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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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zugewachsen im Lauf der Jahre in Handel und Wandel, den seine Unterhirten und Knechte ihm hüteten und zu welchem jeweils geschlagen wurde, was scheckig fiel von seiten der Sprenklichen und der bezauberten Weißen. Und wurde der Mann auf diese Weise dermaßen schwer, daß es ein Gerede und eine Ehrfurcht war durch diese ganze Gegend hin, wieviel Schafe, Mägde und Knechte, Kamele und Esel er nachgerade sein eigen nannte. Er war zuletzt viel reicher als Laban, der Erdenkloß, und als alle Wirtschaftshäupter, die dieser einst zur Hochzeit geladen.
    Der Diebstahl
    Ach, wie sich Jaakob erinnerte, wie tief und deutlich! Jedermann erkannte es, der ihn stehen und feierlich sinnen sah, und dämpfte seine Lebensäußerungen in Ehrfurcht vor so geschichtenvoller Lebensschwere. Denn nun war die Lage des reichen Jaakob überaus heikel geworden, – Gott selbst, El, der Höchste, hatte eingesehen, daß sie vor lauter Segen unhaltbar geworden war, und ihm entsprechende Weisungen gegeben im Gesicht. Nachrichten kamen vor den Gesegneten – allzu glaubwürdige, die die Gesinnung seiner Schwäger, der Labanserben, Beors, Alubs sowie des Muras, gegen ihn, den Erstarkten, betrafen: mürrische – Äußerungen dieser drei, bedrohliche Äußerungen, überliefert von Unterhirten und Knechten, die sie wieder von Leuten der Vettern bei Begegnungen auf dem Hofe erfahren hatten, Äußerungen, deren starker Wahrheitsgehalt sie nicht weniger beunruhigend erscheinen ließ. »Jaakob, dieser Mann, ein entfernter Verwandter«, hatten sie geäußert, »ist dahergekommen vor unserer Zeit als ein Bettler und Unbehauster, der nichts hatte denn seine Haut, und aus Sanftmut hat der Vater ihn beherbergt und eingestellt um der Götter willen, den Lungerer. Und nun siehe an, wie das Ding sich gewendet hat vor unseren Nasen! Hat er sich doch gemästet von unserm Fleisch und Blut und das Gut unseres Vaters an sich gebracht und ist fett und reich worden, daß es zu den Göttern stinkt, denn es ist ein Diebstahl vor ihnen und ein Unterschleif vor den Erben Labans. Es ist Zeit, daß etwas geschehe zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit auf dem oder jenem Wege im Namen der Landesgötter: Anu’s, Ellils und des Marudug, nicht zu vergessen des Bel Charran, denen wir anhangen nach unserer Väter Weise, während leider unsere Schwestern, des Fremden Weiber, es zum Teile auch mit seinem Gott halten und dem Herrn seiner Sippe, der ihn zaubern lehrt, daß ihm die Frühlinge sprenklich fallen und das Gut unseres Vaters sein wird nach einem schmutzigen Vertrage. Aber wir wollen doch sehen, wer sich stärker erweist auf diesem Grunde und in diesen Gebreiten, wenn es ernst wird: die Landesgötter, die hier von alters zu Hause sind, oder sein Gott, der kein Haus hat außer Beth-el, das nur ein Stein ist auf einem Hügel. Denn es könnte geschehen, daß ihm etwas zustieße hierzulande um der Gerechtigkeit willen und daß ein Löwe ihn zerrisse auf dem Felde, was nicht gelogen wäre, denn wir sind Löwen in unserem Zorn. Laban, unser Vater, ist zwar übergetreu und fürchtet den Vertrag, der ruht bei den kleinen Göttern des Hauses. Aber man könnte ihm sagen, ein Löwe sei es gewesen, und er wird es zufrieden sein. Denn es hat der Räuber aus Westland zwar stämmige Söhne, von denen zweie, Schimeon und Levi, brüllen können, daß man erbebt. Aber auch uns haben die Götter Erz in die Arme gegeben zum Schlagen, ob wir gleich Kinder sind eines Ergrauten, und wir könnten zuschlagen unversehens und ohne Ansage, bei der Nacht, wenn er schläft, und sagen, der Löwe sei es gewesen, – der Vater wird’s unschwer glauben.«
    So die Reden der Labanssöhne untereinander, Reden, nicht für Jaakob bestimmt, aber ihm zugetragen von Unterhirten und Knechten gegen Belohnung; und er schüttelte voll sachlicher Mißbilligung den Kopf darüber, in der Erwägung, daß diese Burschen gar nicht das Leben gehabt hätten und keinen Odem in ihren Nasen ohne den Isaakssegen, dem alle Blüte Labans zu danken war, und daß sie sich solcher Ränke hätten schämen sollen gegen ihn, ihren wahren Erzeuger. Außerdem aber war es Besorgnis, was er empfand, und von Stund an trachtete er, in Labans Miene zu lesen, wie es um ihn, den Bas, selber stünde und um seine Gesinnung: ob er wohl aufgelegt sei, zu glauben, ein wildes Tier habe Jaakob zerrissen, wenn die Schwäger es aussagten. Er las in des Mannes Angesicht, als dieser herauskam auf einem Ochsen, die Zucht zu besehen, und fand, er müsse noch

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