakt. Er konnte nicht reisen, aber er konnte so tun, als ob er sofort zu reisen gedächte, um einen Druck auszuüben auf Laban, den Erdenkloß, dem nur mit Druck und eherner Ausnützung der Härten des Wirtschaftslebens überhaupt beizukommen war.
    Darum redete Jaakob vor Laban und sprach:
    »Mein Vater und Oheim neige gefälligst etwas sein Ohr meinem Wort.«
    »Bevor du redest«, fiel Laban geschwinde ein, »höre du lieber mich, denn ich habe Vordringliches zu sagen. Es kann nicht weitergehen so wie jetzt, und ist keine gesetzliche Ordnung mehr zwischen den Menschen, das ist auf die Dauer ein Greuel vor mir. Du hast mir gedient um die Weiber sieben und sieben Jahre nach unserm Vertrage, der ruht bei den Teraphim. Seit einigen Jahren aber, ich glaube seit sechsen, sind überaltert Abkommen und Urkunde, und ist kein Recht mehr, sondern nur noch Gewohnheit und Schlendrian, daß keiner mehr weiß, woran er sich halten soll. So ist unser Leben geworden wie ein Haus, das man baut ohne Richtschnur, und ist, offen gesagt, wie das der Tiere. Ich weiß wohl, denn die Götter haben mich sehend geschaffen, daß du auf deine Rechnung gekommen bist, da du mir dientest ohne Bedingungen und ohne verbrieften Lohn; denn du hast auf deine Seite gebracht allerlei Güter und Wirtschaftswerte, die ich nicht zählen will, da sie nun dein sind, und wenn die Kinder Labans, Beor, Alub und Muras, meine Söhne, ein Maul darüber zogen, so verwies ich’s ihnen. Denn es ist eine Leistung ihres Lohnes wert, nur muß man ihn regeln. Darum nun, so wollen wir hingehen und einen neuen Vertrag schließen auf vorläufig aber sieben Jahre, und siehst mich verhandlungsbereit in betreff jeder Bedingung, die du gesonnen bist, mir zu stellen.«
    »Das kann nicht sein«, erwiderte Jaakob kopfschüttelnd, »und leider vergeudet mein Oheim seine kostbaren Worte, was er hätte vermeiden können, wenn er mich gleich gehört hätte. Denn nicht um neuen Vertrages willen rede ich vor Laban, sondern von wegen Urlaubs und der Entlassung halber. Zwanzig Jahre habe ich dir gedient, und wie ich’s tat, davon zu zeugen muß ich dir anheimgeben, denn ich selbst kann’s nicht tun, weil ich schicklicherweise die Worte nicht brauchen darf, die einzig am Platze. Dir aber stünden sie sogar sehr gut zu Gesicht.«
    »Wer leugnet’s?« sprach Laban. »Du hast mir überaus leidlich gedient, davon ist nicht die Rede.«
    »Und bin alt und grau worden in deinen Diensten ohne Not«, fuhr Jaakob fort, »denn der Grund, warum ich aus Jizchaks Hause ging, und verließ meinen Ort: Esau’s Zorn, der ist längst verraucht, und es weiß der Jäger in seinem Kindergemüt überhaupt nichts mehr von den alten Geschichten. Seit Jahr und Tag hätte ich können dahinziehen in mein Land zu jeder Stunde, aber ich tat’s nicht. Und warum tat ich’s nicht? Dafür gibt es wieder nur Worte, die ich nicht brauchen darf, denn sie sind lobend. Nun aber hat Rahel, die Himmelsmagd, in der du schön worden bist, mir den Dumuzi geboren, Joseph, meinen und ihren Sohn. Den will ich nehmen nebst meinen anderen Kindern, Lea’s und der Mägde, und will sammeln, was mir zugewachsen in deinen Diensten, und aufsitzen und reisen, daß ich in mein Land und an meine Stätte komme und endlich denn auch einmal mein eigenes Haus versorge, da ich so lange ausschließlich für dich gewacht.«
    »Das würde ich im wahrsten Sinne des Wortes bedauern«, versetzte Laban, »und was an mir liegt, das soll geschehen, damit es nicht statthabe. Es äußere mein Sohn und Neffe doch frisch und unmittelbar von seiner Leber weg, was er verlangt in Hinsicht auf neue Bedingungen, und ich versichere bei Anu und Ellil, daß ich das Äußerste noch, was er auch nur einigermaßen vernünftigerweise wird fordern können, mir in aller Wohlgeneigtheit werde durch den Sinn gehen lassen.«
    »Ich weiß nicht, was dich vernünftig dünken würde«, sagte Jaakob, »in Anbetracht dessen, was du besaßest, ehe ich zu dir kam, und wie sich’s ausgebreitet hat unter meinen Händen, so daß sogar dein Weib Adina mit einbezogen wurde ins Wachstum und dir mit unerwarteter Rüstigkeit drei Söhne brachte auf deine grauen Tage. Du wärest imstande und ließest dir’s unvernünftig vorkommen, drum schweige ich lieber und ziehe.«
    »Sprich, und du wirst bleiben«, erwiderte

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